Karpfen, Glees und Gift im Bauch
saß Kunni mit dicken Backen gegenüber und kaute.
»Und wenn der Hubsi nix derzähld?«, brachte sie würgend hervor.
»Dann missmer hald was machen, dasser wos derzähld!«
»Und wie machmer dees?«, hakte die Retta zweifelnd nach. Dann setzte sie, ohne eine Antwort abzuwarten, hinzu: »Odder wärs vielleichd ned sugor besser, mier dädn die Finger vo dem Fall lassen? Mier ham doch bragdisch nix in der Hend!«
»Mier ham nix in der Hend?« Die Kunni plusterte sich auf, wie ein Pfau während der Balz.
»Mier hamm des Bluud, des mer beim Subermargd gfunna ham, damid die DNA vom Däder, die DNA vom Obfer. Mier ham die Fodos vo die Reifnschburn, die iech am Braadweiher fodografierd hab, die Bedeibungsbilln, die iech aa am Braadweiher gfundn hab. Die weri aa nu undersuchn lassn – vielleichd is do aa a DNA dro. Mier ham den Verdachd, dass im neia Subermargd Gifdbriehgschäfdli ablaafn. Ohkäh, dees wiss mer nu ned, wermer abber aa nu rausfindn. Durch Zufall hamm mier dazu gholfn, dass die Dschechn gschnabbd worn sen! Mier greisn den Däder immer mehra ei, und du sagsd, mier hamm nix!? Mier machn weider und blaana edz Folgendes: Der Hubsi Sapper is jedn Freidooch im Ring-Café zum Schafkubfn. Wie’s der Deifl will, kumma mier aa dord vorbei. Wenner midn Schafkubfn ferdi is, verwiggln mier den Hubsi in a Gschbräch und gebna an Schnabs nachn annern aus. Dees loggerd sei Zunga. Dann horch mern aus.«
»Und wenner ned alla dringn will? Du wassd doch, dass der immer an zum Schnäbsln brauchd?«, bezweifelte die Retta.
»No zu wos habbin dann diech dabei? Dees werder aa ned schoodn, wennsd amol a klaans Räuschla hasd. Vielleichd hasd dann anschließnd an Glusderer auf dein Undermieder? Wichdi is bloß, dass mier den Hubsi zum Redn bringa. Deswegn muss iech nichdern bleibn. Iech mussn ja ausfrogn. Wie‘s der Leitmayr hald aa immer machd. Verschdehsd mi?«
Im Wald
Hubertus Sapper, alias Hubsi, hatte seine Überlegungen abgeschlossen. Für heute hatte er mit Toni Wellein einen Waldspaziergang vereinbart. Genauer gesagt, wollten die beiden Pilze suchen. Wie kaum ein anderer, kannte Hubsi die Stellen, an denen die schönsten Steinpilze wuchsen. Seit mehr als dreißig Jahren suchte er in den einheimischen Wäldern nach Pilzen. Er kannte jeden Standort. Natürlich führte er etwas im Schilde und hatte sich auf sein Gespräch mit Toni Wellein gut vorbereitet. Glaubte er. So ein Spaziergang hatte mehrere Vorteile, hatte er sich ausgedacht: Erstens war man alleine, konnte offen reden und es gab keine Zeugen. Zweitens, der herbstliche Wald duftete aromatisch, man bewegte sich und war an der frischen Luft. Drittens gab es den nützlichen Nebeneffekt, für ein leckeres Mittagsmahl zu sorgen. Er hatte mal wieder einen richtigen Heißhunger auf Serviettenknödel mit einer frisch zubereiteten Pilzrahmsoße.
Für sieben Uhr hatten sie sich am Ende der Lederhosenstraße am Waldeingang verabredet. Hubertus Sapper traute seinen Augen nicht, als Toni Wellein mit seiner Lin Sang angedackelt kam. Konnte die nicht mal für ein paar Stunden alleine zuhause bleiben? Putzen, Kochen, Staubsaugen! Hatte die nichts zu tun? Die beiden sahen aus, wie frisch aus dem ehemaligen Quelle-Katalog gezogen. Sie mit pinkfarbenen Ohrenschützern, einem giftgrünen Rolli und darüber ein gelbes Etwas von Jack Wolfskin, er mit einer bunten Jacke von The North Face und einer hellblauen Allwetterhose von Adidas. Auf seinem Kopf thronte eine Baseballmütze mit dem Schriftzug »Immer Frisch«. Die Füße der beiden steckten in kanariengelben Gummistiefeln.»Iech hab die Lin Sang midbrachd«, meinte der Toni gutgelaunt, »dahamm hadsera allaans aa ned gfalln. Außerdem hads gsachd, dass die Bilsn aa amol gern kennalerna däd, die do bei uns wachsn. Ich hoff, dees machd dier edz nix aus.« »Mier doch ned«, log Hubertus Sapper, dass sich die Balken bogen, »wenns iehr Schbass machd.« »Ni hao, Ubsi«, grüßte Lin Sang. »Servus, Lin Sang«, grüßte der Röttenbacher zurück. »Also, woll mer amol nei in den Wald!«, trieb er zum Aufbruch. Innerlich ärgerte er sich, dass die Chinesin auch dabei war. Aber was soll‘s, deswegen konnte er dem Toni sein Anliegen auch vortragen. Lin Sang verstand ja nichts. Zu dritt stiefelten sie in den Hochwald. Die beiden Männer vorneweg, Lin Sang hinterher.
Nach fünfzehn Minuten durchliefen sie gebückt eine mit Heidekraut bewachsene Fichtenschonung, in welcher vereinzelte Birken standen. In Hubsis Korb befanden sich
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