Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
hören.«
Jacques verbiss sich ein Lächeln. Shea verstand es, selbst gefährliche Situationen zu einem Spiel zu machen, wo ein Lachen immer in greifbarer Nähe zu sein schien.
Sie schaffte es, seinen Wahnsinn und die schreckliche, unverzeihliche Art, wie er sie bei ihrer ersten Begegnung behandelt hatte, als bedeutungslos abzutun. »Darf ich meinen Arm um dich legen?« Obwohl seine Augen die Umgebung überwachten, lag der Schimmer eines Lachens in ihnen.
»Du redest schon wieder. Ich habe gesagt, du sollst nicht mit mir sprechen.« Shea versuchte, die Nase in die Luft zu recken, kam sich dabei aber so lächerlich vor, dass sie in haltloses Kichern ausbrach.
Er legte einen Arm um ihre schmale Taille und zog sie an seine Schulter. »Tut mir leid. Ich wollte wirklich nicht sprechen. Hier biegen wir ab. Ich werde dich nach oben tragen müssen.«
»Nicht reden! Du setzt immer deinen Kopf durch, wenn du redest.« Sie ging ein paar Schritte mit ihm weiter, bis sie vor einer glatten Felswand, die bis in den Himmel zu ragen schien, abrupt stehen blieb. »Nach oben? Nein, bloß das nicht!« Das Gefühl des Bösen war verblasst. Wer es auch gewesen war, er beobachtete sie nicht mehr, das wusste sie.
»Ich ahne schon die nächste Auseinandersetzung.«
Sein liebevoller Spott mochte sich auf seinem Gesicht nicht zeigen, aber sie spürte ihn in seinem Inneren.
Jacques hob sie einfach hoch und warf sie über seine Schulter.
»Kommt nicht infrage, du Wilder! Du bist schließlich nicht Tarzan. Ich habe Höhenangst. Lass mich runter!«
329
»Mach die Augen zu. Wer ist Tarzan? Kein anderer Mann, will ich hoffen.«
Der Wind strich über ihren Körper, und sie konnte spüren, dass sie sich schnell bewegten, so schnell, dass alles ringsum zu verschwimmen schien. Shea schloss verängstigt die Augen und klammerte sich an Jacques.
Sein Lachen war fröhlich und unbeschwert. Es wärmte ihr das Herz und vertrieb jede Furcht. Für sie war es wie ein Wunder, dass er lachen und froh sein konnte.
Tarzan ist der Mann schlechthin. Erschwingt sich von Baum zu Baum und verschleppt seine Frau in den Dschungel.
Er nimmt mich zum Vorbild.
Sie legte ihre Lippen an seinen Nacken. Er versucht es.
Er hörte Liebe und Zärtlichkeit in ihrer Stimme, und sein Herz machte vor Freude einen Satz. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich, bevor sie einander wirklich kennen und akzeptieren würden, aber die Liebe zwischen ihnen wurde mit jedem Moment, den sie zusammen waren, stärker.
330
Kapitel 11
Der Zugang in die Höhle war so eng, dass Shea den Atem anhalten musste, um sich durchzuzwängen. Der Gang schien kein Ende zu nehmen; raue Felswände schürften ihr die Haut auf, und dazu kam das bedrückende Gefühl, dass tonnenweise Felsgestein über ihrem Kopf lag, ihren ganzen Körper einschloss und nur darauf wartete, sie zu zermalmen. Sie konnte Jacques nicht anschauen, dessen kräftige Statur nun irgendwie dünn und seltsam verzerrt war. Karpatianer hatten Fähigkeiten, über die sie lieber nicht nachdenken wollte.
Wie war sie bloß in diesen Schlamassel geraten?
Sex, das war die Antwort. Ein gut aussehender, leidenschaftlicher Mann mit hungrigen schwarzen Augen - und schon wurde sie schwach wie ein liebeskrankes Kalb. Sex. Wirkte anscheinend auch auf ansonsten durchaus vernünftige Frauen verheerend.
Ich kann deine Gedanken lesen. Seine Stimme klang zärtlich und heiter und schien sie liebevoll zu umfangen.
Ich war total vernünftig und rational, bis ich dir begegnet bin. Schau mich jetzt an! Ich krieche im Inneren eines Berges herum! Plötzlich blieb sie wie festgefroren stehen. Ich kann etwas hören. Sag mir, dass du mich nicht in eine Höhle voller Fledermäuse schleppst! Sag es mir jetzt gleich, Jacques, sonst bin ich sofort wieder draußen.
Ich bringe dich nicht in eine Höhle voller Fledermäuse.
Shea entspannte sich sichtlich. Sie war nicht besonders zimperlich, aber Fledermäuse waren ihrer Meinung nach Geschöpfe, die nur auf der Erde waren, damit man Abstand zu ihnen hielt. Mindestens ein paar Meilen.
Fledermäuse gehörten zu den Phänomenen, die sie am 331
nächtlichen Himmel beobachten und faszinierend finden konnte - solange sie hoch oben in der Luft blieben und ihr nicht in die Nähe kamen.
Sheas Nase krauste sich. Die Geräusche, die sie zu ignorieren versuchte, wurden lauter. Ihr Herz begann, unruhig zu schlagen. Die Seitenwände des Gangs waren so eng, dass sie sich nicht besonders schnell bewegen konnte.
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