Katrin mit der großen Klappe
wieder seinem Buch zu.
„Entschuldige bitte!“ brachte
Olga kaum hörbar heraus.
„So ist’s recht, Kleine!“
Hartmut zauste ihr herablassend die roten Locken. „Also paß auf, du weißt doch,
daß ich in den Ferien bei der Tankstelle von Herrn Schnittgen aushelfe. Na, und
genau da lassen die Weikerts meistens ihre beiden Autos auftanken. Sie haben
einen Mercedes 220 mit Automatik und einen VW-Kombi, der meistens von einer Hausangestellten
namens Anette gefahren wird. Jetzt überzeugt?“
„Überhaupt nicht“, erklärte
Olga. „Katrins Mutter fährt einen Opel. Den haben wir nämlich gesehen, als wir
fortgingen.“
„Kann schon sein, aber Katrins
Mutter wohnt ja auch gar nicht in der Villa am Heckenrosenweg, das versuche ich
dir doch die ganze Zeit zu erklären. Es gibt nur ein einziges Kind dort, und
das ist die Enkelin der Köchin oder Haushälterin oder was auch immer, ein
mageres Mädchen mit schwarzen Augen und schwarzem Haar. Na, sagt dir das was?“
„Ich kann es nicht glauben!“
„Na, dann läßt du es eben
bleiben“, erklärte Hartmut ungerührt, denn er hatte das Gefühl, sich ohnehin
schon viel zu lange mit seiner kleinen Schwester befaßt zu haben.
Olga glaubte ihm wirklich
nicht, aber sie war dennoch alarmiert. Gleich am nächsten Tag lief sie zu Silvy
und berichtete, was ihr Bruder ihr erzählt hatte.
Silvy war sofort brennend
interessiert, denn sie konnte es nicht verwinden, daß Katrin es verstanden
hatte, sich bei den Freundinnen in den Vordergrund zu spielen. „Das wäre ein
Ding! O je, das sähe Katrin ähnlich! Ich habe immer gesagt, so einer Angeberin
ist alles zuzutrauen!“
„Aber wie sollen wir
herausbekommen, ob es stimmt?“
„Wir sagen es ihr einfach auf
den Kopf zu.“
Olga schüttelte ihre roten Locken.
„Sinnlos. Katrin würde bestimmt was einfallen, um sich herauszureden. Selbst
dann, wenn mein Bruder recht hätte!“
„Auf alle Fälle müssen wir es
den anderen erzählen“, sagte Silvy. Das taten sie dann auch. Erst holten sie
Ruth ab, und dann zogen sie alle zusammen zu Leonore.
Leonore trat als einzige
energisch für Katrin ein. „Quatsch“, sagte sie. „So was gibt es nicht! Du hast
dir einen Bären aufbinden lassen, Olga!“
„Ich habe ja nicht behauptet,
daß es stimmt, sondern nur, daß mein Bruder sagt... aber, bitte, wenn ihr so
seid, werde ich euch in Zukunft überhaupt nichts mehr erzählen!“
Und Leonore, die sonst Olga
immer zu besänftigen pflegte, wenn sie ihren Bock bekam, sagte diesmal: „Es
wäre wirklich besser, du würdest den Mund halten, wenn du nichts Vernünftigeres
weißt.“
„Ich könnte es mir doch
vorstellen“, piepste Rutchen. „Mir ist das damals alles so komisch
vorgekommen... daß sie ganz allein im Haus war und so.“ Und nicht ohne eine
gewisse Bewunderung fügte sie hinzu: „Überhaupt, Katrin ist alles zuzutrauen!“
Die Mädchen hockten in Leonores
freundlichem Mansardenzimmer zusammen und redeten hin und her.
Plötzlich piepste Ruth: „Ich
habe eine Idee! Wir brauchen ja bloß im Telefonbuch nachzusehen, dann wissen
wir Bescheid!“
„Aber wieso denn!?“ widersprach
Olga begriffsstutzig. „Wenn Katrins Vater sich ganz anders nennt...“
Silvy tippte sich
beziehungsvoll an die Stirn. „Quatsch! Wir brauchen ja nur unter... na, wie
sagte dein Bruder doch noch, daß die Leute wirklich heißen?“
„Weikert!“ sagte Olga, viel zu
aufgeregt, um beleidigt zu sein. „Also, sehen wir eben unter Weikert nach!“
rief Silvy, die gleich so tat, als wenn sie den Gedanken zuerst gehabt hätte.
Alle vier donnerten die Treppe
hinunter und in Herrn Müllers Zimmer hinein, das um diese Tageszeit leer stand.
Olga und Silvy rissen sich gegenseitig das Telefonbuch fast aus den Händen,
aber es war Leonore, die sich durchsetzte.
„Halt!“ rief sie. „Ruth soll
nachsehen! Es war ihre Idee!“
Ruth war so aufgeregt, daß sie
kaum zurechtkam. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie endlich zum Buchstaben W
vorgedrungen waren, aber dann hatten sie bald entdeckt, was sie suchten:
„Weikert, Albert, Fabrikant, Heckenrosenweg 17, Tel.: 51721.“ Die Mädchen
starrten sich an, geradezu überwältigt, daß es ihnen tatsächlich gelungen war,
Katrin auf die Schliche zu kommen.
„Bitte“, sagte Leonore,
„schauen wir doch auch noch mal unter Bär nach!“
Sie fanden zwar eine ganze
Menge Bären, aber keinen, der im Heckenrosen weg wohnte.
Jetzt waren sie alle überzeugt,
der Wahrheit auf die Spur gekommen zu
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