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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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dieser Fluß ein Rinnsal, und im Flußbett liegen nur Kieselsteine.“
„Wie lange dauert hier der Hochsommer? Vermutlich eine Viertelstunde“, stieß ich mit trockenem Mund hervor, während der Wagen quietschend und knarrend weiterrollte. Etwas schlug plötzlich gegen einen Brückenpfeiler, und die ganze Konstruktion schwankte wie bei einem Erdbeben. Kamel trat auf die Bremse, und ich klammerte mich an die Armlehne, bis es aufhörte.
Als die Vorderräder des Citroens festen Boden erreicht hatten, begann ich wieder zu atmen. Aber ich betete trotzdem, bis auch die Hinterräder die Erde berührten. Kamel trat auf die Bremse und strahlte mich an.
„Was Frauen von Männern verlangen“, sagte er. „Und das alles nur, um ein bißchen einzukaufen!“
Der Wagen war zu schwer für den sumpfigen Boden im Tal. Deshalb stiegen wir an einer Kreuzung kurz hinter der Brücke aus. Ziegenpfade zogen sich kreuz und quer durch das hohe, rauhe Gras.
„Wie schön, daß ich zufällig die richtigen Wanderschuhe anhabe“, murmelte ich mit einem wehmütigen Blick auf die dünnen Goldsandalen, die zu nichts taugten.
„Etwas Bewegung wird Ihnen guttun“, erklärte Kamel, „die Frauen der Kabylen legen die Strecke täglich mit zentnerschweren Lasten auf dem Rücken zurück.“ Er lachte.
„Ich muß Ihnen wohl glauben, weil ich Ihr Lächeln mag“, sagte ich. „Es gibt keine andere Erklärung dafür, daß ich das auf mich nehme.“
„Wie kann man einen Beduinen von einem Kabylen unterscheiden?“ fragte er, als wir durch das nasse Gras stapften.
Ich fragte lachend: „Ist das ein Witz?“
„Nein, ich meine es ernst. Ein Beduine zeigt beim Lachen nie die Zähne. Es gilt als unhöflich, mehr als die Vorderzähne zu zeigen - und bedeutet Unglück. Denken Sie bei ElMarad daran.“
„Ist er kein Kabyle?“ fragte ich. Wir überquerten jetzt das dunkle, flache Flußtal. Aïn Kaabah ragte im letzten Sonnenlicht vor uns auf.
„Das weiß niemand“, sagte Kamel und bahnte mir den Weg. „Er kam vor vielen Jahren in die Kabylei - ich habe nie erfahren, von woher - und ließ sich in Aïn Kaabah nieder. Er ist ein geheimnisvoller Mann von noch geheimnisvollerer Herkunft.“
„Sie scheinen nicht viel von ihm zu halten“, bemerkte ich.
Kamel ging schweigend weiter. „Es fällt mir schwer, einen Mann zu schätzen“, sagte er schließlich, „den ich für den Tod meines Vaters verantwortlich mache.“
„Tod?“ rief ich und ging etwas schneller, um ihn einzuholen. „Was wollen Sie damit sagen?“ fragte ich.
„El-Marad und mein Vater hatten ein gemeinsames Geschäft. Mein Vater fuhr zu Verhandlungen nach England. Er wurde in London auf der Straße überfallen und ermordet.“
„Also war dieser El-Marad nicht direkt daran beteiligt“, sagte ich und trat neben ihn.
„Nein“, sagte Kamel, „er bezahlte sogar meine Ausbildung mit den Gewinnen aus dem Anteil meines Vaters, damit ich in London bleiben konnte. Ich habe mich nie bei ihm dafür bedankt. El-Marad gab das Geschäft nicht auf. Er wird sehr überrascht sein, mich heute zu sehen.“
„Warum machen Sie ihn für den Tod Ihres Vaters verantwortlich?“ fragte ich.
Kamel wollte nicht darüber sprechen. Jedes Wort zu diesem Thema fiel ihm offenbar schwer. „Ich weiß es nicht“, sagte er ruhig. „Vielleicht glaube ich, er hätte anstelle meines Vaters nach London fahren sollen.“
Wir schwiegen auf dem Rest des Wegs. Der Pfad nach Aïn Kaabah wand sich wie eine Spirale den Berg hinauf. Man brauchte eine halbe Stunde bis zum Gipfel; auf den letzten fünfzig Metern bestand der Weg aus in Fels gehauenen, ausgetretenen Stufen.
„Wovon leben die Leute hier?“ fragte ich, als wir keuchend oben waren.
„Sie knüpfen Teppiche“, erwiderte Kamel, „und handeln mit Silberschmuck. Man findet hier Halbedelsteine und Edelsteine - Karneole und Opale und auch ein paar Türkise. Alles andere wird an der Küste gekauft.“
Durch das Dorf führte eine lange, nicht asphaltierte Straße. Auf beiden Seiten standen verputzte Häuser. Wir blieben vor einem großen Haus mit einem Schilfdach stehen. Störche hatten auf dem Schornstein ein Nest gebaut und standen auf dem Dach.
„Das Haus des Webers“, sagte Kamel.
Die Sonne war inzwischen untergegangen. Eine märchenhafte zartblaue Dämmerung brach herein, aber es wurde empfindlich kühler. Ein paar Eselkarren mit Heu rollten die Straße entlang, und kleine Ziegenherden strebten den Ställen zu.
Am anderen Ende des Dorfs blieb Kamel vor einem großen

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