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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Geste! Wie oft hatte er sie schon bei Ben beobachtet – und jetzt er?
    Wie viel von Ben steckt eigentlich seit diesem unseligen Kreuzritteralbtraum in mir , fragte er sich. Bin ich noch Sando oder schon Ben? Er hatte seine Gesten übernommen, seine Sprache.
    Sprache? Sprach nicht auch Maria plötzlich arabisch?
    „Doktor Fasin, Maria beherrscht auf einmal die arabische Sprache. Ist das mit der gespaltenen Persönlichkeit zu erklären?“
    Doktor Fasin schüttelte den Kopf.
    „Nein, das hat damit nichts zu tun.“
    „Dann handelt es sich vielleicht doch nicht um diese Störung, von der Sie sprachen“, beharrte Sando. „Es muss etwas anderes sein!“
    Er ließ nicht locker. Jetzt, da er den Spezialisten vor sich hatte, wollte er es genau wissen.
    „Und wenn von den zwei Seelen in Marias Brust eine von außen käme? Die fremde Seele einer arabischen Frau zum Beispiel, die sich in ihr eingenistet hätte? Damit wären die Sprachkenntnisse erklärt.“
    „Das sind ja Abgründe!“, spöttelte Doktor Fasin. „Wo hast du nur solche Horrorvisionen her?“
    Er wurde wieder ernst.
    „Weißt du, Sando, Experimente mit Seelen in der Art, wie du sie andeutest, sind ethisch verwerflich und strengstens untersagt in Katharsia. Es gibt keine Erfahrungen. Ich kann dir nicht sagen, was passiert, wenn eine freie Seele von einem lebenden Körper Besitz ergreift.“
    Es hupte. Doktor Fasin sprang auf. „Kazim ruft! Das Rad ist gewechselt.“ Er streckte Sando die Hand hin. „Also … alles Gute! Und was Maria betrifft: Lass ihr Zeit! Fliege ruhig nach Hause. Wenn du willst, kümmere ich mich um sie. Du musst mir nur sagen, wo ich sie finden kann.“
    „Das würden Sie wirklich für mich tun?“
    Sando schaute den Arzt dankbar an.
    „Sie wohnt in dem grünen Tal, nicht weit von hier.“
    Doktor Fasin war überrascht. „Dorthin bin ich gerufen worden. Zu einer Callista …“
    „Das ist der Name, den sie jetzt trägt. Bitte, Herr Doktor, versuchen Sie alles, dass sie wieder die alte Maria wird!“
    „Versprochen.“
    Doktor Fasin griff in seinen Kaftan, holte ein Kärtchen heraus und reichte es Sando: „Damit findest du ein offenes Ohr bei allen Seelenärzten in Katharsia, also auch in deiner Heimat. Könnte sein, du brauchst es einmal.“
    Sando bedankte sich und wandte sich an Fatima, die gerade dabei war, die Verbandsutensilien in der Arzttasche zu verstauen: „Der Verband sitzt fabelhaft.“
    „So gut wie ein Turban?“, fragte sie lächelnd.
    „So gut wie ein Turban, den du gebunden hast“, gab er charmant zurück.
    Fatima zwinkerte ihm fröhlich zu.
    „Immer wenn wir uns begegnen, wickle ich dich ein, komisch nicht?“
    Ich bin sicher nicht der Einzige, den sie einwickelt , dachte Sando, doch er scheute sich, es laut zu sagen.
    Mit betonter Sachlichkeit teilte er stattdessen mit: „So ein Turban gelingt mir inzwischen auch.“
    „Gratuliere, Sando! Da musst du aber fleißig geübt haben.“
    Vom Arztwagen her mahnte die Hupe zur Eile.
    „Ich muss los!“, sagte Fatima. „Alles Gute für dich und vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“
    Sie schenkte ihm zum Abschied wieder dieses berückende Lächeln, mit dem sie ihn anfangs begrüßt hatte, und schritt mit der Arzttasche davon.
    Sando winkte ihr nach. Fatima , dachte er. Sie war ein ganz anderer Typ als Maria, schwarz und geheimnisvoll, als wäre sie einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht entsprungen.
    „Du, Sando?“, meldete sich Ben aus seiner Kokontasche. „He, Sando! Wie hast du die junge Frau eben genannt?“
    Sando riss seinen Blick von Fatima, die gerade Doktor Fasins Auto bestieg, und bemerkte, dass Ben ungewöhnlich bleich für eine durchsichtige Seele war. Er blickte dem entschwindenden Wagen des Arztes nach und rutschte unruhig in seiner engen Behausung umher.
    „Das war Fatima, die Mitarbeiterin von Doktor Fasin“, sagte Sando.
    „Bist du dir sicher?“
    „Ganz sicher. Warum fragst du?“
    „Ich könnte schwören, dass es Djamila war! Erinnerst du dich an das Mädchen in meinem Vaterhaus?“, zirpte Ben aufgeregt. „Diese Fatima war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.“
    „Ich weiß nicht“, erwiderte Sando. „In deinem Traum habe ich Djamila kaum richtig gesehen. Sie hatte immer einen Schleier vor dem Gesicht.“
    „Sando, glaub mir, Fatima und Djamila sind ein und dieselbe Person!“
    Sando war nicht überzeugt davon, wusste er doch, dass Ben schon seit Jahrhunderten nach Djamila suchte, und es wäre kein Wunder gewesen, wenn

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