Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
Vom Netzwerk:
Sandos galt Jussuf Mahmoud, dem er eine geräumigere Zelle versprochen hatte, doch viel mehr beschäftigte ihn die Frage, was nun zu tun sei. Der Doktor, ob Seelenretter oder nicht, hockte wie ein Hexenmeister inmitten abstruser Greifarme, Saugnäpfe und Kokongefäße und glaubte offenbar, mit diesem Hokuspokus den blutgierigen Kreuzfahrer beherrschen zu können.
    „Wie wollen Sie einen Mann wie Wolfenhagen unter Kontrolle halten? Etwa mit diesen albernen Apparaturen?“, fragte er und merkte zu spät, dass er sich im Ton vergriffen hatte.
    „Albern sind sie keineswegs“, belehrte ihn der Doktor pikiert. „Aber glaube mir, Sando, ich kenne ihre Grenzen und würde mich auf sie allein nie verlassen. Mit einer Seele, die in unserem Auftrag die Gefangenen diszipliniert, kommuniziere ich selbstverständlich direkt.“
    „Wie soll das gehen? Sie können sie weder sehen noch hören.“
    „Leider. Ich besäße gern deine Fähigkeit. Aber so bleibt mir nur der Seelenkontakt.“
    „Sie lassen Wolfenhagen direkt zu sich?“, fragte Sando erschrocken.
    Der Doktor erhob sich von seinem Sitz am Pult.
    „Warum nicht? Ich präge ihn, er die Gefangenen – eine bessere Kontrolle ist gar nicht denkbar.“
    Gregor quittierte dies mit einem ungläubigen Kopfschütteln.
    „Wenn ich Ihre Theorie richtig verstanden habe, können Sie ihn aber nur prägen, wenn Sie ihm überlegen sind.“
    „Selbstverständlich bin ich das.“ Doktor Fasin war erhaben über den Zweifel, der in Gregors Worten mitschwang. „Der Mann stammt aus dem Mittelalter. Und ich“, er lächelte wieder mit der gewohnten Überlegenheit, „bin kein armseliges Folteropfer, das ihm nichts entgegenzusetzen hat.“
    „Und was, wenn Sie ihn unterschätzen?“, fragte Sando. „Wenn er hier ausbricht? Eines steht fest: Er hat bereits Kontakt mit den Seelenrettern!“
    Doktor Fasin winkte ab.
    „Ich bitte dich, Sando, wie soll er denn hier herauskommen? Es ist völlig ausgeschlossen. Ich habe dir die Sicherheitsvorkehrungen gezeigt. Dagegen sind selbst die Seelenretter machtlos. Also bitte, es besteht keinerlei Grund zur Panik. Im Gegensatz zum Präsidenten dort draußen haben wir hier im Hades die Lage unter Kontrolle.“ Er beugte sich über das Pult. „Nun aber genug davon!“
    Mit einem Druck auf einen roten Taster schaltete er die Anlage ab. Das Rauschen der Monitore erstarb.
    „Bitte geben Sie mir noch eine Stunde Zeit“, bat er. „Ich habe noch zu arbeiten. Wir treffen uns dann zur Heimfahrt.“
    Er geleitete Sando, Gregor und Nabil hinaus.
    Nachdenklich standen sie auf dem Korridor. Es brauchte einige Zeit, bis es Sando in den Sinn kam, dass er auf der anderen Seite des Ganges ein Zimmerchen zur Verfügung hatte.
    „Kommt mit!“, forderte er Gregor und Nabil auf.
    Sie drängten sich in das Kabuff. Nabil musste seinen Bauch einziehen, um die Tür schließen zu können.
    Als es geschafft war und die Gefährten unter sich waren, platzte Gregor heraus: „Glaubt er wirklich, Wolfenhagen das Wasser reichen zu können?“
    „Der Mann aus dem Mittelalter wickelt ihn um den kleinen Finger!“, brummte Nabil.
    „Wer weiß“, warf Sando unbestimmt ein und stierte gedankenverloren auf den schwarzen Bildschirm, der zusammen mit der Tastatur fast die gesamte Fläche des winzigen Schreibtisches einnahm.
    „Was willst du damit sagen?“, wollte Nabil wissen.
    „Na ja, neunhundert Jahre sind eine lange Zeit. Wer weiß, was aus ihm inzwischen geworden ist …“
    Unter seinem Hemd spürte Sando die Karte, die er am Morgen auf Jannis’ Geheiß eingesteckt hatte, und zog sie hervor.
    „Du denkst wohl auch, Leute aus dem Mittelalter müsse man nicht ernst nehmen?“, brummte Nabil beleidigt.
    „Das habe ich nicht gesagt. Aber sie können sich verändern“, erwiderte Sando ruhig und warf die Karte auf den Tisch. Er wollte die Stunde bis zur Heimfahrt nutzen und die Gänge des Hades maßstabsgerecht auf die Karte übertragen.
    Er schaltete den Computer ein, wartete, bis auf dem Monitor die Startseite des Hades erschien, und klickte auf ein kleines Logo, das den Grundriss der Anlage symbolisierte. Sofort erschienen die Gänge des Hades bildschirmfüllend.
    „Du meinst also, dass der Doktor ihm gewachsen ist?“, nervte Nabil.
    Sando wurde grantig. „Woher soll ich das wissen?“, fauchte er.
    Gregor wollte das leidige Thema beenden.
    „Eigentlich kann es uns egal sein, ob der Doktor mit ihm fertig wird. Wir wissen jetzt, dass Wolfenhagen hier ist und großen

Weitere Kostenlose Bücher