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Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens

Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens

Titel: Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Seine Kraft schien groß genug zu sein, um ihr die Knochen zu brechen, aber sie hatte trotzdem nicht 70

    den Eindruck, dass er sie verletzen wollte. Er hatte nur eine klare Linie gezogen, was für ihn akzeptabel war und was nicht.
    »Okay, okay, lass mich überlegen. Kein Tuch.« Nervös befeuchtete sie mit ihrer Zunge ihre Unterlippe und nagte mit den Zähnen daran. Sein dunkler Blick beobachtete sie unablässig, folgte der Bewegung ihrer Zunge, kehrte zu ihren strahlend grünen Augen zurück.
    Er starrte sie an. Sammelte Wissen über sie. »Ich weiß!
    Du kannst meine Brille tragen, bis ich dich im Wagen untergebracht habe.« Behutsam setzte sie die dunklen Gläser auf seine Nase. Ihre Finger strichen leicht über sein Haar. »Tut mir leid, aber was jetzt kommt, wird sehr wehtun.«
    Shea trat vorsichtig einen Schritt zurück. Seine Augen nicht mehr zu sehen, machte es um nichts besser. Noch ein Schritt. Sein Mund verzog sich zu einem stummen Knurren; weiße Zähne blitzten. Sie rannte los, den Bruchteil einer Sekunde, bevor sein Arm blitzschnell vorschoss und seine Fingernägel einen tiefen Schlitz in ihren Arm rissen. Sie schrie auf und fasste sich am Arm, lief aber weiter, bis sie die morsche Treppe erreichte.
    Das Tageslicht traf sie direkt in die Augen, blendete sie und ließ ein Feuerwerk an Schmerzen in ihrem Kopf explodieren. Shea kniff die Augen fest zusammen, stolperte zum Wagen und setzte die Seilwinde in Bewegung. Sie wollte sowieso nicht sehen, wie er herausgezogen wurde. Dass sie es war, die ihn jetzt quälte, machte sie krank. Tränen liefen über ihr Gesicht.
    Shea redete sich ein, dass die untergehende Sonne der Grund dafür war. Ihr Verstand sagte ihr, dass er aus Angst, von ihr verlassen zu werden, nach ihr 71

    ausgeschlagen hatte.
    Das Surren der Kabelwinde hörte abrupt auf. Shea tastete sich um den Wagen herum, öffnete die Heckklappe, ließ die Rampe herunter und holte das Seil wieder ein. Die Winde ließ den Sarg glatt auf die Ladefläche gleiten. Shea brauchte dringend ihre Sonnenbrille zum Fahren, aber sie konnte sich nicht überwinden, sich dem Mann wieder zu nähern, ehe es absolut notwendig war. Mittlerweile würde er solche Schmerzen haben, dass er sie vielleicht umbrachte, bevor es ihr gelang, ihn von ihren guten Absichten zu überzeugen; schließlich musste er annehmen, dass sie ihn ebenfalls foltern wollte.
    Die Fahrt zu ihrer Hütte dauerte länger als erwartet, weil ihre Augen verschwollen waren und so stark tränten, dass sie kaum etwas sehen konnte. Sie fuhr langsam und bemühte sich, den Furchen und Schlaglöchern auf dem Schotterweg nach Möglichkeit auszuweichen, aber es wurde trotz Vierradantrieb eine holprige Fahrt. Shea fluchte leise, als sie ankam und den Track im Rückwärtsgang praktisch auf ihre kleine Veranda fuhr.
    »Stürz dich bitte nicht auf mich und verschling mich bitte nicht bei lebendigem Leib«, murmelte sie leise wie eine Litanei oder ein Gebet vor sich hin. Eine weitere Attacke auf ihre Kehle und sie würde vermutlich nie mehr imstande sein, irgendjeman-dem zu helfen. Sie holte tief Luft, öffnete die Heckklappe und hievte den Transportwagen über die Rampe. Ohne den Mann anzuschauen, bugsierte sie den Sarg auf den Wagen und schob ihn hinein.
    Der Mann gab keinen Laut von sich, kein Stöhnen, kein 72

    Schluchzen, kein Fluchen. Erlitt Höllenqualen, das merkte sie an dem Schweißfilm, der seine Haut bedeckte, an den weißen Furchen um seinen Mund, dem roten Fleck auf seiner Stirn und dem unverhohlenen Schmerz, der sich in seinen Augen spiegelte, als sie es endlich wagte, ihm die Sonnenbrille abzunehmen.
    Shea war erschöpft; ihre Arme taten weh und hingen kraftlos herunter. Sie war gezwungen, sich einen Augenblick auszuruhen, indem sie sich an die Wand lehnte und gegen eine Woge von Schwindel ankämpfte.
    Wieder ruhten die Augen des Mannes auf ihr und starrten sie einfach an. Sie hasste sein Schweigen, weil sie instinktiv wusste, dass diejenigen, die ihn gefoltert hatten, nicht die Genugtuung erlebt hatten, ihn schreien zu hören. Sein Schweigen gab ihr das Gefühl, eine von ihnen zu sein. Der Transport musste ihm furchtbare Schmerzen bereitet haben.
    So schnell wie möglich hievte sie ihn auf die Rolltrage neben ihrem OP-Tisch. »So, ich hole dich jetzt aus dieser Kiste raus.« Sie brauchte es, den Klang ihrer Stimme zu hören, auch wenn der Mann bisher noch kein einziges Mal geantwortet hatte. Seine Augen spiegelten Intelligenz und Wissen. Er vertraute

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