Katzensprung
gestutzt, auf
seiner braunen Haut leuchteten Pickel. Er ließ die Knöpfe des MP 3-Players in den Ohren und mahlte gelangweilt mit den
Backen, als Olga sich vor ihm und zwei weiteren Jungen aufbaute. Grinsend sah
er herunter.
»Ey kumma, en Zwerch. Wat will dä denn?«
»Kripo Wuppertal, Hauptkommissar Popovich«, sagte Olga scharf.
»Lepple, rufen Sie den Mannschaftswagen, die kommen alle mit aufs Präsidium.«
Das Grinsen erstarb.
»Ey, nä, nä, ’tschuldigung, war nich so gemeint.«
Kleinlaut berichtete Karim, unterstützt von seinen Kumpanen, dass
sie bei Frau Wenkler Deutsch gehabt hätten und dass sie sehr launisch gewesen
sei, manchmal total nett, manchmal aber auch ziemlich von der Rolle. Man habe
nie gewusst, woran man bei ihr war.
»Hattet ihr den Eindruck, dass sie betrunken in die Schule kam?«
Die Jungen nickten.
»Wir sind Muslime, wir stehn nicht auf Alkohol.« Karim reckte sich
stolz. »Das war manchmal nicht mehr okay, wie die rumlief. Stank wie ein
Spritfass und kriegte nichts gebacken, war voll ungerecht und verteilte die
Noten, wie sie wollte. Hat auch nie die Arbeiten zurückgegeben. In der letzten
Zeit hat sie immer von einem Film geredet, den sie mit uns machen wollte,
Hip-Hop oder so was. Aber man wusste schon, dass das nichts wird, man wollte
sich auf nichts mehr verlassen, was die sagte.«
»Hat sie mehr über den Film erzählt? Wisst ihr, wo sie ihn drehen
wollte?«
»Hat mal was von Elba-Gelände gefaselt, aber mehr wissen wir nicht,
sie ist nicht mehr darauf zurückgekommen.«
»Da gewesen seid ihr nicht?«
Die Jungen verneinten.
»Was habt ihr sonst noch beobachtet?«
Ein schmächtiger Junge hob die Hand, er wurde dunkelrot.
»Sie hatte eine Art, die Jungs anzumachen«, sagte er verlegen. »Mich
hat sie einmal gefragt, ob ich mit ihr in die Kneipe gehe.«
»Und, hast du es getan?«
Er sah verlegen zur Seite, Karim spuckte aus.
»Nä, nä«, sagte er, »mit so ’ner Schlampe, das war nicht Meleks
Ding, echt nicht, kann ich mir bei keinem von uns vorstellen. Die hätte ja
unsere Mutter sein können.«
Lepple notierte Namen und Anschriften der Jungen und entließ sie mit
gnädigem Kopfnicken.
»Das war ja schon mal etwas«, sagte Olga auf der Rückfahrt. »Wir
nehmen sie uns noch mal einzeln vor, auch das restliche Kollegium. Mit dem
Rektor ist was nicht koscher, der hatte Angst. Und diese Springer macht nicht
den Eindruck, als wäre sie traurig über das Ableben ihrer Kollegin.«
»Eifersucht«, sagte Lepple, »nach meinem Eindruck ist da Eifersucht
im Spiel.«
Gegen Viertel nach sechs stießen Olga und Lepple die Tür von
»Trudi’s Eck« auf, einer fensterlosen Kneipe am Wichlinghauser Markt, die fast
nur aus einer riesigen Theke bestand. Aus den Lautsprechern tönte »Losing my
religion«, einige Gäste saßen vor ihren Biergläsern, jemand räumte die leeren
Gläser zusammen.
Am Zapfhahn hantierte ein Mann um die fünfzig, den Olga für sich
unter der Kategorie »Eros Ramazzotti mit ablaufendem Verfallsdatum« verbuchte.
Seine braunen Augen, die feurig gewesen sein mochten, blickten müde,
Geheimratsecken hatten Schneisen in seine grau melierten Locken geschlagen. Als
sie sich vorstellten und ihre Dienstmarken zeigten, drückte er den Brustkorb
heraus und demonstrierte freundlich-harmlose Verwunderung, aber in seinen Augen
stand Panik.
»Was verschafft mir die Ehre?«
»Wir untersuchen einen Todesfall«, sagte Olga, »und wir bekamen den
Hinweis, dass eine Frau Ramona Wenkler regelmäßig in Ihrem Lokal verkehrte.«
»Darf ich Ihnen was zu trinken anbieten?«
Er schenkte mit zitternden Händen Wasser ein, dann rieb er sich das
Kinn und tat, als würde er angestrengt nachdenken.
»Der Name sagt mir spontan nichts. Wir haben so viele Gäste, ich
kenne die Namen nicht von allen.«
»Sie soll aber Stammgast gewesen sein.«
»Wie sagten Sie, Ramona? Ramona, Ramona … ich weiß nicht genau. Wie
sah sie denn aus?«
»Sind Sie der Inhaber des Lokals? Darf ich Ihren Namen erfahren?«
»Ja, bin ich, Emilio Sassi.«
Olgas Auge zuckte, bingo.
Lepple spannte sich und zog den Notizblock heraus.
Emilio füllte sorgfältig Schaumkrönchen auf die Pilsgläser, die
aufgereiht vor dem Zapfhahn standen, und brachte sie den Gästen am anderen Ende
der Theke, zwischendurch grinste er die Beamten unsicher an.
»Emilio ist exakt der Name, den die Tote auf ihren Bauch tätowiert
hatte, ›Emilio mio‹, um genau zu sein. Vielleicht hilft das Ihrer Erinnerung
auf die
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