Karwoche
Jennifer sah scheu zu Katharina, die lächelte. Jennifer lächelte zurück und blickte zu Boden. Sie war definitiv ungebildet, aber nicht dumm. Dass sie hier nicht wirklich willkommen war, spürte sie. Katharina tat es leid, dass die Kleine ein unerfreuliches Weihnachten durchlitt. Aber ihre Beziehung zu Henry würde nicht von Dauer sein und die Harmonie in der Familie nicht gefährden. Wenn sie so schlau war, wie Katharina vermutete, würde sie in drei Tagen begriffen haben, dass sie in Henrys Welt ein Fremdkörper war, und sich jemanden suchen, der besser zu ihr passte.
Jennifers Auftauchen hatte verhindert, dass Leni den Grund ihrer Angst offenbarte. In gewisser Weise war Katharina erleichtert. Aber es war klar, dass diese Offenbarung noch bevorstand.
»Sag mal«, Leni nahm unvermittelt die Hand ihrer Mutter. »Weißt du eigentlich, wo mein altes Plüschlamm ist?«
[home]
Karfreitag
Kapitel 16
D er Karfreitag fing für Kreuthner schlecht an. Nicht nur, dass er am Feiertag Dienst hatte. Mike, der wegen der Mordermittlungen ebenfalls im Dienst war, hatte ihn zu sich ins Büro gebeten. Der Anlass war unerfreulich. Es ging um die Vorfälle vom Vortag. Mike sprach Kreuthner zunächst seine Anerkennung aus und bekräftigte im Namen aller, dass Kreuthner eine hervorragende Nase für Mordopfer besaß. In gewissen Polizeikreisen kursiere sogar schon der Spitzname »Leichen-Leo«. Kreuthner empfand das als durchaus schmeichelhaft.
»Soweit der angenehme Teil unserer Unterhaltung. Leider können wir die G’schicht, wie es zu dem Leichenfund gekommen ist, net ganz untern Tisch fallen lassen.«
»Dass ich in Zivil a Straßenkontrolle durchgeführt hab?«
»Dass du auf öffentlichen Straßen Autorennen fährst. Mit hundertfuchzig. Du bist echt komplett wahnsinnig.«
»Ich hab den Mann stoppen müssen. Ging doch net anders. Der hat a Leiche im Laderaum gehabt. Was hätte ich denn tun sollen?«
»Ihr habts a Wette abgeschlossen.«
»Das behauptet
er
. Einer, wo unter Mordverdacht steht! Das kann doch net sein, dass ihr dem glaubt.«
»Es ist die einzige Erklärung für den Schmarrn, die mir sofort einleuchtet.«
»Glaubst du wirklich, ich tät mich auf so einen lebensgefährlichen Blödsinn einlassen?«
»Ich möchte wetten, dass du das vorgeschlagen hast.«
Kreuthner verwandelte sich in eine einzige große Gebärde der Fassungslosigkeit.
»Es ist im Übrigen völlig wurscht, was ich glaube. Das werden die in Rosenheim oder München untersuchen. Ich wollte dir nur sagen, dass ich die Sache weitergeben muss. Nicht, dass du aus allen Wolken fällst.«
»Mike – muss das sein? Die ham’s doch seit der Lumpenball-G’schicht eh auf mich abgesehen.«
»Das war ja nur noch blöd. Da musst dich net wundern.«
»Wieso? Das hat schon länger mal gemacht gehört, dass mir an Faschingsball kontrollieren. Immerhin ham mir zehn Gramm Koks gefunden.«
»Komischerweise genau bei dem Wirt, der keine Freikarten für die Polizei rausrücken wollte.«
»Das zeigt ja schon mal, dass der Mann zu Recht und Gesetz a gespanntes Verhältnis hat.«
»Außerdem wart ihr voll wie die Haubitzen.«
»Entschuldige, das war um dreiundzwanzig Uhr. Da kannst ja schlecht verlangen, dass mir nüchtern san. Am Rosenmontag!«
»Gut. Das müssen wir jetzt nicht diskutieren. Ich hoffe, du kommst da einigermaßen ungeschoren raus. Aber weiterleiten muss ich es.«
»Herr im Himmel! Da steht Aussage gegen Aussage. Was soll denn da rauskommen?«
»Gibt ja noch Zeugen.«
»Was denn für Zeugen?«
»Den Kollegen Wallner und seine Freundin.«
Wallner hatte das Kennzeichen eingegeben, und auf dem Bildschirm erschien der Name der Halterin: Jana Kienlechner, geboren 1979 in Rosenheim, wohnhaft in Irschenberg. Er war heute Morgen mit Vera übereingekommen, über die Feiertage hierzubleiben. Am Gardasee hatten sie schweren Regen angesagt, während es in Oberbayern ein nachgerade sommerlich schönes Osterwochenende werden sollte. Vera wollte heute noch einmal nach ihrer Ex-Schwiegermutter sehen. Wallner konnte sich daher im Büro herumtreiben, schauen, was die SoKo so trieb, und nachforschen, was sein Großvater bei der Tafel zu schaffen hatte.
»Servus, wie geht’s?«
Wallner drehte sich zur Tür, in der Kreuthner lässig lehnte. »Gut. Selber?«
»Super. Machst jetzt doch keinen Urlaub?«
»Doch doch. Ich hab nur privat was nachgeschaut.«
»Ah ja. Und? Alles klar?«
»Äh, ja … « Wallner war leicht irritiert. »Kann ich dir
Weitere Kostenlose Bücher