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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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schwebende Fälle, was für ein verdammter Blödsinn! Aber sie schluckte es anscheinend, und das war die Hauptsache.
    »Schade, aber das verstehe ich natürlich.«
    Wir erreichten die Terrasse. Busen und Arm nahmen wieder Abschied voneinander. Diesmal für länger, fürchtete ich. Sie rief die Haushälterin, die zu früh erschien, um einen längeren Weg hinter sich gebracht zu haben, und spät genug, um sich nicht dem Vorwurf der Neugier auszusetzen.
    »Was möchten Sie trinken?«, fragte Maria Lappé.
    »Eine Tasse Kaffee wäre fein«, antwortete ich.
    Sie bestellte für mich Kaffee und für sich selbst einen doppelten Whiskey-Soda mit viel Eis, dann setzten wir uns an und auf die Edelhölzer. Kaum zwei Minuten später kamen Drink und Kaffee.
    »Nun, Herr Katz, ich möchte Ihnen, wie schon gesagt, gerne ein Angebot machen«, sagte Maria Lappé, nachdem sie mir kurz zugeprostet und sich dann ungefähr das Doppelte dessen einverleibt hatte, was ich unter einem anständigen Schluck verstand. »Sie wollen doch in dieser lächerlichen Angelegenheit nicht wirklich ermitteln, oder? Was würden Sie davon halten, wenn Sie diesen ganzen Entführungsunsinn vergessen und ich Ihnen dafür eine kleine Entschädigung zahle? Für die Zeit, die Sie geopfert haben und natürlich für Ihre Auslagen.«
    »Ich hatte keine Auslagen, Frau Lappé. Und ich kann kein Geld dafür nehmen, dass ich etwas nicht tue. Oder etwas vergesse.«
    »Finden Sie nicht, dass Sie es mit Ihrer Berufsehre ein wenig übertreiben?«
    Der Ton sollte ironisch klingen, war dafür aber eine Spur zu schrill. So wie die Geste, mit der sie das Glas auf die Tischplatte stellte. Sollte wohl souverän und beherrscht wirken, war dafür aber zu unwirsch und fahrig. Warum eigentlich? Was regte sie so auf, was brachte sie so aus der Ruhe? Die »Hirngespinste« ihrer Tochter?
    Irgendwo in der Nähe bog ein Auto geräuschvoll um die Ecke. Der Motor heulte noch einmal kurz auf, dann war es still. Maria Lappé richtete sich plötzlich angespannt in ihrem Gartenstuhl auf.
    »Schade, dass Sie mein Angebot nicht annehmen wollen!«, sagte sie. »Ich denke doch, dass damit ihr Besuch beendet ist.«
    »Im Prinzip schon, Frau Lappé. Ich würde allerdings gerne noch kurz mit Vanessa sprechen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Vanessa ist nicht da.«
    »Und darf ich fragen, wo sie ist?«
    »In ihrer Ballett-Stunde, und das kann noch etwas dauern.«
    »Dann warte ich so lange im Auto.«
    Sie überlegte einen Augenblick. Dann hob sie, fast resignierend, die Schultern.
    »Nun gut, wenn Sie unbedingt wollen! Meinetwegen können Sie in Vanessas Zimmer auf sie warten. Aber ich bitte Sie, nein, ich warne Sie: Bestärken Sie das Kind nicht noch in seinen Flausen, was diesen Köter betrifft!«
    »Keineswegs. Und wo finde ich Vanessas Zimmer, bitte?«
    »Im ersten Stock. Elfriede wird Sie begleiten.«
    Elfriede hieß sie also, die Haushälterin. Und wie ein Geist, aufgetaucht aus dem Nichts, stand sie plötzlich neben mir. Ich schaute mich unwillkürlich um, ob vielleicht irgendwo eine bunt verzierte Flasche stand, in der sie wohnte.
    Ich machte Anstalten mich zu verabschieden und mit Elfriede in den ersten Stock zu schweben. Aber Frau Lappé hatte sich schon abgewendet und zu ihrem üppigen Drink gegriffen. Sie nahm einen kräftigen Schluck, dass das Eis klimperte, und kraulte geistesabwesend den Kater auf ihrem Schoß. Der korpulente Bursche beobachtete mich genau, und ich hätte schwören können, dass er mich dabei hämisch angrinste.
    In der Diele, oder besser gesagt: Vorhalle begegnete ich Hans-Jürgen Lappé, genau in dem Moment, in dem er das Haus betrat. Der Mann, den sie Jüjü nannten, war etwa Mitte fünfzig und braun gebrannt. Er trug einen blütenweißen, perfekt sitzenden Tennisdress. Die oberen Knöpfe des Polo-Shirts waren geöffnet und enthüllten eine Haarpracht, die allerdings dreißig Zentimeter weiter oben keinerlei Entsprechung fand. Hellgrau schimmerten die kurz rasierten Stoppel auf seinem bronzefarbenen Schädel. Am beeindruckendsten waren seine Augen: strahlendes Grau-Blau, seltsam müde und gleichzeitig voll kalt blitzender Aufmerksamkeit. Exakt die gleiche Augenfarbe wie die von Vanessa, die Händchen haltend neben ihm stand. Sie sah blasser aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Kränklich fast.
    »Hallo Vanessa! Zur dir wollte ich eigentlich«, sagte ich.
    »Hallo Herr Katz, das ist ja ein Zufall!«, sagte sie in einem leidenden Ton, der schon ganz nach Frau klang.

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