Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
sein sollen, das ich nicht begriff.« Byron fuhr sich mit einer Hand durch sein dunkles Haar. »Ich gehe eine Weile fort. Ich muss Kräfte sammeln, um die Jahre zu überstehen.«
Jacques nickte langsam. »Ich werde zu dem Heiler gehen, damit er versuchen kann, meine geistigen Schäden zu heilen. Mir ist aufgefallen, dass Gregoris Beziehung zu Mikhail sehr stark zu sein scheint, obwohl Mikhail eine Gefährtin hat. Wenn das, was du sagst, wahr ist, würde ich mir wünschen, dass wir unsere Freundschaft wiederaufnehmen können, wenn ich gesund bin.«
Der tosende Wind legte sich. Der Regen prasselte unablässig auf die Erde, und die Luft schien schwer und unheilschwanger zu sein. Byron nickte müde und zwang sich zu einem schwachen Lächeln, das seine Augen nicht 323
erwärmte. »Ich wünsche euch beiden das Beste und hoffe, dass ihr viele Kinder bekommt. Versucht mir zuliebe, dass es Mädchen werden.«
»Wann kommst du wieder?«, wollte Jacques wissen.
»Wenn ich kann.« Byrons Gestalt begann zu flimmern und zu verblassen, sodass sie direkt durch ihn hindurchschauen konnten.
Jacques' Körper spannte sich mit einer fließenden Bewegung an, die kaum wahrnehmbar war. Shea trat instinktiv zurück, damit er mehr Platz hatte. Es schien ihr eine gute Idee zu sein, lieber auf Nummer sicher zu gehen. Jacques' Wachsamkeit hatte keinen Moment lang nachgelassen, während Shea am liebsten zu Byron gelaufen wäre, um ihn zu trösten. Sie atmete die Nachtluft ein und war plötzlich sehr bedrückt. Mit dem Wind kam der erstickende Hass, der den ganzen Wald zu erfüllen schien. Forschend sah sie in Jacques' unbewegtes Gesicht. Ihm schien nichts aufzufallen; seine Aufmerksamkeit galt dem Nebel, der sich von ihnen entfernte. Spürte er es nicht? Wenn es nicht Byron war, warum hatte dieser dann nichts gemerkt ? Ihr analytischer Verstand setzte sich sofort mit dieser Frage auseinander. Sie hatte angenommen, dass Jacques diese Gegenwart nicht fühlen konnte, weil er geistig noch mitgenommen war.
»Wir gehen auf einem anderen Weg zurück, Shea. In der Hütte können wir nicht bleiben.« Jacques nahm sie an der Hand und zog sie durch die Bäume. »Wir sind dort nicht mehr sicher.«
Shea empfing den vagen Eindruck eines verzerrten, bösartigen Lächelns, und ein stummes Lachen schien durch ihren Kopf zu hallen. Sie schüttelte den Kopf, um 324
sich von dem Bild zu befreien; sie fürchtete zu halluzinieren. Jacques? Ihre Stimme zitterte vor Unruhe.
Seine Finger schlossen sich fest um ihre. »Es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir finden schon einen passenden Unterschlupf. Ich würde nie zulassen, dass dir etwas passiert.« Er zog ihre Hand mit großer Zärtlichkeit an seinen warmen Mund. »Du spürst den Untoten. Ist es Byron?«
»Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass hier etwas sehr Böses ist. Lass uns von hier weggehen, in eine Großstadt mit hellen Lichtern und vielen Menschen.«
Er zog sie schützend an seine Schulter und passte sich ihrem Schritttempo an. Jacques wusste instinktiv, dass sie in einer Großstadt sehr angreifbar wären. Sie waren Karpatianer, keine Menschen. Er holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen, um sich ein bisschen Zeit zu verschaffen, die richtigen Worte zu finden. »Wenn es ein Vampir auf uns abgesehen hat, bringen wir unschuldige Menschen in Gefahr. Sie haben kaum Mittel, sich gegen die Untoten zu verteidigen.«
»Er beobachtet uns, Jacques. Ich weiß, dass du ihn nicht spüren kannst, doch er ist irgendwo da draußen.«
Jacques glaubte ihr. Wieder sah er die Bilder in ihrem Kopf und hörte das Echo eines hässlichen Lachens. Er fluchte leise. »Hat Byron bestimmt kein Blut von dir genommen, als er dich im Dorf fand?«
»Das hätte ich dir erzählt. Er beugte sich zu mir vor, ich konnte seinen Atem auf meinem Hals spüren, und seine Zähne streiften mich, aber ich bin vor ihm zurückgewichen. Er hat kaum meine Haut geritzt.« Sie legte eine Hand an die Stelle. »Wie auch immer, er hat sich bei dir entschuldigt. Hast du nicht gesehen, wie 325
unglücklich er ist? Mir hat es das Herz gebrochen.«
Er drückte sie kurz an sich und küsste sie auf den Scheitel. »Du bist sehr warmherzig und mitfühlend, mein Liebes, und sehr vertrauensvoll. Ein Vampir kann den Eindruck erwecken, die verkörperte Schönheit und Aufrichtigkeit zu sein.«
Sie rutschte aus, als sie versuchte, mit seinen immer schneller werdenden Schritten mitzuhalten. »Das kann ich mir nicht vorstellen, Jacques. Ich habe
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