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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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und strich mir über die Haare, wie Nim es manchmal tat, „Sie sind sehr naiv. Sie haben meine Warnung nicht verstanden, aber Saul sehr wohl. Als Sie weg waren, kam er aus einer dunklen Ecke hervor und griff mich an. Da wußte ich, er hatte genug gehört, und dadurch war nun auch Ihr Leben in allergrößter Gefahr. Ich nahm die Aktenmappe an mich, damit seine Leute nichts von Ihrer Anwesenheit erfahren würden. Meine Kontaktperson hatte in meinem Hotel hinterlassen, wie und wo ich Ihnen die Aktenmappe zurückgeben konnte.“
„Aber woher wußten Sie...“, begann ich.
Solarin lächelte und fuhr mir noch einmal durch die Haare. Der Empfangschef kam uns entgegen und begrüßte uns. Solarin drückte ihm einen Hundertdinarschein in die Hand. Der Mann und ich waren sprachlos. In einem Land, in dem fünfzig Cent als gutes Trinkgeld galten, würden wir mit Sicherheit den besten Tisch bekommen, dachte ich, als wir dem Mann durch den Eingang in das große Zelt folgten.
Man hatte Strohmatten auf den Sandboden gelegt und darüber große persische Teppiche. Die Zuschauer saßen an niedrigen runden Tischen auf bunten Sitzkissen mit vielen winzigen Spiegeln. Palmen in Kübeln und phantasievolle Gebilde aus Straußen- und Pfauenfedern, die im sanften Licht schillerten, trennten die Sitzgruppen voneinander und boten den Gästen eine gewisse Intimität. Durchbrochene Messinglampen hingen vom Zeltdach herab und warfen seltsame tanzende Lichtflecken, die von den Spiegeln der Sitzkissen reflektiert und verstärke wurden. Man hatte das Gefühl, ein Kaleidoskop zu betreten.
In der Zeltmitte befand sich eine große, runde, von Scheinwerfern angestrahlte Bühne. Dort spielten Musiker eine wilde, leidenschaftliche Musik, wie ich sie noch nie gehört hatte. Sie hatten lange, ovale Messingtrommeln, große Sackpfeifen aus Tierhäuten, an denen noch das Fell hing, Flöten, Klarinetten und zahllose Glöckchen. Die Musiker bewegten sich beim Spielen in seltsamen Kreisbewegungen.
Man führte Solarin und mich zu einem Kupfertisch direkt an der Bühne. Wir setzten uns auf die weichen Sitzkissen. Die laute Musik machte weitere Fragen unmöglich. Also dachte ich nach, während er schreiend bei einem Kellner etwas zu trinken bestellte.
Was war das für eine Formel, die Hermanold wollte? Wer war die Frau bei den Tauben, und wieso wußte sie, wo Solarin mich finden und mir die Aktenmappe zurückgeben konnte? Was für Geschäfte hatte Solarin in New York? Ich hatte Sauls Leiche auf dem Stein gesehen. Wie war sie in den East River gekommen? Und schließlich: Was hatte das alles mit mir zu tun?
Unsere Drinks wurden serviert, als die Musiker gerade eine Pause machten. Der Kellner brachte zwei große Schwenkgläser mit gewärmtem Amaretto und eine Teekanne mit einer langen Tülle. Er goß den Tee in winzige Gläser auf kleinen Untertassen, die er weit von sich weg hielt. Der dampfende Tee lief in einem dünnen Strahl und in hohem Bogen aus der Kanne und in die Gläser, ohne daß ein Tropfen danebenging. Als der Kellner gegangen war, prostete Solarin mir mit seinem Glas Minztee zu.
„Auf das Spiel“, sagte er mit einem geheimnisvollen Lächeln.
Ich erstarrte. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, log ich und dachte an Nims Rat, jeden Angriff mit einem Gegenangriff abzuwehren. Was wußte Solarin über das verdammte Spiel?
„Natürlich, meine Liebe“, sagte er leise, griff nach meinem Schwenkglas und setzte es mir an die Lippen. „Denn sonst säßen wir nicht zusammen hier bei einem Drink.“
Der goldgelbe Likör schmeckte gut. Ein paar Tropfen liefen mir über das Kinn. Solarin lächelte und wischte sie mit einem Finger ab. Dann stellte er das Glas wieder auf den Tisch. Er sah mich nicht an, aber sein Kopf war mir so nahe, daß ich jedes seiner geflüsterten Worte verstand.
„Es ist das gefährlichste aller Spiele“, murmelte er leise, „und jeder von uns wurde für die Rolle ausgewählt, die er spielt...“
„Was soll das heißen, ausgewählt?“ fragte ich, aber noch ehe er antworten konnte, kehrten die Musiker unter lautem Schlagen der Zymbeln und Kesseltrommeln auf die Bühne zurück.
Ihnen folgten Tänzer, die an Kosaken erinnerten. Sie trugen blaßblaue Samtjacken über weiten Hosen, die in die hohen Stiefel gestopft waren und sich unter den Knien bauschten. Um die Taille trugen sie dicke, geflochtene Kordeln mit Quasten, die von ihren Hüften baumelten und wippten, während sie zu einem langsamen, exotischen Rhythmus tanzten. Die

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