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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Meer gekommen waren. Er trug rituelle Gewänder - vielleicht als Schutz. Er bewegte Hebel - vielleicht steuerte er ein Schiff oder er zerkleinerte Chemikalien in einem Mörser. Und schließlich, nach vielen, vielen Verwandlungen war das große Werk vollbracht. Er verließ seinen Stuhl und trat neben die Weiße Göttin. Zum Lohn für seine Mühen war er nun gekrönt mit den heiligen gewundenen Hörnern des Mars - Mars, der Gott des Krieges und der Zerstörung -, er war ein Gott geworden.
    „Ich verstehe“, sagte Mireille laut, das Echo ihrer Stimme hallte von Wand zu Wand und zerriß das Sonnenlicht.
In diesem Augenblick spürte sie zum ersten Mal den Schmerz. Sie krümmte sich, als der qualvolle Stich sie durchzuckte; Schahin hielt sie fest und half ihr dann, sich zu setzen. Kalter Schweiß trat Mireille auf die Stirn. Ihr Herz schlug wie rasend. Schahin löste die Tücher von seinem Gesicht und legte die Hand auf ihren Leib, als die zweite Wehe ihren Körper erbeben ließ.
„Es ist soweit“, sagte er leise.
    Hoch oben auf dem Felsen über Tamrit konnte Mireille in einem Umkreis von mehr als dreißig Kilometern die Wüste überblicken. Sie hatte den weichen Stoff ihres Kaftans aufgebunden und stillte das Kind. Wie Schahin vorausgesagt hatte, war es unter den Augen der Göttin geboren worden - und es war ein Junge! Sie hatte ihn nach ihrem Falken Charlot genannt. Der Kleine war jetzt schon beinahe sechs Wochen alt.
    Am Horizont sah sie rötliche Staubwolken - es waren Reiter von Bahr-al-Asrak. Wenn sie die Augen zusammenkniff, konnte sie vier Männer auf Kamelen ausmachen, die eine hohe Düne hinunterglitten wie kleine Holzstücke, die von einer hohen Welle erfaßt werden. Die Hitze über der Düne zauberte seltsame flirrende Muster, hinter denen die Gestalten verschwanden.
    Sie würden erst in einem Tag Tamrit erreichen, das noch fern in den Schluchten des Tassili lag. Aber Mireille mußte nicht auf ihre Ankunft warten. Sie wußte, diese Männer suchten sie. Sie spürte es schon seit vielen Tagen. Sie drückte ihrem Sohn einen Kuß auf den kleinen Kopf und legte ihn in die Schlinge, die sie um den Hals trug. Dann stieg sie langsam die Anhöhe hinunter. Sie wußte, der Brief würde kommen - wenn nicht heute, dann doch sehr bald: der Brief der Äbtissin von Montglane, die ihr befahl zurückzukommen.

KABYLEI Juni 1973
    Kamel und ich fuhren also in die Zauberberge, in die Kabylei. Je weiter wir in die Einsamkeit vordrangen, desto mehr verlor ich den Bezug zur Wirklichkeit.
Seit sieben Wochen fütterte ich die großen Computer von Sonatrach mit Daten über alle erdenklichen Wirtschaftszweige. Ich hatte sogar Therese gewonnen, mir zu helfen, amtliche Statistiken über die Rohölförderung und den Rohölverbrauch in anderen Ländern zu sammeln, damit ich Handelsbilanzen analysieren und miteinander vergleichen konnte. Erst das ermöglichte Aussagen darüber, wo ein Rohöllieferungsstopp am schwersten zu verkraften war. Ich hatte Kamel erklärt, das alles sei kein Kinderspiel in einem Land, in dem die Hälfte aller Telefongespräche über einen Schaltschrank aus dem Ersten Weltkrieg liefen. Aber ich wollte tun, was in meinen Kräften stand.
Andererseits schien ich von meinem eigentlichen Ziel, dem Montglane-Schachspiel, weiter entfernt zu sein denn je. Ich hörte nichts von Solarin oder seiner geheimnisvollen Wahrsagerin. Therese schickte alle Nachrichten, die ich mir ausdachte, an Nim, Lily und Mordecai - keine Reaktion. Ich schien unter einer totalen Informationssperre zu stehen. Und Kamel hatte mich so gut mit Arbeit eingedeckt, daß ich fast den Verdacht hatte, er wisse, was ich plante. An diesem Morgen jedoch war er plötzlich im Hotel erschienen und hatte mich zu der versprochenen Fahrt eingeladen.
„Sie sind hier in der Gegend aufgewachsen?“ fragte ich und kurbelte das Fenster mit den getönten Scheiben herunter, um besser sehen zu können.
„Im Hinterland“, erwiderte Kamel. „Die meisten Dörfer liegen hoch oben in den Bergen. Man hat von dort einen herrlichen Ausblick. Hatten Sie nicht ein besonderes Ziel? Oder soll ich einfach die große Runde fahren ?’
„Ach ja, ich würde gerne einen Antiquitätenhändler besuchen - ich habe es dem Freund eines Kollegen in New York versprochen. Ich möchte mir das Geschäft gerne ansehen, wenn es kein allzu großer Umweg ist“, sagte ich so unbestimmt wie möglich, da ich wirklich sehr wenig über Llewellyns Kontaktmann wußte. Das Dorf war auf der Karte nicht zu

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