Kater Konstantin - drei Bücher in einem Band
knallte noch einmal mit der Peitsche.
Der Löwe fletschte die Zähne.
Der Dompteur schlug ihm mit dem Stock eins über den Schädel und schwang drohend die Peitsche.
Da machte auch der siebente Löwe sein Männchen, und die Leute klatschten.
„Das sehe ich mir nicht länger an!” Konstantins Stimme überschlug sich vor Wut.
Er sprang von Uschis Knie und die Stiegen hinunter zur Manege.
Mit einem Satz hüpfte er aufs Gitter. Er klammerte sich fest und miaute einem Löwen etwas zu.
Es war der, der vorhin nicht Männchen hatte machen wollen.
Der Löwe drehte sich um, sah den Kater auf dem Gitter und antwortete in der Löwensprache.
Ein paar Kinder, die ganz vorne saßen, entdeckten die Katze auf dem Gitter zuerst. Sie jubelten vor Vergnügen. Sie glaubten nämlich, sie gehörte zur Raubtiernummer.
Konstantin redete – in der Katzensprache – eine ganze Weile auf den Löwen ein. Da kam der Dompteur und wollte den Löwen wieder zwingen, Männchen zu machen.
Der Schwarzglänzende bemerkte die Katze jetzt erst. „Verschwinde, du Biest”, schrie er.
Er wollte Konstantin mit seinem Stock vom Gitter herunterstoßen. Aber der Löwe schlug ihm mit einem kräftigen Prankenhieb den Stock aus der Hand.
Dann schüttelte das riesige Tier seine Mähne, sprang von seinem Hocker, lief in die Mitte der Manege und brüllte.
Die anderen sechs Löwen brüllten auch: Sie antworteten. Sie knurrten, brüllten und fauchten.
Es sah aus, als beratschlagten sie.
Der Schwarzglänzende knallte wütend mit der Peitsche, aber die Löwen ließen sich nicht aus der Ruhe bringen.
Der Dompteur wusste nicht, was mit seinen Tieren plötzlich los war. Aber er ahnte, dass es mit der schwarzen Katze zusammenhing.
Er hob die Peitsche und zielte sorgfältig. Er hatte viel Übung im Peitschenschlagen und hoffte, die Katze sogar zwischen den Gitterstäben zu treffen.
Er schlug zu. Aber Konstantin musste nur ein klein wenig zur Seite springen, und der Schlag ging ins Leere.
Das Publikum tobte vor Begeisterung. Dressierte Raubtiere konnte man in jedem Zirkus sehen. Hier spielte aber von außen noch eine Katze mit. Das war neu. Die Leute glaubten immer noch, Konstantin gehörte zur Zirkusnummer.
Der Dompteur schlug mit seiner Peitsche immer wieder nach dem Kater. Aber jedes Mal konnte Konstantin rasch ein paar Gitterstäbe weiter springen.
Das war gar nicht so schwierig, denn je wütender der Schwarzglänzende wurde, umso schlechter zielte er.
Es war ein ohrenbetäubender Lärm im Zirkuszelt. Die Leute lachten, klatschten und schrien vor Begeisterung.
In der Manege beratschlagten die Löwen. Sie brüllten immer wilder. Und zu all dem Getöse spielte die Musikkapelle unverdrossen weiter.
Dieser schreckliche Lärm lockte den Zirkusdirektor Carlo Rossano zurück ins Zelt.
Als er bemerkte, was hier vor sich ging, raufte er sich die Haare und weinte beinahe.
„Mamma mia! Vorstellung kaputt!”, jammerte er immer wieder. Aber natürlich hörte das bei diesem Lärm niemand.
Endlich hatten die Löwen ihre Beratung beendet. Sie hörten auf zu brüllen.
Mit einem Schlag verstummte auch das Publikum. Und auch die Musiker legten ihre Instrumente weg.
Mäuschenstill war es auf einmal in dem großen Zelt.
Der Löwe, mit dem Konstantin gesprochen hatte, trottete ans Gitter. Er brüllte dem Kater etwas zu.
Konstantin erschrak, das konnte jedermann sehen. Was mochte der Löwe ihm gesagt haben?
Das große fahl gelbe Raubtier und sein viel kleinerer schwarzer Vetter sprachen noch eine Weile miteinander, aber Konstantin schien immer trauriger zu werden. Und dann hing er stumm an den Gitterstäben und starrte vor sich hin.
Diesen Augenblick wollte der Dompteur nützen. Er hob sie Peitsche.
Aber da schrie der Kater ihn an – in der Menschensprache: „Verschwinde, du schwarz lackierter Affe! Sonst kratze ich dir die Augen aus.”
Dem Dompteur fiel vor Schreck die Peitsche aus der Hand.
Jeder Zuschauer – auch im letzten Winkel des Zeltes – hatte es gehört: Die Katze hatte gesprochen, richtig gesprochen wie ein Mensch.
Der dicke Direktor Rossano stöhnte: „Manama mia! Eine sprrrechende Katze! Sensation! Grrrösste Zirkussensation von ganzerrr Welt! Sensation von Jahrrrhunderrrt!”
Er befahl den Stallburschen und den anderen Zirkusarbeitern: „Katze soforrrt einfangen! Grrrösste Sensation von ganzerrr Welt! Einfangen! Soforrrt!”
Die Männer gehorchten. Sie besetzten alle Ausgänge und zogen einen Kreis um die Manege.
Konstantin
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