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Katzenjammer

Katzenjammer

Titel: Katzenjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frauke Scheunemann
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anfühlt.«
    »Was denn?«
    »Wenn das eigene Kind zu einer fremden Frau zieht. Das kann sich niemand vorstellen, der es noch nicht erlebt hat.«
    Nina legt den Kopf schief.
    »Na ja, ich habe zwar keine Kinder, aber ich bin Psychologin, also da …«
    »Ach? Ich dachte, Sie seien Geigenbauerin. Hat Marc jedenfalls behauptet.«
    »Natürlich … äh … richtig. Ich meinte damit nur, dass ich auch mal ein paar Semester Psychologie studiert habe. Nach meiner Ausbildung, weil es mich so interessiert hat.«
    Sabine zieht die Augenbrauen hoch, und Ninas Gesichtsfarbe wird deutlich dunkler. Lügen ist eben gar nicht so einfach. Als Hund sowieso nicht, aber auch als Mensch muss man so einiges beachten, damit man nicht auffliegt. Trotzdem machen sie es sehr oft. Also, ich meine: lügen. Der alte von Eschersbach wurde seinerzeit nicht müde, die Schlechtigkeit von lügenden Menschen hervorzuheben, und anfangs hat es mich auch schwer irritiert, wenn ich einen Menschen dabei erwischt habe. Aber mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es ein wichtiger Bestandteil menschlicher Kommunikation ist und die meisten Menschen die ein oder andere Lüge in ihrem Alltag fest einkalkulieren. Mit einer kleinen Lüge hier und da schummeln sie sich so durch, es macht ihr Leben einfacher.
    Ninas Lüge scheint mir aber ein ganz anderes Kaliber zu sein. Nicht die Sorte Ich war schon mit dem Hund draußen oder Natürlich habe ich beim Zahnarzt angerufen . Immerhin tut sie einfach so, als sei sie ein anderer Mensch. Ich frage mich nur, warum? Sie könnte doch auch einfach zugeben, der Babysitter zu sein, und dann wären wir vermutlich auch schnell diese unangenehme Frau los.
    »Auf alle Fälle muss ich mit Marc sprechen, wie es nun weitergeht. Denn so geht es nicht weiter, das steht schon mal fest. Ich habe neulich versucht, mit ihm am Telefon darüber zu sprechen, aber da hat er mir einfach den Hörer aufgelegt. Hat er Ihnen das erzählt?«
    Aha, das Telefonat im Park. Nun bin ich auf einmal doch ganz Ohr.
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Das wundert mich nicht. Marc ist so ein konfliktscheuer Idiot. Deswegen bin ich jetzt nach Hamburg geflogen. Ich habe mir extra zwei Tage freigenommen.«
    »Was ich nicht ganz verstehe – es war doch eigentlich auch Ihre Idee, dass Luisa zu uns zieht. Wo ist denn jetzt das Problem?«
    Sabine schnappt hörbar nach Luft. »Wo das Problem ist? Es war eben nicht meine Idee, dass Luisa zu Ihnen zieht. Als ich das mit Marc besprochen habe, war er noch Single. Es war überhaupt keine Rede davon, dass er mit einer Frau zusammenziehen würde. Es gab Sie noch gar nicht.« Wütend funkelt sie Nina an, die verschränkt die Hände vor der Brust.
    »Sie können Marc doch nicht verbieten, mit einer Frau zusammenzuziehen. Oder erwarten Sie, dass er im Zölibat lebt?«
    Zöli-was?!
    »Natürlich nicht. Ich erwarte nur, dass er mir erzählt, wenn so etwas Wichtiges in seinem Leben passiert. Vor allem, wenn es auch mein Kind betrifft.«
    Nina lässt die Arme sinken.
    »Hat er Ihnen das denn nicht erzählt?«
    »Nein.«
    »Oh.«
    »Ja. Oh . Ich habe es erst von Luisa bei ihrem letzten Besuch erfahren.«
    Nina schüttelt den Kopf. »Gut, Männer gehen einem Streit in der Tat gerne mal durch das klassische Aussitzen aus dem Weg. Aber in diesem Fall war das vielleicht nicht so geschickt.«
    Sabine springt von dem Sessel auf. »Nicht so geschickt? Es hat mich extrem gekränkt! Mein Kind wohnt nun mit einer fremden Frau zusammen, und ich erfahre es nur durch Zufall. So geht das nicht. Ich kann wohl zu Recht erwarten, dass Marc in diesem Punkt auch auf meine Gefühle Rücksicht nimmt.«
    »Okay, wahrscheinlich hat er sich gedacht, da Sie doch auch mit einem neuen Partner …« Weiter kommt Nina nicht, denn Sabine schießt auf sie zu und bleibt erst ganz kurz vor ihr stehen. Dabei tritt sie mir fast auf den Schwanz, so dass ich erschreckt aufheule. Das ignoriert die Furie komplett, sie wettert einfach drauflos.
    »Ja, ja, damit kommt Marc auch am liebsten um die Ecke: Dass ich diejenige war, die ihn verlassen hat und dass ich ihn Knall auf Fall für Jesko habe sitzen lassen. Und dafür lässt er mich jetzt büßen, oder wie? Meinen Sie, mein lieber Exmann hat sich schon ein einziges Mal gefragt, warum ich ihn verlassen habe? Zu einer Trennung gehören immer zwei. Jesko war vielleicht der Anlass, aber er war mit Sicherheit nicht der Grund.«
    Tollwut. Ein ganz klarer Fall von Tollwut. Ich kann es jetzt nicht so genau

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