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Blood Sun

Blood Sun

Titel: Blood Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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    D ie Finsternis verschlang ihn.
    Er hatte die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und starrte in den gähnenden Abgrund. Sein verzweifeltes Keuchen hämmerte sich in seinen Schädel, während das einäugige Monster ihn krächzend verfolgte. Unter seinen Füßen glänzte die glatte Zunge des Todes, die bis in den Bauch des Biests führte.
    Ein schwaches Signal drang in seinen Kopf, ein rhythmisches Geräusch, das nichts anderes als seine eigene Stimme war. Durchhalten. Durchhalten. Durchhalten. Wobei? Es waren bloß Gedankenfetzen. Er versuchte, den Erinnerungsspeicher in seinem Gehirn abzufragen. Die Panik jagte Chemikalien durch seinen Körper. Er konnte sich an nichts erinnern! Arme und Beine trugen ihn tiefer in den Tunnel, knisternde Funken grausigen Gelächters flogen ihm um die Ohren. Der Lichtstrahl des Monsters hatte ihn noch nicht erfasst, die dunkle Kleidung ließ ihn mit dem Nichts verschmelzen.
    Metall schleifte gellend über Metall. Er ruderte mit den Armen und verlor die Kontrolle über sich. Immer so stark, immer so leistungsfähig, so fit und jung. Jung. Ja, das war er. Daran erinnerte er sich. Und an Stimmen aus der Vergangenhei t – sie hallten in seinem Kopf wider. Niemals aufgeben. Weitermachen. Du bist einer unserer Besten, Danny. Danny! Das war sein Name. Er war zu jung zum Sterben. Das war so sicher wie die Tatsache, dass die erstickende Schwärze um ihn herum der Anfang vom Ende war. Blut rann ihm aus den Augen. Wie die Tränen eines Clowns lief es ihm über die Wangen.
    Er stürzte. In den zwei Sekunden vor dem Aufprall leuchteten Blitze hinter seinen Augen auf, eine ungeheure Kraft packte ihn und zerrte ihn ins Verderben. Seine Muskeln erschlafften, der braune Umschlag, den er eben noch fest umklammert hatte, fiel ihm aus den Händen. Sein Körper zuckte krampfhaft, als die tödliche Energie durch ihn hindurchfloss.
    Die herannahende Londoner U-Bahn erzeugte ein Vakuum, das die Luft aus dem Tunnel saugte. Müll wurde aufgewirbelt. Alte Chipstüten und der an Max Gordon adressierte braune Umschlag flatterten dem Bahnsteig entgegen.
    Der Zug ratterte über den Körper, der jetzt neben den Gleisen lag, aber der junge Mann empfand weder Schmerzen noch Angst. Er war bereits im Strudel des Todes versunken.
    Ein schwarzer Range Rover fuhr die regenglatte Straße entlang, über Ginsterhügel und um schroffe Granitfelsen herum. Auf den Hügelkämmen glitten die heranstürmenden Wolken über das Dach des Fahrzeugs und heftiger Regen klatschte unentwegt an die Windschutzscheibe.
    Der Fahrer trug schwarze Jeans und Wüstenstiefel aus Wildleder, ein dunkelblaues T-Shirt, darüber eine Kapuzenjacke mit dem Logo der San Francisco 49ers und eine zerknautschte Lederjacke, die viel Geld gekostet hatte. Seine Hände steckten in Halbfingerhandschuhen und steuerten den großen Wagen um eine enge Kurve und weiter über eine uralte Brücke. Das vom Torf rotbraun gefärbte Flusswasser unter ihm schäumte gewaltig und drohte die Straße zu überschwemmen. Er drückte das Gaspedal durch.
    »Gottverlassene Gegend«, sagte der Beifahrer, der etwa im gleichen Alter war. Er hatte nicht nur denselben Beruf, sondern war auch ähnlich gekleidet. Weil sich seine Waffe, eine 9-mm-Halbautomatik, in seine Rippen bohrte, rutschte er auf seinem Sitz herum, bis der Druck etwas nachließ.
    Die beiden Männer sprachen nur wenig miteinander. Das harte Training und ihre angeborene Schweigsamkeit führten dazu, dass ihre Gehirne nichts Überflüssiges aufnahmen, über das sie hätten reden können. Der Fahrer sagte gar nichts. Ihm gefiel es hie r – die karge Gegend, das wechselnde Lichtspiel und die mächtigen Naturgewalten, die einen, wenn man nicht darauf vorbereitet war, in den Tod reißen konnten. Manchmal war die Natur ein genauso effizienter Killer wie er. Vor einigen Jahren war er monatelang unter ebenso extremen Bedingungen ausgebildet worden und hatte dabei bis weit über seine Grenzen hinausgehen müssen. Er hatte diese Herausforderungen genossen und gemeistert. Bei den Jungen, die in der Dartmoor High zur Schule gingen, vermutete er denselben Instinkt.
    Die regenschweren Wolken schienen das ganze Sonnenlicht in sich aufzusaugen. Während der Range Rover der Straße folgte, die sich einen Hügel hinaufschlängelte, erschien kaum sichtbar zwischen der dunklen Erde und dem undurchdringlichen Himmel ein aus dem Granit herausragendes Gebäud e – eine viktorianische Festung, die vom schwarzen Felsgestein wie von Krallen

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