Kat und der heißblütige Spanier
durchdrang, und an den Geruch des Todes. „Ich habe mit meinem Degen den finalen Stoß ausgeführt, die muleta , das rote Tuch, zu Boden fallen lassen und bin gegangen, ohne einen Blick zurückzuwerfen.“
„Aber warum?“, flüsterte Kat, von Carlos’ dunkler Stimme ergriffen, die trotz des gleichmütigen Tons die Tragik dieses Moments wiedergab.
Als Carlos sie anschaute, dachte er an Kats Geheimnisse aus der Vergangenheit, die sie ebenso tief wie er in sich verborgen gehalten hatte – bis zu jener Nacht, als er sie aus ihrem Albtraum wecken musste. Aber wie konnte er als Mann die Demütigung eingestehen, von seinem eigenen Vater fast zu Tode geprügelt worden zu sein, wenn dieser seinen Frust nicht beherrschen oder woanders loswerden konnte? Oder die späte Einsicht, dass er wahrscheinlich deshalb zu dem Menschen geworden war, den sie heute vor sich sah?
„Er hat mich geschlagen“, sagte Carlos langsam. „Tatsächlich gab es in meiner Kindheit kaum einen Tag ohne Prügel. Es ging immer nur um die absolute Kontrolle, darum, mich unter seinen Willen zu zwingen und mir zu zeigen, wer der Boss war. Später, als ich ins Teenageralter kam und er damit rechnen musste, dass ich mich gegen ihn zur Wehr setzen würde, hörte er damit auf. Außerdem gab es auch keinen Grund mehr für physische Gewalt, weil er mit Brutalität und Zwang bereits erreicht hatte, was er wollte: Ich stand an der Schwelle zu der Karriere, die er vergeblich angestrebt hatte. Vor mir lagen Erfolg, Ruhm und Reichtum …“
„Und darum bist du gegangen“, flüsterte Kat. „Du hast mit der verschmähten Karriere auch deinen Vater hinter dir gelassen und die Kontrolle über dein Leben selbst in die Hand genommen.“
Carlos nickte, überrascht und fast befremdet von ihrer Hellsichtigkeit. „Exakt.“
Langsam fügte sich für Kat ein Puzzleteil zum anderen. Carlos hatte Brutalität und Schmerz in einem Ausmaß kennengelernt, wie es nicht viele erlebten, und das nicht nur, weil er von seinem Vater geschlagen worden war. Einen Dreijährigen auf ein wildes Tier zu setzen und ihm zwei Jahre später anstatt eines Spielzeugs einen echten Degen zu schenken, mit dem Ziel, seinen Sohn aufs Töten abzurichten! Kein Wunder, dass man ihn Corazón Frío nannte!
Kat erhob sich vom Tisch. Carlos’ harte, verschlossene Miene zeigte deutlich, dass er kein Mitleid von ihr wollte. Eigentlich gab es nur eines, was sie ihm geben konnte, und das auch nicht mehr sehr lange … wenn ich nicht schwanger bin, dachte sie wehen Herzens.
Aber momentan wollte sie Carlos den Trost ihres warmen, bereitwilligen Körpers von ganzem Herzen gewähren. Vielleicht würde das seine Geister der Vergangenheit wenigstens vorübergehend verscheuchen, so wie sie es in seinen Armen hatte erleben dürfen.
Langsam ging sie um den Tisch herum, schlang ihre Arme von hinten um seinen Hals und presste ihre Lippen auf die dunklen Locken, die sich im Nacken kringelten. Als hätte er ihre Gedanken erraten, umfasste Carlos ihr Handgelenk, zog Kat um sich herum auf seinen Schoß und schaute ihr eindringlich in die Augen. „Jetzt könnte es doch jeden Tag so weit sein, dass du …“
„Ja“, unterbrach sie ihn rasch, weil sie es nicht ertragen hätte, ihn die befürchtete Wahrheit aussprechen zu hören. „Ich werde es dir sofort sagen, wenn es so weit ist“, fügte sie kühl hinzu und wich seinem forschenden Blick aus, um sich nicht zu verraten.
Durfte sie ihm nach dem Einblick in seine qualvolle Kindheit überhaupt vorwerfen, dass er keine eigenen Kinder haben wollte?
„Du möchtest gar nicht schwanger sein, oder?“, fragte Carlos hart.
Bei dieser Frage floh sie förmlich von seinem Schoß und trat an die Reling. „Nein“, erwiderte sie leise, da sie wusste, welche Antwort er von ihr erwartete. „Aber lass uns nicht jetzt darüber reden, ich … ich bin schrecklich müde.“ Mit letzter Kraft wandte sie sich um und schaute in das geliebte Gesicht. „Ich gehe jetzt zu Bett, wenn du nichts dagegen hast.“
Carlos war wütend … auf Kat, aber noch mehr auf sich selbst. Warum hatte er auch den längst vergrabenen Müll aus seiner Kindheit wieder hervorholen müssen und damit die Atmosphäre zwischen ihnen vergiftet?
Aber provoziert hatte sie es!
Was ihn am meisten ärgerte, war, dass er seine Gefühle, oder genauer gesagt, seine Libido nicht besser im Griff hatte und wie ein liebeskranker Teenager nach Kats weichen Kurven und süßen Küssen hungerte! Und gleichzeitig
Weitere Kostenlose Bücher