Karparthianer 04 Magie des Verlangens
unschuldig, stellte Savannah misstrauisch fest. Doch einen Augenblick später hatte er bereits das Zimmer durchquert. Die Balkontür flog auf seinen stummen 211
Befehl auf, und schon stand er mit Savannah nackt im kalten, glitzernden Regenguss.
Savannah versuchte, ihm zu entkommen, wand sich und drückte die Hände gegen seine Brust. Doch trotz des eisigen Wasser, das in Sturzbächen über ihren Körper lief, musste sie lachen. »Gregori! Du bist so gemein! Ich kann nicht glauben, dass du mir so etwas antust.«
»Nun, vernünftige Entscheidungen sind nicht meine Stärke«, meinte er grinsend. »Waren das nicht deine Worte?«
»Ich nehme alles zurück!«, stöhnte Savannah, während sie sich an Gregori klammerte und ihr Gesicht an seiner Schulter barg. Die Regentropfen prasselten auf ihre nackten Brüste, deren Spitzen sich beinahe augenblicklich aufrichteten.
»Begleite mich heute Nacht«, flüsterte Gregori an ihrem Hals.
Er führte sie in Versuchung, wollte sie tiefer in seine dunkle, geheimnisvolle Welt hineinziehen.
Savannah hob den Kopf, blickte in seine silbrigen Augen und war verloren. Der Regen überschwemmte und durchweichte sie, doch als Gregori mit ihr hinunter auf den weichen Waldboden schwebte, konnte sie den Blick nicht von seinen Augen wenden. Langsam nickte sie und fügte sich seinem Willen für diese Nacht.
Savannah folgte dem Wunsch, den sie in seinen Gedanken las, und konzentrierte sich darauf, sich die notwendigen Bilder vorzustellen. Dann begann ihr Körper, die Form zu wandeln.
Zunächst fühlte sie sich seltsam verwirrt und spürte, wie ihre Muskeln zuckten, doch gleich darauf veränderte sich ihr Körper blitzschnell, während glänzendes schwarzes Fell auf ihrer Haut wuchs. Nach wenigen Sekunden stand ein zierlicher Wolf mit blauen Augen im Regen und beobachtete einen 212
großen schwarzen Wolf, der sie zärtlich mit der Schnauze anstieß.
Savannah drehte sich um und lief langsam in den dichten Wald hinein. Sie genoss die Freiheit, die ihr der Wolfskörper bot. Gregori lief dicht neben ihr. Der Wind sang in den raschelnden Bäumen, und Savannah hörte alles, spürte alles, als die Nacht nach ihr rief. Sie lief schneller, wie es ihr Körper von ihr forderte, mit langen, federnden Schritten und ausge-strecktem Hals.
Sie fühlte sich wild und nicht mehr menschlich. Frei. Sie rannte schneller und schlug ausgelassene Haken um die Bäume. Gregori hielt mit ihr Schritt und stupste sie hin und wieder sanft in die Seite, wenn er sie in eine andere Richtung lenken wollte. Savannah spürte einen Hasen auf und jagte ihm nach, einfach aus Spaß, bevor sie schließlich einen wenig benutzten Waldweg fand, der ins dichte Unterholz führte.
Sie witterte ihre Artgenossen. Einige Männchen und drei Weibchen. Der große Wolf an ihrer Seite bleckte die Zähne und stupste sie an, um sie von der Fährte abzubringen. Savannah ignorierte ihn und lief weiter, fasziniert von dem Lockruf ihrer Art. Gregori knurrte und stellte sich ihr in den Weg. Als sie stehen blieb, versuchte er, sie zum Haus zurückzu-lenken.
Sie bedachte ihn mit einem Blick, der alles sagte. Er hatte diesen Ausflug vorgeschlagen, und nun erwartete sie von ihm, dass er ihr nicht den Spaß verdarb. Doch Gregori stieß sie fester an. Savannah würde sich noch völlig verausgaben, deshalb wollte er mit ihr zum Haus zurückkehren.
Als sie sich weigerte, schnappte er nach ihrer Flanke, um sie daran zu erinnern, wer hier das Alphatier war. Sie knurrte ihn an, gehorchte jedoch schließlich. Gemeinsam liefen sie durch den Wald zurück.
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Als sie das Haus erreicht hatten, nahmen sie wieder ihre menschliche Gestalt an. Gregori ergriff Savannahs Hand und zog sie ins Haus. Der Regen rann in breiten Rinnsalen an ihrem Körper hinunter und tropfte aus ihrem Haar. Sie warf Gregori einen wütenden Blick zu. »Du musst mich einfach herumkommandieren, egal, in welcher Form, stimmts?«
Gregori wickelte sie in ein Handtuch und trocknete sie ab, bis ihre Haut rosig schimmerte. »Deine Gesundheit und Sicherheit sind mir sehr wichtig, Savannah.« Er zeigte keinerlei Reue.
Savannah schauderte und wickelte sich fester in das Handtuch. Die vielen Veränderungen, die mit ihr vorgingen, machten ihr plötzlich Angst. Sie war erst dreiundzwanzig, nicht einmal ein Vierteljahrhundert alt. Die letzten fünf Jahre hatte sie ausschließlich in der Gesellschaft von Sterblichen verbracht, und jetzt entdeckte sie auf einmal die wilde Seite ihrer Natur.
Gregori
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