Katzenjammer
versuchen, Luisa zu holen. Genau wie in meinem Traum. Sofort lasse ich mein Fressen Fressen sein und rase zur Tür. Diese Frau wird keinen Fuß über unsere Schwelle tun, ich werde persönlich dafür sorgen.
»Hoppla, Herkules! Fast wäre ich über dich gestolpert – was ist denn los mit dir?« Marc muss mich zur Seite schieben, um überhaupt die Tür öffnen zu können. Das wollte ich eigentlich verhindern, aber auf dem Parkettboden kann ich mich leider nicht festkrallen, und so schiebt mich Marc mitsamt der Tür zur Seite. Jetzt kann ich noch nicht einmal sehen, wer geklingelt hat, geschweige denn verhindern, dass dieser Jemand in die Wohnung kommt.
»Guten Morgen! Sie kenne ich doch, oder?«
»Ja, ich bin Claudia Serwe. Meine Hündin hat neulich Ihren Dackel aus der Alster gefischt. Entschuldigen Sie diese frühe Störung, aber Cherie ist eben von einem Auto angefahren worden. Ich wusste nicht, wo ich mit ihr hinsoll, und dann fiel mir wieder ein, dass Ihre Praxis gleich um die Ecke ist. Ich hatte gehofft, dass Sie vielleicht schon da sind. Ja, und dann habe ich auf dem Klingelschild gesehen, dass Sie auch hier wohnen.«
Mir wird heiß und kalt. Cherie! Ihr ist etwas zugestoßen! Die Frau klingt atemlos und verzweifelt. Ich drücke mich an Marcs Beinen vorbei, um sie mir genauer anzuschauen. Sie hat geweint, ihre Augen sind ganz rot. Marc legt ihr eine Hand auf die Schulter.
»Gut, dass Sie gleich gekommen sind. Wo ist das Tier denn?«
»Sie liegt bei mir auf dem Rücksitz, mein Auto steht direkt vor der Tür. Ich habe solche Angst um sie!«
»Frau Serwe, ich sehe sie mir sofort an.«
Und ich komme mit! Ich lasse dich nicht allein, Cherie! Auf keinen Fall.
ZEHN
I ch hatte schon fast vergessen, wie sie riecht. Oder vielleicht hatte ich es auch verdrängt, um nicht ständig an sie zu denken. Und jetzt liegt sie hier, direkt vor mir, und als Frau Serwe die Autotür noch ein bisschen weiter öffnet, werde ich von dem Geruch regelrecht überrollt. Sofort ist er wieder da, der Tag an der Alster – Cherie und ich auf dem Steg, ihr spöttisches Lachen, ihre Berührungen, ihr federnder Gang. Mein Herz fängt an zu rasen, und ich muss mich kurz schütteln, um wieder im Hier und Jetzt anzukommen.
Von der Rückbank höre ich ein leises Wimmern, es klingt kläglich und auch ängstlich. Ich dränge mich noch weiter nach vorne, versuche, mit meinen Vorderläufen ins Wageninnere zu kommen. Das gelingt mir auch, und so reiche ich mit meiner Schnauze fast bis zum Polster der Bank. Von hier aus kann ich Cheries Kopf sehen. In ihr wunderschönes blondes Haar hat sich Blut gemischt, das sich wie ein dünnes Rinnsal vom Ohr bis zu ihrer Nasenspitze zieht.
Marc beugt sich nach vorne in den Wagen.
»Wie ist das passiert?«
»Ich wollte heute vor dem Büro noch eine kurze Runde mit ihr drehen. Wir kommen aus der Haustür – und werden fast von einem Fahrradkurier über den Haufen gefahren. Der war auf dem Bürgersteig unterwegs und so schnell, dass sich Cherie wahnsinnig erschreckt hat. Ich mich ehrlich gesagt auch. Aber Cherie ist auf die Straße gesprungen. Genau vor ein Auto. Die Fahrerin konnte nicht mehr bremsen und hat sie noch seitlich erwischt. Cherie ist richtig durch die Luft geflogen.« Claudia Serwe fängt wieder an zu weinen. »Ich dachte schon, sie sei tot.«
Marc legt seinen Kopf auf Cheries Brustkorb.
»Also, ihr Atem ist sehr flach, aber einigermaßen regelmäßig. « Er greift mit einer Hand an die Innenseite ihres Hinterlaufs und wartet einen Moment. »Hm, der Puls ist sehr schnell, schätze mal ungefähr hundert Schläge pro Minute. Das ist viel für einen so großen Hund, aber noch nicht dramatisch. Ich habe in der Praxis eine Trage, damit können wir Cherie in den Untersuchungsraum transportieren, ohne sie unnötig zu bewegen. Bin gleich wieder da.«
Er zieht seinen Kopf aus dem Wagen und verschwindet ins Innere des Hauses. Claudia Serwe geht um das Auto herum und holt irgendetwas von ihrem Sitz. Ich nutze die Gelegenheit und hüpfe jetzt ganz ins Wageninnere. Vorsichtig lege ich meine Schnauze neben Cheries Kopf.
»Alles wird wieder gut, bestimmt! Marc ist ein toller Arzt, mach dir keine Sorgen.«
Cherie versucht den Kopf in meine Richtung zu drehen. »Wer bist du?«
»Herkules. Der Dackel, den du aus der Alster gerettet hast.«
Sie fängt an zu schnaufen, dann stöhnt sie.
»Werden die Schmerzen schlimmer?«, will ich besorgt wissen.
»Nein. Ich hätte nur fast gelacht, und das tut
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