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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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nicht dieselbe Hautfarbe hatten. Bei ihm schimmerte ein goldener Ton durch, bei mir ein umbrafarbener. Sogar Braun war nicht immer gleich Braun.
    »Ich kann's gar nicht fassen, dass wir jetzt hier so sitzen«, sagte ich. »Die ganze Zeit …«
    »Ja, die ganze Zeit. Dass du meine Signale nicht verstanden hast …«
    »Da waren so viele andere Dinge. Zum Beispiel als du mich besucht hast und dir von den Fotos ausgerechnet das von Gwyn ausgesucht hast.«
    »Aber Dimple«, sagte er und sah mich erst einigermaßen verdutzt und dann ernst an, »natürlich habe ich mir das ausgesucht.«
    »Natürlich?«
    »Das war doch das einzige Foto, auf dem du drauf warst.«
    ★ ★ ★
    Karsh war in fünf Minuten dran und ich ging runter an die Bar. Nicht nur meine Tasche war leichter geworden, auch ums Herz war mir viel leichter. An der Bar traf ich auf Kavita, und obwohl sie eigentlich gar keinen Dienst hatte, schien ihr Rat sehr gefragt zu sein. Sie kniete am anderen Ende der Bar auf einem Hocker und zeigte der neuen Bedienung, wie man alles noch etwas praktischer und zeitsparender anordnen könnte.
    Die Musik fing jetzt an zu knistern wie ein Lagerfeuer. Kavita entdeckte mich und kam zu mir herüber.
    »Wie geht's, Cowgirl?«, sagte sie lächelnd und kletterte auf den Barhocker neben mir. »Also, diese Fotos, die sind absolut einmalig! Sieht so aus, als hättest du 'ne richtige Geschichte zu erzählen, finde ich.«
    »Danke, Kavity. Hast du dich schon mit meinen Eltern unterhalten?«
    Ein rhythmisches Dhol dum-dum pulsierte in der Luft.
    »Unterhalten? Die drei haben sich sofort ganz schön was hinter die Binde gekippt – die hatten überhaupt keine Zeit, sich zu unterhalten!«
    »Oh nein!«, rief ich und musste lachen. Ich hielt ein bisschen nach den dreien Ausschau, konnte sie jedoch nirgendwo entdecken. Ob sie wohl schon ins Restaurant aufgebrochen waren?
    Kavita und ich bestellten einen Drink, und ich erzählte ihr, was in letzter Zeit alles so passiert war.
    Wir prosteten uns zu, und als ich mich umdrehte, war die Musik absolut perfekt, die Tanzfläche zum Bersten voll – und vor allem traute ich meinen Augen kaum.
    »Los, Tante! Weiter, Onkel!«, schrie Kavita.
    Meine Eltern führten einen riesigen tanzenden Pulk an (zu dem augenscheinlich auch die gesamte Mann schaft von Flash! gehörte, die of fensichtlich komplett auf dem Indien-Trip war), und zwar mit denselben Maca rena-Bhangra-Michael-Jackson-Tanzschritten, die sie zu Hause einstudiert hatten. Es war fast wie beim Rattenfänger von Hameln: Je heftiger sie tanzten, umso mehr Leute machten mit, bis sich eine einzige Menschenmasse auf der Tanzfläche gebildet hatte.
    In dem Song, den Karsh gerade spielte, steckte unglaublich viel Energie: Er wurde mit einer derartigen Inbrunst gesungen und gespielt, als sei er das letzte Lied auf Erden. Und da ich wusste, dass Karsh mich mit seiner Musik auf die Tanzfläche locken wollte, gab ich nach - und stürzte mich mitten hinein.
    Und dann tanzte ich!
    Itchy itchy eye – oho! Der ganze Club schien durchzudrehen! Alle Hemmungen schienen verflogen, schmolzen dahin in Schweiß und Musik, und die Leute sprangen auf die Bühne und wieder runter, hinein in die Menge.
    Auch ich kletterte jetzt auf die Bühne, und jemand kam von der anderen Seite auf mich zu, von der Seite, wo sich die Leinwand befand, ich bewegte mich schneller und sie auch, und jetzt hüpften wir beide, und ich wurde langsamer, genauso wie sie, dann sah ich ihre wunderschönen schwarzen Haare und ihre glitzernde Dupatta und ihre Schlaghose und eine Spur Tikka von der Mutter ihrer Mutter zwischen den leuchtenden Augen, und ich stand jetzt direkt vor ihr, dicht genug, um sie zu berühren, und ich stand von Angesicht zu Angesicht mit: mir selbst.
    Ich wandte mich wieder von der Leinwand ab und sprang in das Meer von hochgehaltenen Händen hinein. Als ich landete, da spürte ich zwei Hände, die mich gar nicht mehr losließen. Milchweiße Hände, perfekt manikürt.
    »Darf ich um diesen Tanz bitten, Zwillingsschwester?«
    Ich drehte mich um – und traute meinen Augen kaum. Es war Gwyn! Sie stand in einer Art Zwanzigerjahre-Kleid vor mir und ihre leuchtend blauen Augen kamen durch die zurückgebundenen Haare noch besser zur Geltung als sonst. Lediglich Lippenstift hatte sie aufgelegt, die Mundwinkel zeigten steil nach oben.
    »Gwyn!«, schrie ich. »Du bist ja doch gekommen!«
    »Um nichts in der Welt hätte ich das heute verpasst«, grinste sie. »Wär ja wohl gelacht,

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