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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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hatte. Joyce Parry, hinter ihrer dick umrandeten Brille verschanzt, hielt seinen Bericht vor sich. Nachdem sie nur flüchtig einen Blick darauf geworfen hatte, legte sie ihn wieder hin und nahm ihre Brille ab. Sie war an einem Band befestigt und baumelte vor ihrer Brust. Ab und zu streifte sie die kurze dreireihige Perlenkette, die ihren Hals zierte. Ihr Hals, dachte Barclay, schien der älteste Teil von ihr zu sein. Er war faltig und schlaff. Ihre gut geformten Beine, ihr hübsches Gesicht und ihr gepflegtes Haar ließen einen vielleicht annehmen, dass sie Anfang vierzig war, doch ihr Hals strafte diese Vermutung Lügen. Ende vierzig, verriet dieser Barclay.
    »Nehmen Sie Platz!«, befahl Joyce Parry.
    Barclay war immer davon ausgegangen, dass Frauen ihn attraktiv fanden. Frauen und Männer, um genau zu sein. Er hatte sein gutes Aussehen und seine Fähigkeit, seinem Gegenüber fest und unerschrocken in die Augen zu sehen, sowohl privat als auch im Beruf wirkungsvoll eingesetzt. Er glaubte, immer gut mit Joyce Parry zurechtgekommen zu sein, indem er sich in ihrem Büro und bei Besprechungen stets von seiner charmantesten Seite gezeigt hatte. Jemand hatte ihm sogar einen anonymen Valentinsgruß mit den Worten »An eine kriechende, schleimige, die Chefin liebende Kröte« zukommen lassen. Die Karte pinnte er über seinen Schreibtisch. Wer sie verfasst hatte, war immer noch ein Geheimnis.
    Barclay störte das nicht. Neid am Arbeitsplatz tangierte ihn nicht. Es war ihm egal, dass andere dachten, er verstünde sich zu gut mit seiner Chefin. Er hatte immer das Gefühl gehabt, dass zwischen ihm und Mrs. Parry etwas Besonderes war. Fast hätte er es als »besonderes Verhältnis« bezeichnet.
    Und jetzt dies.
    »Ich wünschte wirklich, Sie hätten mir das früher gezeigt, Michael.« Sie sprach seinen Vornamen leise aus, ließ den Satz verhallen, um zu zeigen, wie enttäuscht sie von ihm war. Seine Beine fühlten sich auf einmal viel zu lang und klobig an. Er legte die Hände auf die Knie, um sie zu verbergen.
    »Das wollte ich ja, aber Sie waren...«
    »Dann hätten Sie es später noch einmal versuchen sollen. Gibt es was Neues von Commander Trilling?«
    »Nur dass er zwei Männer auf die Sache angesetzt hat. Einer ist unterwegs nach Frankreich, der andere auf dem Weg nach Folkestone.«
    »Ein bisschen zu früh für die Special Branch«, stellte sie fest. »Sie hätten erst selbst ein wenig graben sollen und mit mir sprechen sollen.« Die Enden ihrer Sätze glichen jetzt gegen ihn gerichteten Dolchstößen. »Sie haben überstürzt gehandelt!« Sie nickte bedächtig, ließ ihre Worte wirken, dann rollte sie mit ihrem Stuhl zur Ecke ihres Schreibtischs, wo dieser in L-Form mit einem anderen verbunden war. Auf ihrem Hauptschreibtisch lagen nur Papiere, wohingegen auf dem Seitentisch ein Computer stand, dessen Bildschirm so gedreht war, dass man von Barclays Platz aus nichts auf ihm erkennen konnte. Auf diesem großen Seitenschreibtisch befanden sich ferner ein Drucker und ein Modem, während auf der anderen Seite des Büros ein Faxgerät und ein Reißwolf standen. Auf dem Hauptschreibtisch gab es drei Telefone. Eins davon klingelte in dem Moment, in dem sie sich dem Computer zuwandte. Sie rollte mit ihrem Stuhl zurück und drückte auf eine der Tasten, anstatt den Hörer abzunehmen.
    »Parry«, meldete sie sich und wandte sich wieder dem Computerbildschirm zu.
    Aus dem Telefonlautsprecher kam eine dünne weibliche Stimme. »Ich habe die Computerdateien überprüft...«
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt , dass Sie sich das schenken können?«
    »Ja, aber...«
    »Mr. Elder gehört in die Prämikrochip-Ära. Er war ein Verfechter von Papier- Akten.«
    Vernünftiger Mann, dachte Barclay. Elder... der Name kam ihm bekannt vor. Die Stimme meldete sich erneut.
    »Ja, in Ordnung, die Akten habe ich auch.«
    »Gut«, entgegnete Joyce Parry. »Ich will nur wissen … nein, wenn ich es recht bedenke – bringen Sie mir die Akten her.«
    Sie rollte erneut zurück, diesmal, um das Telefonat zu beenden. Dann rollte sie wieder zum Computer und hackte mit flinken Fingern auf die Tastatur ein. Barclay wusste, dass seine Vorgesetzte über eine sehr viel umfassendere Zugangsberechtigung verfügte als er. Er wusste auch, dass er das Computersystem würde überlisten können, wenn er es darauf anlegte und ausreichend Zeit hätte. Wenn er wollte, könnte er sich zu allem Zugang verschaffen. Wenn er wollte.
    »Ah, da haben wir es ja«, sagte Joyce

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