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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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wieder, legte sowohl sein Alter ego als auch die Jacke ab und formte daraus ein ordentliches Bündel. Dies schob er sich daraufhin unter den Arm und verließ die Wohnung.
    Er ging die Phariotstraße hinunter, erreichte bald darauf das Verbindungsterminal am Allemande-Boulevard und stieg zum Röhrenzugang hinab. Er achtete darauf, daß ihn niemand anrempelte oder ihm nahe genug kam, um ihm einen Indikator anzuheften, betrat eine Beförderungskapsel und gab einen aufs Geratewohl gewählten Bestimmungsort in den Zielanweiser: Garstang. Die Kapsel glitt fort, und Waylock legte wieder die Identität seines Alter egos an. Er leitete die Kapsel nach Florianderdeck um, und als er dort ankam, war er sicher, daß er jeden Verfolger abgeschüttelt hatte.
    An einem Kiosk kaufte er ein Röhrchen mit verschiedenen Stimmus {3} , überlegte kurz und schluckte dann jeweils eine gelbe, eine grüne und eine purpurfarbene Tablette.
    Voraus erhoben sich die glänzenden Schultern der aufeinanderfolgenden Hügel: ganz in der Ferne Tempelwolke, dann das Vandoon-Hochland mit Balliasse und dem Palliatorium an der Uferstraße, und etwas näher der Semaphorberg, der über den Engelsbau hinausragte, wo Basil seine Wohnung hatte. Auf dem Rücken des Semaphorbergs lag der Klub der Pankunst-Liga.
    Er fuhr mit einem Lift zum Flugdeck hinauf und stieg in eins der dort wartenden Taxis. Sie stiegen durch das Gewimmel der verschiedenen Verkehrsebenen empor und sausten zwischen den Türmen des Manufakturzentrums hindurch. Tausende von Lichtern glühten oben und unten, überall. Das wie eine Fackel jenseits des schwarzen Samtfadens des Melodienstroms flackernde Kharnevall warf einen farbenprächtigen Schimmer auf das ruhig dahinfließende Wasser.

 
ELF
     
1
     
    Das Lufttaxi setzte Waylock auf einem kleinen Platz ab, auf dem sich Privatflieger an Privatflieger reihte – glänzende Spielzeuge, an denen Freude zu finden nur die Lulks und Amarant Zeit erübrigen konnten. Ein breiter und düsterer Pfad führte gleich einem schwarzen Teppichstreifen zu der Halle. Waylock betrat den Weg. Mikroskopisch kleine Fasern bewegten sich unter seinen Füßen; sie vibrierten so rasch, daß er die einzelnen Intervalle nicht unterscheiden konnte. Langsam trug ihn das Band den Hang hinauf, und schließlich brachte ihn der Weg durch ein gläsernes, goldfarbenes Portal ins Vestibül.
    Auf einem Plakat stand:
     
    HEUTE ABEND
    DIE WASSERGESTALTUNGEN
    VON
    REINHOLD BIEBURSSON
     
    An einem kleinen Tisch saß eine gleichgültig dreinblickende Frau hinter einem Schild mit der Aufschrift: Spenden werden dankbar angenommen. Die Frau schien gelangweilt und häkelte aus metallenen Fäden eine komplizierte Borte. Waylock legte einen Florin auf den Tisch. Mit heiserer Stimme und ohne den Rhythmus ihrer Arbeit zu unterbrechen sagte sie: »Vielen Dank.« Waylock trat zwischen weinfarbenen Samtportieren hindurch und gelangte in den Ausstellungssaal.
    Die Wassergestaltungen von Reinhold Biebursson – komplizierte Gebilde aus erstarrtem Wasser – standen auf Sockeln entlang den Wänden. Waylock betrachtete sie flüchtig, fand sie seltsam und trostlos und wandte seine Aufmerksamkeit den Gästen zu.
    Rund zweihundert Personen hielten sich hier auf. Sie standen in Gruppen beisammen und unterhielten sich und schritten an den gleißenden Wassergestaltungen entlang. Reinhold Biebursson stand nahe der Tür – ein mehr als einsachtzig großer, hagerer Mann. Er machte nicht so sehr den Eindruck eines Ehrengastes, sondern wirkte eher wie ein Märtyrer, der sich damit abgefunden hatte, leiden zu müssen. Diese Ausstellung mußte ihm viel bedeuten – Triumph, künstlerische Befriedigung, vielleicht auch nur Geldgeschäfte. Aber nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hätte Biebursson auch ein einsamer Wanderer in der Abgeschiedenheit eines dunklen Waldes sein können. Nur wenn er direkt angesprochen wurde, hielt er für einige Augenblicke damit inne, Löcher in die Luft zu starren, und dann nahm sein Gesicht einen aufmerksamen und freundlichen Zug an.
    Die Jacynth stand auf der gegenüberliegenden Seite der Halle und unterhielt sich mit einer jungen Frau, die ein graugrünes Trikot trug, das auf atemberaubende Weise mehr enthüllte, als es verbarg. Sie selbst war gekleidet in einen weit fallenden Talar, dessen Farbe genau auf die Tönung ihres Haars abgestimmt war, das sie heute im Stil einer aquitanischen Straßentänzerin frisiert hatte: Es war in Form einer Kerzenflamme hochgekämmt und

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