Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
Vom Netzwerk:
angebrachtere Spende, um die Kirchweihkasse aufzubessern.
    Die jungen Burschen hatten sich festlich herausgeputzt. Zu ihren schwarzen Hosen trugen sie ein ordentlich gebügeltes, weißes Hemd, und um den Hemdkragen hatte sich jeder ein schmuckes, kräftig rotes Halstuch gebunden. Ein Ziehharmonikaspieler führte den Zug an. Unablässig zog er sein Instrument auseinander, drückte auf verschiedene Knöpfe und Tasten und quetschte es wieder zusammen. Hinter ihm sangen die jungen Burschen ihre Kirchweihlieder zu der Musik:

    k Die Kerwa is kumma, die Kerwa is do,
    die Aldn die brumma, die Junga sen froh.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Mier sen Kameradn, mier sen lauder Brieder,
    verdiena dees Geld und versaufns glei wieder.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Do had aaner gsunga, dees had si ned greimd,
    dem ghered die Zunga am Orsch hinder gleimd.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Und dees Wognrood drehd si, und der Kuhmisd
    hängd dro,
    do gfreid si der Kuhmisd, dass er Wognrood foahrn
    koo.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Mei Vadder is Schreiner und Schreiner bin iech,
    mei Vadder machd Beddn, was nei kummd mach iech.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Und wennsd nu was willsd, dann brauchsdes bloß
    soogn,
    dann kannsd dei Bluud in der Schissl ham droogn.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    k Die Hemhofener Madli ham weißa Schdrimbf oh,
    die dennas ned runder, die brunzns gleich oh.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    Die Auswahl der Kirchweihsprüche war buchfüllend. Fiel eine Geldspende besonders hoch aus, bedankten sich die jungen Burschen mit einer ganz speziellen Strophe:

    k Und da hammer was grichd und do dang mer rechd schee,
    do kemmer des näxde Joahr widder her geh.
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    Selbst wenn die Haustür geschlossen blieb, weil niemand zuhause war, hatten die jungen Sänger eine Lösung parat:

    k Heid is Kerwa Sunndoch, schbiel mer unsre Kiegli zamm,
    Kreiz nei alle Muggn, scho widder kaans daham!
    Hollariehrei di jo! Hollariehrei di jo!

    Dann schlug es vom Kirchenturm zwölf Uhr. Zeit sich im Kerwazelt zu stärken und sich auf das nachmittägliche »Geger rausschloogn« und »Bedzn rausdanzen« vorzubereiten.

    *

    Alois Holzheimer und Gustav Haeberle saßen um die Mittagszeit ebenfalls im Festzelt und stärkten sich. Der Juniorchef der Eberle Investment GmbH hatte sein Versprechen wahrgemacht, gemeinsam mit dem Holzi die Röttenbacher Kirchweih zu feiern. Nachdem Gustav Haeberle auf der Speisekarte weder bei der »Ei’laufsupp«, noch bei den »Maultascha« und »Dampfnudla«, geschweige denn bei der »Metzelsupp« fündig geworden war, gelang es ihm schließlich den letzten »Schbiesbrate« zu ergattern. Holzi, der Kämmerer, hatte ein riesiges Schäuferla vor sich stehen, welches von zwei rohen Klößen und einer Portion Sauerkraut flankiert wurde.
    »Mier hängd der Moogn raus, vor lauder Hunger!« Jeder hatte eine frisch gefüllte Maß Festbier vor sich stehen.
    »Prosd Gusdav, schee dassd kumma bisd, zu unserer Kerwa!«
    »Proscht Holzi!« Alois Holzheimer säbelte ein Stück der knusprigen Schweineschwarte von seinem Schäuferla und steckte es sich genüsslich in den Mund. »Schmegdsder?«, vergewisserte er sich bei seinem Gast. Der verdrehte zustimmend die Augen und schob sich ein Stück Kloß in den Reptilienmund.
    »Schbäder, wemmer gnuuch drungn ham und zielsicherer worn sen, genga mier zum ›Geger rausschlogn‹ und schaua beim ›Bedzn rausdanzn‹ zu«, verkündete der Franke. »Abber do hammer nu Zeid. Vorher dringn mier zwaa nu die aane, odder andre Mooß. Nachm Essn gönn mer uns erschd amol a Schnäbsla. Bevors uns kodziebl werd. Dees Essn is immer su feddi und lichd su schwer im Moogn! Maansd ned aa?«
    Der Gustav hatte kein Wort verstanden. Aber das war nicht so wichtig. Er würde alles mitmachen. Zunächst wollte er seinen Spießbraten mit reichlich Soße genießen. »Soichnass«, wie er ihn liebte.
    Als sie ihren Verdauungsschnaps, einen Schlehengeist aus der Fränkischen Schweiz hinuntergestürzt hatten, meinte der Holzi: »Auf ann Baa schdehd mer ned! Herr Ober, bringas uns nu zwaa Schdamberli mid Himbeergeisd! Zwaa Dobblde!«
    Der feuchtfröhliche Nachmittag rann dahin. Nach der zweiten Maß Bier stand Gustav Haeberle auf der Bühne und dirigierte.
    Unten im Publikum saß Gerda Wahl aus dem Kirchenchor von St. Mauritius und unterhielt sich mit ihrer besten Freundin, Olga

Weitere Kostenlose Bücher