Katrin mit der großen Klappe
herum und macht bedröppelte
Gesichter? Paßt euch etwas nicht? Dann könnt ihr sofort gehen. Ich halte
niemanden!“
Tatsächlich wäre es Katrin
durchaus recht gewesen, wenn die andern sich jetzt verabschiedet hätten. Sie
hatte ihnen gezeigt, was sie sehen sollten, und das hätte ihr durchaus genügt.
Aber natürlich gingen sie
nicht, dazu gefiel es ihnen viel zu gut. Katrin bot Plätzchen an und holte die
Colaflaschen aus dem Kühlschrank, in den sie sie verstaut hatte. Sie legte die
andere Seite der Platte auf, half ihren Freundinnen, den Teppich zurückrollen,
als sie dann tanzen wollten — aber richtig tanzen konnte natürlich noch keine
von ihnen, es wurde mehr ein Herumgehopse, Gliederverrenken und Toben daraus.
Immerhin, es machte Spaß, die Mädchen kamen aus dem Lachen gar nicht mehr
heraus, und weil sie wußten, daß sie ganz allein im Hause waren, wurden sie
immer übermütiger.
Besonders Olga, die sonst
selten aus sich herausging, wurde so wild, daß Katrin es geradezu mit der Angst
zu tun bekam.
„Ich bitte dich, Olga, sei
nicht so wüst! Bitte, paß auf!“ rief sie wieder und wieder. „Silvy, warum
schreist du denn so mörderisch?“
„Spaßverderber!“ schrie Olga
ausgelassen zurück, und die roten Locken flogen um ihr erhitztes Gesicht.
„Hast du was dagegen, wenn wir
uns bei dir wohl fühlen?“ rief Silvy. „Dann hättest du uns gar nicht erst
einladen sollen!“
„Seht mal her, ich habe einen
neuen Tanz erfunden!“ piepste Rutchen und verdrehte sich wie eine Spirale.
Katrin kam sich vor wie jener
berühmte Zauberlehrling, der die Geister, die er beschworen hatte, nicht mehr
bändigen konnte.
Leonore versuchte ihr zu
helfen, aber sie erreichte auch nichts. „Seid doch etwas leiser!“ bat sie.
„Warum denn?“ rief Olga. „Es
hört uns ja doch niemand!“
„Aber wir... wir haben
schließlich auch Ohren!“
„Dann stopft sie euch zu!“
piepste Ruth.
Aber neue Tänze erfinden und
Frechheiten um sich schleudern, das war zu viel für ein so kleines Wesen wie
Ruth. Sie rutschte aus, versuchte ihren Sturz aufzuhalten, indem sie sich
festhielt, und zwar an Silvy, die ihr am nächsten war, erreichte aber nur
damit, daß sie Silvy mit sich zu Boden zog. Beide fielen gegen Olga, und Olga,
der Unglücksvogel, gegen einen kleinen Tisch, auf dem eine Schale mit Plätzchen
stand. Der Tisch geriet ins Wackeln, die Schale rutschte zu Boden und
zersprang.
Von einer Sekunde zur anderen
waren die Freundinnen ernüchtert.
„Oh weh!“ sagte Leonore und
sammelte die Scherben auf und sah sie zweifelnd an. „Vielleicht kann man sie
kleben?“
Ruth heulte. „Mein Knie! Ich
habe mir so weh getan!“
„Ach, sei du still!“ rief
Katrin erbittert. „Du bist ja schuld an allem!“
„Ich?“ Die hellen Tränen
sprangen aus Ruths Augen. „Ich konnte doch nichts dafür, ich bin ja
ausgerutscht!“
Silvys Gesicht verzerrte sich,
so daß es auf einmal ganz häßlich aussah. „Warum regst du dich denn auf,
Katrin? Ihr habt doch soooviel Geld! Was macht es da schon aus, wenn etwas
kaputtgeht?“
„Pfui, Silvy! Wie kannst du so
gemein sein!“ rief Leonore.
Silvy zuckte die schmalen
Schultern. „Gemein! Aber wieso denn? Es ist doch albern, sich wegen einer
zerbrochenen Schale so aufzuregen!“
Katrin hatte sich wieder
gefaßt. „Du hast recht“, sagte sie, „wirf die Scherben in den Papierkorb,
Leonore. Da ich euch kenne, habe ich vorsichtshalber sowieso nur das zweitbeste
Porzellan genommen!“
„Daß ich nicht lache!“ rief
Silvy. „Dann zeig uns mal das beste! Und überhauupt... wo sind deine schicken
Kleider? Zeig uns die mal!“
„Ach ja, bitte!“ rief Ruth und
vergaß vor Begeisterung sogar ihr verschrammtes Knie.
„Los, Katrin, worauf wartest du
noch?“ rief Olga, ebenfalls Teuer und Flamme.
Katrin stand wie zur Salzsäule
erstarrt. „Wenn ich gewußt hätte, daß ihr euch so benehmen würdet“, sagte sie
endlich, „hätte ich euch niemals eingeladen!“
„Warum denn nicht?“ — „Was ist
denn schon dabei, wenn wir deine Kleider sehen wollen?“ — „Hab dich doch nicht
so!“ riefen Olga, Ruth und Silvy durcheinander.
„Katrin hat ganz recht“, sagte
Leonore energisch. „Ihr benehmt euch unmöglich! Oder ist es bei euch so Sitte,
in die Schlafzimmer zu dringen, wenn ihr wo eingeladen seid?“
In diesem Augenblick war die
Schallplatte abgelaufen. Die Stille nach dem dröhnenden Lärm kam sehr
plötzlich. Und in diese Stille hinein wurde ein
Weitere Kostenlose Bücher