Kaspar - Die Reise nach Feuerland (German Edition)

vorsichtig!«, ermahnte Juana, als sie auf das Haus zugingen.
    »Ich glaube kaum, das sie noch lebt«, vermutete Tofie.
    »Trotzdem, man weiß ja nie«, wandte Juana ein.
    »Ob die Echse ein Zeichen gewesen ist?«, fragte Sebastian an Tofie gewandt.
    »Vielleicht«, sagte er. »Vielleicht aber auch nicht.«
    Sie betraten die Hütte. Weiße Wände stachen ihnen ins Auge. Sogar die Einrichtung war weiß gehalten. Auf dem weißen Kaminsims standen schneeweiße Blumen in vier Glasvasen, nebeneinander. In der linken Ecke saß, unter einem schwarzen Umhang, eine zusammengekrümmte Gestalt. In ihrer geöffneten Hand, lag ein kleiner Tierschädel.
    »Ist ja eklig.« Lars rümpfte die Nase, als er auf die halbverweste Hand blickte.
    Sebastian trat an die Seite der Hexe und bückte sich langsam. Zögernd nahm er den Tierschädel an sich. Er fühlte Mitleid, denn er musste an Balthasars Worte denken, dass die Hexe hier einen schrecklichen Tod gefunden hatte. Wie der genau ausgesehen hatte, das hatte Balthasar ihm nicht verraten, aber nach dem Gesichtsausdruck der Hexe, vermutete Sebastian, dass etwas sehr Schlimmes mit ihr passiert sein musste.
    »Hier, Tofie, du weißt sicherlich, was mit dem Schädel zu tun ist«, sagte Sebastian, und Tofie nahm ihn kopfnickend entgegen.
    »Du bist mutig, Sebastian«, lobte Tofie. »In der Tat – ein mutiger, kleiner Mann.«
    Juana trat an den Kamin und berührte die schneeweißen Blumen.
    »Sie blühen eine Ewigkeit – brauchen kein Wasser, kein Licht«, erklärte Tofie.
    Lars blickte aus dem runden Fenster.
    »Da draußen geschieht etwas – der Himmel«, rief er panisch, »er verdunkelt sich.«
    Sebastian, Shan und Tofie eilten hinaus.
    »Kommt!«, sagte Juana zu Niko und Lars und folgte den anderen nach draußen.
    Niko rannte hinterher.
    Lars zögerte und trat vorsichtig aus dem Haus.
    Sie drängten sich um Sebastian herum und blickten zum Himmel. Wie aus dem Nichts erschien eine graue Wolkendecke, die sich vor die Sonne schob. In der Wolkendecke zeichnete sich ein Gesicht ab, aus dem sich ein rot leuchtendes Augenpaar herausschälte.
    »Drawen«, hauchte Tofie, und Sebastian glaubte, Angst in Tofies Stimme zu hören.
    Ein Gebilde von schwarzen, strähnigen Haaren schien aus dem Himmel zu ihnen herabzufallen.
    »Hab ich dich endlich, Sebastian Kaspar Addams.« Ein hämisches Grinsen umspielte die Lippen des schwarzmagischen Zauberers.
    »Noch hast du mich nicht, Drawen«, rief Sebastian ihm entgegen.
    »Greift an!«, befahl der Zauberer den Hexen.
    Eine unheimliche Stille herrschte – eine Stille, die Sebastian Angst einjagte – eine Stille, die ihn zu erdrücken schien.
    Die Hexen kamen auf ihren Zwergdrachen angeflogen, richteten ihre Fingerspitzen auf den blauen Schutzwall und schossen rote Feuerstrahlen auf ihn. Der Schutzwall wehrte sie ab, und die Feuerstrahlen liefen wie ein Feuerregen außen an ihm herunter.
    »Schnell, Tofie, setz den Schädel in die Nische«, sagte Sebastian, als er einen gewaltigen Blitz aus dem Augenwinkel wahrnahm, der über ihm in den Schutzwall einschlug.
    Sebastian hob den Kopf und sah, wie ein zweiter Blitz aus Drawens Augen kam. Wieder schlug er im Schutzwall ein und ein gewaltiger Donner folgte.
    »Was machen wir bloß?«, jammerte Lars.
    »Nerv uns jetzt nicht, Lars«, bekam er von Niko an den Kopf geschmissen.
    Unerbittlich schossen Feuerstrahlen auf den Schutzwall nieder, und es schlugen gewaltige Blitze in ihn ein. Kleine Stücke bröckelten vom Schutzwall ab und fielen als Lichtregen auf Sebastian und seine Freunde nieder.
    »Der Schutzwall wird dem Angriff nicht lange standhalten können.« Tofies Stimme überschlug sich vor Aufregung.
    Ein roter Strahl durchschlug den Schutzwall, jagte nur Zentimeter an Sebastian vorbei und riss ein großes Loch in eine Hauswand hinter ihnen: Juana stand dicht neben Sebastian.
    »Schnell, Tofie, dein Zauberpulver«, sagte Sebastian und hielt den Spiegel in der Hand. »Balthasar hat zu mir gesagt, dass der Spiegel mit einer Prise von deinem Zauberpulver in eine wirksame Waffe gegen die Hexen verwandelt werden kann.«
    »Und wie soll das gehen?«, fragte Tofie, während der Schutzwall über ihnen immer größere Lücken bekam.
    »Ich wollte ihn gerade danach fragen, als mich eine unheimliche Kraft von ihm weggerissen hat«, antwortete Sebastian. »Hast du keine Idee, Tofie?«
    Ein roter Strahl schlug neben Niko in den Boden ein.
    »Scheiße!«, brüllte Niko. »Mensch, Tofie, beeil dich! Lass dir etwas