Karwoche
gewesen.
»Wenn wir irgendwas hätten, womit wir die Namen abgleichen könnten. Aber im Augenblick wissen wir nicht, wonach wir eigentlich suchen.« Mike blätterte gedankenverloren in dem Stapel Papier. Fast die gesamte SoKo mit dreißig Beamten war um Mike versammelt.
»Was ist mit dem Video der Spedition? Ist das schon ausgewertet?«, fragte Wallner.
»Was genau meinst du?« Janette fühlte sich angesprochen.
»Das Auto am oberen Bildrand. Sind wir da irgendwie weitergekommen?«
»Ist noch beim LKA . Wenn wir Glück haben, kriegen die den Wagentyp und vielleicht die Farbe raus. Das werden natürlich Tausende sein.«
»Okay. Aber man kann es ja zunächst auf den Landkreis oder Oberbayern beschränken. Wenn wir da einen Namen auf beiden Listen hätten, wäre das ein konkreter Anhaltspunkt.«
»Gute Idee für jemanden, der eigentlich im Urlaub ist«, sagte Mike.
»Tut mir leid. Ich halt jetzt auch meine Klappe.«
Kreuthner drängte sich zu Mike nach vorn. »Könnt ich da mal einen Blick drauf werfen?« Er deutete auf die Liste mit den Facebook-Freunden.
»Was machst denn du da? Hast du keinen Dienst?«
»Des is ja wohl Dienst.«
»Dein Dienst ist da draußen. Da solltest du jetzt mit dem Streifenwagen rumfahren und den Landkreis sicherer machen.«
»Darum geht’s ja. Ich bin nämlich – im Gegensatz zu euch – draußen unterwegs. Und deswegen krieg ich auch mehr mit. Wenn ich demnächst wen kontrolliere, wär’s ja net ung’schickt, wenn ich wüsst, ob der auf der Liste steht.«
Mike nahm den Packen Papier und hielt ihn Kreuthner unter die Nase. »Du willst jetzt also mal schnell tausend Namen auswendig lernen, oder was hast du vor?«
»Herrschaftszeiten, ich will doch nur mal draufschauen.«
Mike wandte sich genervt an Janette. »Sei so gut: Druck ihm a Liste aus und schmeiß ’n raus.«
»Da …«, sagte Kreuthner und deutete auf die Liste in Mikes Hand. »Da hamma’s doch schon.«
Mike sah Kreuthner mit einer Mischung aus Unglauben und Erwartung an.
»Gib amal her.« Kreuthner bemächtigte sich der Liste, vergewisserte sich, dass er sich nicht verlesen hatte, und verkündete mit großer Geste: »Eindeutig. Sofia Popescu! Kenn ich doch.«
Mike riss Kreuthner den Papierstapel aus der Hand und warf einen Blick darauf. »Du kennst jemanden aus Rumänien?«
»Ich hab die kontrolliert. Ist erst a paar Tage her.«
»Die wohnt aber in Bukarest.«
»Deswegen kann ich sie ja trotzdem hier kontrollieren. Da kommen viele mit dem Auto. Die ham da unten diese – wie heißen die …?«
»Dacia«, assistierte einer der Anwesenden.
»Dacia! Die schauen zwar net so aus, aber mit dene kannst von Bukarest bis hierher fahren. Die san auch gar net so schlecht. Ist im Prinzip a Renault. A Freund von mir hat einen. Einwandfrei.«
»Warum hast du die Frau kontrolliert?«
»Ja entschuldige – rumänisches Kennzeichen. Die ziang ma immer raus.«
»Hat die Kontrolle was ergeben?«
»Nein. War sauber. Und mir ham a Dreiviertelstund aber auch alles kontrolliert. Sitze raus, Radkappen runter. Was du willst.« Kreuthner deutete noch einmal auf die Liste. »Popescu! Lustig, oder? Hab ich mir g’merkt.«
»Das heißt aber, die Frau ist hier«, sagte Janette. »Ich frag mal in Bukarest an, wo sie zu erreichen ist. Kann irgendjemand hier Rumänisch?«
Es fand sich schnell jemand, der rumänisch konnte. Eine Sekretärin am Landratsamt, die mit dreizehn Jahren aus Siebenbürgen nach Deutschland gekommen war. Es stellte sich heraus, dass Sofia Popescu von der rumänischen Polizei gesucht wurde. Die junge Frau war vor knapp einer Woche mit ihrem Auto in Richtung Deutschland aufgebrochen. Das letzte Telefonat hatte sie mit ihrem Bruder von Österreich aus geführt. Seitdem hatte sie sich nicht mehr gemeldet. Ihr Handy war ausgeschaltet. Vor zwei Tagen hatte ihre Familie sie als vermisst gemeldet. Die Meldung hätte längst an die deutsche Polizei weitergeleitet werden sollen; warum das unterblieben war, war nicht mehr zu ergründen.
Mike veranlasste, dass Sofia Popescus Kennzeichen an alle Streifenbeamten in Oberbayern verteilt wurde. Zwar hatte man keinen konkreten Hinweis darauf, dass die vermisste Frau mit dem Mord an Hanna Lohwerk zu tun hatte. Es war dennoch unwahrscheinlich, dass es sich hier um ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen handelte. Hanna Lohwerk hatte vor zwei Wochen erstmals mit Sofia Popescu per E-Mail kommuniziert und bis zu ihrem Tod noch mehrere weitere Male. Popescu war
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