Katie und der Dom
ihm dabei tief beschämt und unter Tränen ihre wahren Gefühle gestanden hatte. Und natürlich vor allem um den Moment, als sie ihm auf die Handfläche und er ihr sanft auf den Hinterkopf geküsst hatte.
Immer wieder musste sie mit aller Macht gegen den Wunsch ankämpfen, ihn anzurufen und Lori alles zu beichten, doch deren Klischee-Dreschmaschine lief ohnehin schon auf Hochtouren. Demnach hatte Katie sich spätestens jetzt eine „wirklich heftige Suppe eingebrockt“, und obwohl Lori nicht als der „ungläubige Thomas“ dastehen wollte, klopfte sie geschickt auf den Busch, indem sie so tat, als ob sie das Ganze nur für unbedeutenden „Schall und Rauch“ hielt.
Also verbrachte Katie die gesamte Woche wie hinter einem dichten Nebelschleier. Stoisch wie ein Roboter ging sie zur Arbeit und wieder nach Hause und schaute dabei zigmal pro Stunde auf ihr Handy, weil sie glaubte, dass er sie jeden Moment anrufen würde – nur um im nächsten Moment wieder in tiefster Verzweiflung zu versinken, wenn plötzlich wieder diese furchtbare Ahnung in ihr hochstieg, dass er sie wahrscheinlich niemals anrufen würde. Wenigstens profitierte davon ihre Figur, denn vor lauter Aufregung hatte sie in dieser Woche kaum etwas gegessen und dadurch bereits anderthalb Kilo verloren. Sie konnte sich einfach auf nichts Anderes mehr konzentrieren.
„Na du!“
Er ist es.
Sie schaute angestrengt durch die Bücherstapel, um den genauen Ursprung der Stimme ausfindig zu machen und entdeckte Liam schließlich zwischen den dicken Buchrücken der Romane von Dean Koontz und Stephen King. Ihr Herz schlug vor Aufregung bis zum Hals, und ihre Hände fühlten sich plötzlich ganz kalt und feucht an.
„Hi“, erwiderte sie mit schwacher Stimme, während sie immer noch überlegte, ob sie ihn gerade wirklich vor sich sah oder ob sie bereits halluzinierte.
„Ich suche ein bestimmtes Buch.“ Er schob sich an den Bücherstapeln vorbei, wobei seine breiten Schultern beinahe die Regale zu beiden Seiten des Gangs berührten.
Sie richtete sich pflichtbewusst auf und schaltete in den Bibliothekarinnen-Modus. „Welches denn?“
„ Beschützen und Dienen – der Ratgeber für den perfekten Dom “
Katie runzelte die Stirn, während sie in Gedanken einen ganzen Katalog von Büchern durchging, die sie bereits zu diesem Thema gelesen hatte – und das waren nicht eben wenige. „Wie heißt denn der Autor?“
„Liam Quinn.“
Sie schaute ihn blinzelnd an. „Du hast ein Buch geschrieben?“
„Schon gut, hier ist es.“ In seinem Gesicht blitzte ein unglaublich anziehendes Lächeln auf, während er ihr ein gebundenes Buch präsentierte, auf dessen Titelseite eine nackte Frau posierte. Man konnte dort aus seitlicher Perspektive ihren Rücken, ihren Hintern, ihre Brüste und ihre Hände sehen, die hinter ihrem Rücken gefesselt waren.
„Das ist aber keines von unseren Büchern.“ Sie wusste es, noch bevor sie den Buchrücken vergeblich nach einer darauf angebrachten Signatur absuchte. Es hätte sie auch gewundert, da in ihrer Bibliothek strenge Vorschriften für Bücher mit Abbildungen von Nackten auf dem Einband herrschten. Allein schon aus diesem Grund hatte sie sich die meisten BDSM-Bücher bei Amazon bestellt.
„Richtig.“ Er hielt ihr das Buch jetzt direkt vor die Nase. „Das ist für dich.“
Von diesem Buch hatte sie bislang noch gar nichts gehört, aber das war auch nicht verwunderlich. Schließlich gab es Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Büchern zu diesem Thema.
„Es wird seit einiger Zeit nicht mehr gedruckt und ist komplett vergriffen“, gab er unumwunden zu. „Aber ich habe noch ein paar Autorenexemplare übrig. Vielleicht wird dieses Exemplar sogar irgendwann zu einem echten Sammlerstück.“
„Vielen Dank.“ Sie schlug das Buch auf und sah zwei Dinge: ein Foto von Liam mit verschränkten Armen relativ weit unten auf dem Schutzumschlag und ihren Namen, der zusammen mit einer Widmung mit Edding auf die Titelseite geschrieben war.
Für Katie.
Zu Diensten.
Liam
Sie sah überrascht zu ihm auf. „Bist du deshalb hergekommen...? Um mir dein Buch zu schenken?“
„Das auch, aber eigentlich wollte ich dich zum Essen einladen.“ Obwohl er es nicht als Frage formuliert hatte, konnte sie spüren, dass er auf ihre Antwort lauerte, während er ihr unablässig ins Gesicht schaute, als ob er sie mit seinen Blicken verschlingen wollte. Sie tätschelte kurz ihr hochgebundenes Haar und rückte ihre Lesebrille auf der Nase
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