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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Verbindung zu haben, sondern in den Wolken zu hängen. Tiefe Schluchten zu beiden Seiten. Verschneite Berggipfel tauchten wie Stalagmiten aus dem Talboden auf. Ein heftiger Wind heulte um die schwarzen Felswände, wirbelte Schnee über den Weg und behinderte die Sicht. Ich hätte Kamel am liebsten gebeten umzukehren, aber es gab keinen Platz zum Wenden.
Meine Beine zitterten. Ich stemmte die Füße gegen den Wagenboden, um mich auf den Schock vorzubereiten, wenn der Citroen aus der nächsten Kurve schießen und ins Nichts fliegen würde. Kamel fuhr immer langsamer, bis wir schließlich im Schrittempo vorwärts krochen.
Merkwürdigerweise wurde der Schnee immer höher, je tiefer wir ins Tal kamen. Hin und wieder sahen wir hinter einer Haarnadelkurve einen umgestürzten Heuwagen oder ein LkwWrack an der Straßenseite.
„Mein Gott, es ist Juni!“ stöhnte ich, als Kamel vorsichtig um eine besonders hohe Schneewehe herumsteuerte.
„Noch schneit es nicht“, sagte er ruhig, „es weht nur ein bißchen ...“
„Was meinen Sie mit ‘noch nicht’?“ fragte ich.
„Ich hoffe, die Teppiche werden Ihnen gefallen“, sagte Kamel mit einem trockenen Lächeln, „denn diese Teppiche werden Sie vielleicht mehr als Geld kosten. Selbst wenn es nicht anfängt, richtig zu schneien, selbst wenn die Straße nicht plötzlich abrutscht, selbst wenn wir Tikjada vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, müssen wir noch immer die Brücke überqueren. ‘
„Vor Einbruch der Dunkelheit?“ flüsterte ich und warf einen Blick auf die hübsche, aber völlig nutzlose Karte der Kabylei. „Also danach ist Tikjada nur noch fünfundvierzig Kilometer entfernt - und die Brücke ist kurz dahinter.“
„Ja“, stimmte mir Kamel zu, „aber Karten zeigen nur die horizontalen Entfernungen. Zweidimensional sieht alles sehr nah aus. Aber in Wirklichkeit kann das ganz anders sein.“
Wir erreichten Tikjada um sieben Uhr abends. Die Sonne, die gnädigerweise doch noch zum Vorschein kam, balancierte auf dem letzten Grat und wollte gerade hinter dem Rif versinken. Für die fünfundvierzig Kilometer hatten wir drei Stunden gebraucht. Kamel hatte mir Aïn Kaabah auf der Karte dicht neben Tikjada eingezeichnet. Es sah aus, als könne man bequem zu Fuß dort hinlaufen. Aber auch das stellte sich als Irrtum heraus.
In Tikjda nahmen wir uns nur Zeit zum Tanken. Das Wetter sah wieder besser aus; der Himmel überzog sich zartrosa, die Luft war samtig, und in der Ferne hinter hohen Schirmtannen zog sich ein dunkelblaues Tal durch das weite Land. In seiner Mitte, etwa acht oder auch zehn Kilometer entfernt, erhob sich im Purpur und Gold der sinkenden Sonne ein riesiger, quadratischer Berg mit einem flachen Gipfel. Er stand völlig allein in dem breiten Tal.
„Aïn Kaabah“, sagte Kamel mit einer Geste durch das Wagenfenster.
„ Dort oben?“ rief ich. „Aber ich sehe keine Straße...“
„Es gibt keine Straße - nur einen Saumpfad“, erwiderte Kamel. „Er führt ein paar Kilometer durch sumpfiges Gelände im Tal, und dann geht es hinauf. Aber zuvor müssen wir noch über die Brücke.“
Die Brücke lag nur acht Kilometer hinter Tikjada, aber unten im Tal. In der Dämmerung war die Sicht an sich schon schwierig, aber durch die Schatten, die die hohen Felswände warfen, konnte man kaum etwas sehen. Rechts von uns war es im Tal noch heller Tag, und die Sonne verwandelte den Berg Aïn Kaabah in massives Gold. Direkt vor uns gähnte ein Abgrund, in dem die Straße verschwand. Als Kamel ungerührt darauf zufuhr, stockte mir der Atem, und ich dachte nur noch: Jetzt ist es vorbei! Der unbefestigte Weg führte auf einer halsbrecherischen Todesbahn geradewegs nach unten bis fast zur Talsohle. Aber etwa hundert Meter darüber spannte sich die Brücke über einen reißenden Fluß. Kamel trat auf die Bremse.
Es war eine wacklige und gebrechliche Brücke aus Holzstämmen. Sie hätte zehn, aber auch hundert Jahre alt sein können und wölbte sich hoch und so schmal über die gurgelnden Wassermassen, daß kaum ein Wagen darauf Platz hatte - möglicherweise würde der Citroen auch der letzte sein. Das Wasser riß und zerrte an den unsichtbaren Stützpfeilern.
Auch Kamel schien ein Stoßgebet zu sprechen, ehe er den schwarzen Ministerwagen behutsam zur Auffahrt lenkte. Ich spürte, wie die Brücke unter dem Gewicht nachgab.
„Sie werden es kaum glauben“, flüsterte Kamel, als könnten die Schwingungen seiner Stimme der Brücke den Rest geben, „aber im Hochsommer ist

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