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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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schwächere nach einiger Zeit vollkommen beherrscht.“
    Sando musste unwillkürlich an seine Begegnungen mit Bens Seele denken und stellte erleichtert fest, dass ihre Begegnungen nicht dazu geführt hatten, dass sich einer dem anderen unterwarf.
    „Damit hatte ich die Erklärung für dieses uniforme Verhalten gefunden“, setzte der Doktor fort. „Überlegen Sie einmal, was passiert, wenn man in eine Zelle voller Seelen, die durch Folter geschwächt sind, einen gesunden Geist hineinsetzt, also eine Seele, deren Persönlichkeit stark und intakt ist …“
    Er schaute sich fragend um. Doch Sando, Gregor und Nabil machten keine Anstalten, darauf zu antworten.
    „Es liegt auf der Hand“, dozierte der Doktor unbeirrt weiter. „Über kurz oder lang werden die geschwächten Seelen ausnahmslos auf die starke Persönlichkeit geprägt. Sie fressen ihr quasi aus der Hand. Ergebnis ist die Gleichschaltung aller Individuen, die kollektive Unterwerfung dieser armseligen Kreaturen, also das Phänomen, das wir beobachtet haben.“
    Triumphierend blickte er in die Runde.
    „Aber diese ,armseligen Kreaturen‘, wie Sie beliebten, sich auszudrücken, betrachten sich als Kämpfer. Darin liegt doch eine große Gefahr! Finden Sie es nicht bedenklich, Herr Doktor, dass sie sich zusammenschließen wie eine militärische Einheit?“
    Gregor hatte ausgesprochen, was auch Sando und Nabil empfanden.
    Doch der Doktor entgegnete fest: „Eine Gefahr für die Welt außerhalb des Hades sehe ich nicht.“
    Er fixierte die Seelen in dem Kokongefäß, die Hand wie zufällig auf einem Steuerhebel.
    „Es handelt sich um Prozesse in einer abgeschotteten Gesellschaft. Für mich als Seelenexperten ist es höchst interessant zu beobachten, wie sich unter diesen Bedingungen Rangordnungen herausbilden. Der Überlegene legt fest, was gespielt wird. Und im Moment heißt das Spiel im Sondertrakt offenbar ,Befehlshaber und Kämpfer‘. Daran kann ich nichts Bedenkliches finden. Im Gegenteil. Es ist doch famos, wenn sich unter den Gefangenen einer findet, der für Disziplin sorgt. Das erspart dem Personal eine Menge Ärger.“
    Resolut legte er den Hebel um, woraufhin mit einem durchdringenden Sauggeräusch eine der Seelen aus dem Aquarium verschwand. Sando, Gregor und Nabil erschraken und tauschten Blicke, in denen unausgesprochen die Frage lag: Und wie heißt das Spiel, das der Doktor spielt?
    Gregor fasste sich ein Herz und fragte direkt: „Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Herr Doktor, aber ich habe fast den Eindruck, Wolfenhagens Umtriebe sind Ihnen seit Langem bekannt.“
    „Aber ich bitte Sie, was heißt hier Umtriebe?“, entgegnete Doktor Fasin. „Die Sache ist völlig legal. Als Konsequenz aus meinen Forschungsarbeiten habe ich der Hadesleitung empfohlen, eine starke Seelenpersönlichkeit für die Disziplinierung der Gefangenen einzusetzen. Dass derjenige, auf den die Wahl fiel, Wolfenhagen heißt, habe ich eben erst durch Sie erfahren. Ich hatte keineswegs die Absicht, Sie an der Nase herumzuführen.“
    „Und das sollen wir Ihnen glauben?“, murrte Nabil misstrauisch.
    „Ich kann Sie nicht dazu zwingen“, versetzte Doktor Fasin.
    „Vielleicht arbeiten Sie ja auch mit den Seelenrettern zusammen“, sagte ihm Gregor auf den Kopf zu.
    Zum ersten Mal, seit Sando den Doktor kannte, schien er persönlich betroffen zu sein. Von der Überlegenheit, mit der er sonst immer zu sprechen pflegte, war nichts mehr zu spüren, als er auf Gregors Verdächtigung antwortete: „Es ist schon bitter. Ich habe hier unten nichts anderes getan als meine Arbeit. Immer ist es mir darum gegangen, die Bedingungen für Seelen und Wachmannschaften erträglich zu gestalten. Und gewiss nicht ohne Erfolg. Sie können sich danach erkundigen, meine Herren. Aber es scheint, allein die Tatsache, dass ich mit Seelen arbeite, macht mich schon verdächtig. Dagegen kann ich nichts ausrichten. In Zeiten der Hysterie beschuldigt jeder jeden und es ist wohl normal, dass es dabei auch Unschuldige trifft.“
    Die Betroffenheit des Doktors verunsicherte Gregor und ein wenig kleinlaut lenkte er ein: „Ich wollte Ihnen nicht Unrecht tun, Herr Doktor, aber dieser Wolfenhagen … also die Tatsache, dass Sie ihn kannten …“
    „Schon gut“, unterbrach ihn Doktor Fasin. „Ich bin nicht nachtragend.“
    In dem Kokongefäß rührte sich zirpend die verbliebene Seele. Mechanisch legte der Doktor den Hebel um, woraufhin sie zischend im Saugrohr verschwand. Ein flüchtiger Gedanke

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