Karibik Träume... und zwei Leichen
habe dann noch `mal eine E-Mail geschrieben. Aber keine Reaktion.“
Er nickte. „Ja, so um den Dreh herum hat sie auch bei mir angerufen. Ein-, zwei Mal. Hatte einen neuen Job.“ Er lachte. „Wahrscheinlich sind ihrem Chef die Telefonkosten zu hoch geworden. Seitdem nichts mehr.“ Er sah auf die Uhr. „Na gut, wir reden morgen. Mach´s gut.“
„Jau. Bis morgen. Ciao.“
Er stieg in den Wagen und fuhr, noch einmal kurz winkend, los. Ich sah ihm nach, ging zu meiner Maschine und fuhr nach Hause.
Ich nahm die Post aus dem Briefkasten (ein Brief vom Anwalt der Gegenseite; vermutlich wieder ein süffisanter Hinweis darauf, was ich in Zukunft im Interesse einer „De-eskalation“ unterlassen sollte. Vielleicht auch eine neue Phantasterei im Zusammenhang mit dem Zugewinn.) Ich ließ den Brief ungeöffnet, schloss die Tür auf und warf meine Sachen auf einen Sessel.
Meine Wohnung liegt im ersten Stock eines Sechs-Parteien Hauses auf der Donnerstraße, zwischen Reuenberg und Kraienbruch. Es besteht aus Flur mit Einbauschrank, Badezimmer, kleiner Küche und einem Wohn- Schlafraum mit Terrasse. Von der Terrasse aus sieht man auf das den Bahndamm der S-Bahnstrecke Essen-Bottrop. Davor einige alte Bäume und Garagendächer. Die Dächer sind neuerdings mit Stacheldraht geschützt, nachdem es einige Einbrüche in unserer Gegend gab. Denn um von den Garagendächern auf die unteren Balkone zu kommen, braucht man nur über die Geländer zu klettern.
Die Einrichtung besteht im Wesentlichen aus IKEA Möbeln. Wirkt manchmal auch auf mich etwas billig, aber was soll´s. Meine Ansprüche an luxuriöse oder teure Möbel halten sich in Grenzen. Wahrscheinlich habe ich zu viel Zeit in Hotelzimmern, Camps und kaserniert verbracht. Die alte Wohnung in Oberhausen sah anders aus. Es war natürlich meine Ex, die sich um solche Dinge gekümmert hat. Es sind, behaupte ich, immer die Frauen, die ein Zuhause wohnlich machen.
Ich holte mir aus dem Kühlschrank etwas zu trinken, legte die „Shakira“ CD ein und zog das Fotoalbum aus dem Schrank. Die Trompeten spielten die ersten Takte von „ Siego, sorda, mudo “. Wir hatten es jeden Morgen im Wagen auf dem Weg zur Mine gespielt. War so was wie unsere Hymne. Ich fing an zu blättern.
Kapitel 2
2
Als mein damaliger Chef mir mitteilte, dass ich das Projekt „Gießerei Miranda“ in Venezuela betreuen sollte, habe ich erst mal nachgesehen, wo dises Land überhaupt genau liegt. Gut, also ganz so blöd bin ich nicht. Nordosten von Südamerika wusste ich auch noch. Und die Hauptstadt heißt Caracas. Und im Erdkundeunterricht hatte ich vor Urzeiten gelernt, dass es der OPEC angehört und ein wichtiger Erdöllieferant ist. Und da sagt man immer, die Schulen bereiten nicht auf´s Leben vor. Aber da hörte es auch schon fast auf. Fast! Denn es gibt ja noch die Isla Margarita als Traumziel für Sonnenhungrige. Die Karte im Firmenreisebüro gab nicht sonderlich viel her. Grenzen zu Kolumbien, Brasilien und Guyana, was Braunes, also Gebirge, im Norden und der Rest in Grün gehalten. Das kann viel heißen. Wälder, plattes Land, oder sonst was. Die Projektunterlagen enthielten verschiedene Informationen über das Drumherum der Anlage, und zeigten mehr oder minder nahgelegene Städte wie La Victoria und Maracay , den Verlauf der Autobahn und existierende oder geplante Straßen.
Am Abend kaufte ich mir einen Reiseführer und stöberte im Internet. Ich weiß immer gerne im Voraus, wohin ich fahre und was mich erwartet. In Kurzform: Venezuela ist seit 1811 unabhängig. Volksheld ist Simon Bolivar, el libertador , der Befreier, der die Spanier herauswarf. Es gab diverse Diktatoren, demokratisch gewählte Präsidenten, Umstürze und Putschversuche. Die letzten 1992, unter der Führung des jetzigen Präsidenten, damals noch Oberst, Hugo Chavez. Leider gab es ein paar Pannen. Seine Panzerfahrer aus Maracay mussten in Caracas Touristen nach dem Weg zum Präsidentenpalast und den Radio- und Fernsehstationen fragen. Als sie sie dann endlich gefunden hatten, passten die vorbereiteten Bänder mit den Siegesmeldungen nicht zu den vorhandenen Abspielsystemen. Das Ende vom Lied war, dass die Regierungstreuen die Oberhand behielten und sich die Rebellen zurückzogen. Dann im November desselben Jahres der zweite Versuch. Jetzt hatte el presidente den Kaffee auf und Chavez und Konsorten gingen in den Knast. Nach zwei Jahren kamen sie wieder frei und Chavez war
Weitere Kostenlose Bücher