Kaste der Unsterblichen
eliminieren. Was sagen Sie dazu?«
»Nichts.«
»Sie hatten auch während der Bewußtseinssondierung nichts zu sagen.« Ihre Stimme klang bitter. »Bezeichnenderweise ist diese spezielle Sache das einzige, das Ihnen entfallen ist. Wie Sie dieses Vergessen zustande gebracht haben, weiß ich nicht. Aber ich habe auf jeden Fall die Absicht, die Wahrheit herauszufinden. In der Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, daß Sie aus Ihrem Verbrechen keinen Nutzen ziehen können.«
»Was meinen Sie damit konkret?«
»Mehr sage ich nicht.«
»Sie sind ein sonderbares Wesen«, bemerkte Waylock.
»Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch mit stark ausgeprägtem Empfindungsfaktor.«
»Auch mein Gefühlsleben ist besonders intensiv«, sagte Waylock.
Die Jacynth saß ganz still. »Was wollen Sie damit andeuten?«
»Nur, daß eine Auseinandersetzung zwischen uns üble Konsequenzen nach sich ziehen könnte.«
Die Jacynth lachte. »Sie sind verwundbarer als ich.«
»Und dementsprechend rücksichtsloser.«
Die Jacynth erhob sich. »Ich muß jetzt gehen. Aber ich glaube kaum, daß Sie mich vergessen werden.« Sie eilte die Treppe hinauf und verschwand aus Waylocks Blickfeld.
Am nächsten Morgen trat Waylock zur gewohnten Stunde seinen Dienst im Palliatorium an. Noch vor Ablauf einer Stunde wurde er in das Büro von Unterweiser Gradella bestellt.
Gradella gab sich kühl und kam geradeheraus zur Sache. »Ich habe Ihren Fall noch einmal geprüft. Sie verfügen nicht über die angemessene Eignung für Ihre hiesige Anstellung und sind hiermit entlassen.«
ZEHN
1
Am Tag nach seiner Entlassung aus dem Palliatorium erhielt Waylock einen Kommuanruf von Basil Thinkoup. »Ah, Gavin! Ich fürchtete schon, ich könnte Sie zu Hause nicht erreichen.«
»Sie hätten sich keine Sorgen zu machen brauchen. Ich arbeite nicht mehr im Palliatorium von Balliasse.«
Basils rosafarbenes Gesicht schnitt eine Grimasse, die der eines unzufriedenen Babys ähnelte. »Das tut mir aber leid, Gavin! Was für ein Pech!«
Waylock zuckte mit den Achseln. »Die Arbeit hat mir nie besonders zugesagt. Vielleicht eigne ich mich besser für andere Bereiche des Steigungswettbewerbs.«
Basil schüttelte kummervoll den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte das gleiche von mir sagen.«
»Sie haben also noch keine bestimmten Pläne?«
Basil seufzte. »In jungen Jahren war ich ein recht ansehnlicher Glasbläser. Ich könnte mich wieder damit befassen und meine Technik hier und dort verbessern. Oder ich wende mich erneut den Schleppkähnen zu. Ich weiß es nicht; ich bin nach wie vor unentschlossen.«
»Stürzen Sie sich nicht Hals über Kopf auf die erste Gelegenheit, die Ihnen erfolgversprechend erscheint«, riet Waylock.
»Natürlich nicht. Aber ich muß an meine Steigung denken, und ich liege noch ein ganzes Stück unter Dritte.«
Waylock schenkte sich eine neue Tasse Tee ein. »Lassen Sie uns die Sache einmal genauer überdenken.«
Basil winkte ab. »Machen Sie sich keine Sorgen um mich. So schnell wirft mich nichts von den Beinen. Im Augenblick allerdings bin ich wirklich an einem Tiefpunkt angekommen.«
»In Ordnung, überlegen wir also … Sie haben aufgezeigt, daß die Arbeit in den Palliatorien eine unkonventionelle Einstellung erfordert.«
Basil schüttelte müde den Kopf. »Und was hat mir das eingebracht?«
»Eine ähnliche Institution«, sagte Waylock, »ist der Aktuarius. Ist es möglich, daß wir seine Funktion als zu selbstverständlich erachten?«
Basil rieb sich unschlüssig die Nase. »Eine eigenartige These. Sie haben einen flexiblen Verstand.«
»An dem Aktuarius ist nichts Hochheiliges.«
»Er stellt nur die Grundlage unseres ganzen Lebens dar!«
»Genau. Denken wir einmal darüber nach. Die Grundprogramme des Rechners wurden vor dreihundert Jahren entwickelt. Seitdem hat sich viel verändert. Aber die Funktion des Aktuarius gründet sich noch immer auf dieselben Gleichungen und Phylenquoten, auf die gleiche Geburtenrate.«
Basil war skeptisch. »Welchen Nutzen sollte eine entsprechende Veränderung haben?«
»Nun, dies ist eine rein hypothetische Überlegung: Unser Bevölkerungslimit wurde aufgrund einer Schätzung der maximalen Produktivität der Enklave festgesetzt; gesteigerte Produktivität könnte einen höheren Anteil an Rand und Amarant ermöglichen. Wer den Nachweis erbrächte, daß es inzwischen zu einer solchen Steigerung gekommen ist, würde Karrierepunkte sammeln.«
Basil starrte nachdenklich auf einen Punkt
Weitere Kostenlose Bücher