Katrin mit der großen Klappe
meinst, sie haben nicht
gespürt, daß etwas nicht stimmte?“ Als Katrin auf diese Frage keine Antwort
wußte, setzte ihre Mutter hinzu: „Es ist immer gefährlich, Partys zu geben,
ohne daß jemand dabei ist, vor dem die Gäste ein bißchen Respekt haben.“
„Das glaube ich nicht, Mutti“,
widersprach Katrin, „wir sind doch schließlich keine kleinen Kinder mehr.“
„Aber du hast doch gemerkt, daß
es schief gegangen ist! Das kann sogar bei Erwachsenen passieren, wenn niemand
das Fest unter Kontrolle hält.“
„Ah, wirklich?“ sagte Katrin
beeindruckt. „Das habe ich nicht gewußt.“
Sie war sehr, sehr froh, daß
die Mutter ihren Schwindel nicht durchschaute.
Frau Bär schalt überhaupt
nicht, nicht einmal über die zerbrochene Schüssel. „Die ist aus einem
Seriengeschirr“, sagte sie, als sie die Scherben im Papierkorb fand. „Die
können wir leicht ersetzen!“
„Von meinem Taschengeld“, sagte
Katrin sofort.
„Darüber läßt sich reden!“
erwiderte Frau Bär.
„Ach, Mutti“, sagte Katrin,
„wenn du doch bloß nicht so schrecklich gut wärst!“
„Weil ich nicht schimpfe,
meinst du? Ich bin ja froh, daß nichts Schlimmeres passiert ist. Was glaubst
du, was ich mir vorgestellt habe, als niemand auf mein Klingeln öffnete?“
„Bist du über den Zaun
gestiegen?“
„Natürlich. Was blieb mir denn
anderes übrig? Und dann, als ich zum Haus kam und den Lärm hörte und die
Musik... also, da wußte ich gar nicht mehr, was ich denken sollte!“ Frau Bär
blickte ganz verdutzt auf das Bild des amerikanischen Western-Stars im
Silberrahmen. „Nanu“, sagte sie, „schwärmen Weikerts denn für
Filmschauspieler?“
Katrin blieb das Herz stehen,
sie wagte ihre Mutter nicht anzusehen, als sie sagte: „Nein, das habe ich
gemacht! Das hat nichts weiter zu bedeuten, Mutti, bloß ein Witz! Ich bringe es
gleich wieder in Ordnung!“
Frau Bär schwankte zwischen
Seufzen und Lachen. „Und du willst kein Kindskopf mehr sein, Katrin? Jetzt
beeil dich aber und zeig mir, wo der Staubsauger steht!“
In einer knappen halben Stunde
waren Frau Bär und Katrin mit allem fertig. Katrin dachte sogar noch daran, die
Ölheizung wieder abzustellen, und als sie dann neben ihrer Mutter im Auto saß,
da schien auf einmal alles, was sie in der letzten Zeit erlebt und angestellt
hatte, ganz unwichtig. Hauptsache, sie war endlich wieder mit ihrer Mutter
zusammen, die Ferien lagen vor ihr und das Weihnachtsfest!
Es wurde alles genauso schön,
wie Katrin es sich vorgestellt hatte. Sie machten es sich gemütlich und
verlebten eine herrliche Zeit.
Wenn Katrin allerdings gewußt
hätte, was sich inzwischen bei den Mädchen von der Parkschule tat, sie hätte
die Zeit mit ihrer Mutter wohl kaum so sorglos genossen.
Es war Hartmut, Olgas ältester
Bruder, der den Stein ins Rollen brachte, ohne sich darüber klar zu sein, was
er damit anrichtete.
„Übrigens“, sagte er eines
Abends, kurz nach den Feiertagen, und machte es sich mit einem dicken Schmöker
in einem Sessel bequem, „deine Freundin Katrin scheint ja ein rechter Spaßvogel
zu sein!“
„Wieso denn?“ gab Olga leicht
pikiert zurück..
„Na eben, weil sie euch
angeschmiert hat. Ich weiß jetzt, wer in der Villa Heckenrosenweg 17 wohnt: ein
Ehepaar Weikert, zwei steinreiche alte Leute, die nie was mit Film zu tun
gehabt haben.“
„Du lügst!“ entfuhr es Olga.
Hartmut ließ sein Buch sinken.
„Na, höre mal, was für einen Ton erlaubst du dir denn?“
„Weil es einfach nicht wahr
ist, was du sagst!“ protestierte Olga mit hochrotem Kopf.
Ulrich, ihr zweiter Bruder,
packte sie im Nacken und schüttelte sie leicht. „Du spinnst wohl, Rotkopf“,
sagte er. „Wirst du dich wohl sofort bei Hartmut entschuldigen?“
„Hartmut darf meine Freundinnen
nicht schlechtmachen!“ rief Olga, mit Tränen in den Augen.
„Davon kann ja keine Rede
sein“, erklärte der große Bruder friedlich. „Ich erzähle dir nur, was ich
zufällig erfahren habe. Ich dachte, es würde dich interessieren. Aber wenn du
nichts davon wissen willst, bitte, von mir aus. Ich kann auch schweigen.“ Er
tat so, als wenn er sich endgültig in sein Buch versenkt hätte.
Lange hielt Olga es nicht aus,
dann pirschte sie sich an ihn heran und flehte mit Überwindung: „Bitte,
Hartmut, erzähl’s mir doch!“ „Wie sagt man dann, Rotkopf?“
„Ach, Hartmut, laß das doch!
Schließlich bin ich kein Baby mehr!“
Hartmut zuckte nur die Achseln
und wandte die Augen
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