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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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Verse, Erhabener: ‹Hadrian Karl›, König ich, und du Vater.
Wer immer du bist, der die Verse liest, bittend in frommem Sinn, sprich: ‹O Gott, erbarme dich gnädig der beiden›).
    So grüßt des Königs, Karls, Name auch heute noch jeden Besucher der Apostelkirche – wenn er zu lesen versteht.
    Theodulfs elegische Verse waren gedanklich anspruchsvoller, doch nur mit einigem Glück entrannen sie dem Vergessen. Sie ließen Karl in Liebe und Schmerz den Toten beklagen,
me tuus
, «ich, der deine», ihn preisen auch, seinen Tod den Schmerz um die Eltern, Pippin und Bertrada, wieder wach rufen. Doch sie mahnten einen jeden einzelnen, einen jeden fremden Leser, wer immer er sei, der eigenen Hinfälligkeit, des eigenen Todes eingedenk zu sein. Das schmeckte Karl damals wenig.
    25 Marmortafel mit der Grabschrift, die Karl der Große dem Papst Hadrian I. widmete; die Verse dichtete Alkuin; heute im Atrium von Sankt Peter in Rom
    Sexus uterque, senex, iuvenis, puer, advena, civis
,
    Quisquis es, ‹Hadriano›, dic, ‹sit amoena quies›.
    En est quod fuerat: pulvis de pulvere sumptus
,
    Sed putres cineres tu
[deus]
reparare vales.
    Hos apices quicumque legis, te nosce futurum
    Hoc quid hic est, omnis hoc caro pergit iter.
    («Mann oder Frau, alt oder jung, Kind, Fremder, Bürger, wer immer du bist, sprich: ‹Hadrian sei heitere Ruhe›. 
– Sieh, er ist, was er war, Staub vom Staube genommen, doch den verwesten Staub vermagst [Gott] du zu erneuern.
– Der du diese Zeilen liest, wisse, daß du künftig sein wirst, was er ist; alles Fleisch geht diesen Weg».)
    Das Zeugnis von Karls Liebe zu dem Toten sollte, was niemand ahnen konnte, den Auftakt geben zu einer endlosen Feindschaft zwischen den beiden Dichtern[ 42 ]. Denn beide, Alkuin und Theodulf, überragten damals durch Wissen und Können die Hofgesellschaft; sie konkurrierten um den ersten Rang in der Gunst des Herrschers[ 43 ]. Die Verse repräsentierten damit nicht nur den Königshof als einen Hort der Bildung, vielmehr bezeugten sie die agonale, durch Konkurrenz beherrschte Grundstimmung der Eliten ihrer Zeit, die eben gerade auch die Geistlichen prägte. Karl aber verordnete «allem Christenvolk» ein Gebetsgedenken «für die Seele des gesegneten Vaters Hadrian», das ihn selbst, den König, und sein Königtum mit einschloß[ 44 ].
    Schutz der Kirche und Ausbreitung der Friedensbotschaft waren damit ein Gebot der Stunde. Sie mußten alle Lebensbereiche erfassen und durchdringen, die Königsherrschaft wie die Kirchenordnung, die Bildung wie das Wirtschaften, das Handeln der Mächtigen wie den Schutz der Armen, die gesamte Gesellschaft vor allem aber die Menschen und zuvörderst die Großen am Hof. Karls Grabschrift für Hadrian aber galt nicht nur dem Toten, sondern sollte zugleich das Lob des Lebenden singen, und zwar in Rom, dem Haupt der Welt.

7

Auch ein König hat Sorgen: «Admonitio generalis»
    amals wohl verlangte Karl eine Vereidigung des ganzen Volkes, vom Bischof bis zum Knecht, weil treubrüchige Vasallen Unruhe ins Reich gebracht und das Leben des Königs bedroht hätten; nur Mönche durften sich – die Benedikt-Regel (c. 4,30) verbot ihnen den Eid – mit einem «Versprechen» begnügen. Sogar Unfreie sollten schwören, wenn sie von ihren Herren zu Verwaltungs- oder Waffendienst eingeteilt seien, wer immer «Pferde, Waffen, Schild, Lanze, Lang- oder Kurzschwert» besäße[ 91 ]. Treue also des Friedens wegen.
    In der Tat, Karl sorgte sich um «das Heil ewigen Friedens und ewiger Glückseligkeit». Er lebte dem Ende der Zeiten zu. Geistliche und Laien wurden nun, als die Stürme von Aufständen und Prozeß überstanden waren, zum Frieden aufgerufen. Die «Admonitio generalis», die dazu im Jahr 789 verkündet wurde, forderte Eintracht und Einmütigkeit im ganzen Volk. Sie waren gefährdet gewesen und sollten erneuert werden. «Liebe deinen Nächsten wiedich selbst» (Levit. 19,18), so wurde gepredigt (c. 62) – Liebe gewiß auch gegen die ‹nur› geblendeten Thüringer, den ‹nur› entehrten Vetter des Königs. Ein langes Kapitel (c. 64) gegen den Meineid dürfte tatsächlich auf die ‹Eidbrüche› beider, der Revolutionäre und des Baiern, Bezug genommen haben.
    «Wir bedenken in friedfertiger Einsicht frommen Geistes gemeinsam mit den Priestern und unseren Räten die überfließende Milde Christi, des Königs, gegen uns und unser Volk, bedenken auch, wie notwendig es sei, Ihm nicht nur mit ganzem Herzen und dem Mund fromm zu danken,

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