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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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saugglockenartige Fühler wabbelten. Er fuhr auf das Aquarium zu und senkte sich hinein. Mit wachsender Unruhe beobachteten die Seelen, wie das Monstrum auf sie zusteuerte. Schließlich schossen sie schrill aufzirpend durch das Gefäß, prallten gegen die Wände und durchdrangen sich gegenseitig.
    „Aufhören!“, rief Sando. „Kein Brainscreening!“
    Bereitwillig stoppte der Doktor die Aktion. Dicht über den erschöpft am Boden liegenden Seelen blieben die Saugfühler hängen.
    Gregor war wütend.
    „Warum kein Brainscreening, Sando? Was ist denn los mit dir?“
    „Es reicht, dass sie es mit uns versucht haben!“
    Gregor verstand die Welt nicht mehr.
    „Er ist der Mörder Marias!“
    „Das ist mir egal. Wir sind keine Seelenretter!“
    Sando blieb stur.
    „Wolfenhagen!“, brummte plötzlich Nabil vom Pult her.
    Er starrte blinzelnd auf die Monitore, die alle recht schemenhaft die gleiche Szene zeigten: Eine gelb-rote Gestalt stand mit gespreizten Beinen vor dem Betrachter, blickte auf ihn herab und hob langsam die Arme. In den Fäusten hielt sie einen langen Gegenstand, den sie nun drohend auf den Betrachter richtete.
    „Kein Zweifel! Er ist es!“ Das Herz klopfte Sando plötzlich bis zum Hals.
    Gregor sagte tonlos: „Der Speer … der Speer … mit dem er Achmed …“
    Er sprach nicht weiter.
    „Verstehe ich recht, meine Herren, dass dies der Gesuchte … dieser … Wolfenhagen ist?“, fragte der Doktor und blickte erstaunt in die Runde. „Was ist mit Ihnen, meine Herren? Mir scheint, diese lächerliche Szene jagt Ihnen eine Heidenangst ein …“ Er betrachtete die Gefährten mit der beruflichen Neugier des Seelenexperten. „Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“
    Sando fasste sich als Erster.
    „Woher kommt das Monitorbild?“
    „Von einer der Seelen dort. Der Scanner ist nicht genau positioniert. Er hängt irgendwie dazwischen. Moment!“
    Der Doktor manipulierte an den Saugnäpfen. Das Bild wurde schärfer, deutlicher auch die Drohgebärde, klar zu erkennen sogar das getrocknete Blut an der Speerspitze.
    Gregor schloss die Augen. Er ertrug den Anblick nicht.
    „Lassen Sie es“, bat Sando.
    „Wenn du meinst …“
    Auf einen Knopfdruck des Doktors hin schwenkten die Fühler wieder ab. Das Bild verschwamm, wurde aber sogleich wieder gestochen scharf.
    Sando stutzte. Die Fühler hingen jetzt über der anderen Seele.
    „Zwei Seelen und der gleiche Film!“, stellte er überrascht fest.
    „Und die gleiche Angst“, setzte Gregor hinzu. „Bitte schalten Sie es aus, Herr Doktor, ehe er zusticht.“
    Doktor Fasin schaute interessiert auf den Monitor.
    „Glauben Sie wirklich, dass er es tut?“
    „Ich weiß es.“
    „Na dann …“
    Ein Klickgeräusch und auf den Schirmen zeigte sich nur noch ein weißes Rauschen.
    „Danke, Doktor.“
    „Aber bitte, keine Ursache“, sagte der Doktor leichthin.
    Gregor wandte sich beunruhigt an Sando und Nabil: „Wie viele Seelen mögen Angst vor Wolfenhagen haben? Offensichtlich schickt er sich an, den Hades zu beherrschen.“
    Der Hüne nickte finster und Sando schwieg betroffen.
    „Wenn ich etwas dazu sagen darf …“, meldete sich Doktor Fasin. „Meine langjährige Erfahrung hier besagt, dass es nicht allzu schwer ist, die Herrschaft über armselige Kreaturen wie diese zu erlangen.“ Er wies auf die Seelen in dem Kokongefäß.
    Gregor empörte die Herablassung, die aus Doktor Fasins Worten sprach, und er wollte etwas erwidern, doch der Doktor hob beschwichtigend die Hand.
    „Schon gut, junger Freund. Mir ist bewusst, dass meine Worte ein wenig hart erscheinen mögen, aber lassen Sie mich dies erklären.“
    Gregor schwieg und der Doktor fuhr fort.
    „Wissen Sie, dieses merkwürdig uniforme Verhalten der Seelen in den Zellen, das Sando als Auvisor natürlich sofort bemerkt hat, ist auch mir bei meinen Forschungsarbeiten aufgefallen. Und ich habe mich nach der Ursache gefragt. Bei meinen Experimenten, die ich dank der großzügigen Ausstattung dieses Labors durchführen konnte, bin ich auf ein interessantes Phänomen gestoßen.“
    Er setzte eine Pause, während der die Seelen in dem Kokongefäß unruhig zirpten. Die Monitore, deren Weiß die Gegenwart Wolfenhagens nur verschleierte, rauschten beredt.
    „Ich fand heraus“, erklärte der Doktor endlich weiter, „dass Seelen, die in Kontakt kommen, also einander durchdringen, einen starken Einfluss aufeinander ausüben – und zwar dergestalt, dass die stärkere Persönlichkeit die

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