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Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
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geschnitten.
    »Wie ein Weihnachtsstern«, sagte Olga, »ich find’s zu heftig.«
    »Steht dir super, deine Haare sind perfekt dafür. Hab’s in einer
Zeitschrift gesehen, wird jetzt Trend. Wenn demnächst alle so rumlaufen,
schneid ich sie dir wieder gerade.«
    Lenka sagte gar nichts, ihre empörte Miene sprach allerdings Bände,
und Olga wusste, dass sie wegen der Frisur innerlich kochte. Sie musterte sich
weiter skeptisch und schüttelte die zackigen Fransen hin und her. Immer dieses
Haarthema.
    Zeitlebens war es Lenka ein Dorn im Auge gewesen, dass Olga die
starken, geraden, spröden Haare von Slatkos Zigeunersippe geerbt hatte und
nicht ihr williges, robustes Haar, das sich nach Belieben auf Wickler drehen,
einfärben und immer wieder umformen ließ, wovon Lenka mit Tülays Hilfe
ausgiebig Gebrauch machte.
    »Versuch wenigstens mal paar Locken, wenn wir nach Belgrad fahren«,
bettelte Lenka, um Harmonie bemüht. »Ich finde, muss bisschen weiblicher sein,
Olgiza, ehrlich. So sieht doch aus wie eine … wie eine … irgendwie bizarr,
fehlen mir die Worte, Schießbudenfigur, ehrlich, meine Geschmack ist das nicht.
Und Max, was sagt er?«
    »Der hat nichts zu sagen«, maulte Olga, »der sieht sowieso nur
kleine Glatzköpfe, mich sieht der gar nicht.«
    »Ist bei Babys? Möchte gerne mal Fotos sehen, sind bestimmt süße
kleine Bengelchen bei so hübsche Papa.«
    Tülay verdrehte die Augen, Olga sagte nichts und versuchte, die
Haare im Nacken zusammenzubinden. Es klappte, nur einige Fransen fielen heraus.
Heute war Freitag, und am Montag war Lagebesprechung bei Kriminaloberrat
Fischbein, da musste sie seriös aussehen.
    »Sei froh, dass du so nette Typ hast, der sich um Kinderchen
kümmert, welche Mann tut das schon? Ich bin begeistert von deine Freund, die
junge habe mehr Verantwortung als die alte Kerle.«
    Lenka geriet ins Schwärmen.
    »Gestern hatte ich ein besonders nettes Exemplar«, sagte Olga, »ein
Alt-Macho, zwanzig Jahre verheiratet. Die Tote, die in der Wupper lag, war zwei
Jahre lang seine Geliebte, er behauptet aber, seine Ehe sei glücklich.«
    »Bestimmt ein Türke«, sagte Tülay, »das passt zu denen, die sind
Weltmeister in Doppelmoral.«
    »Er ist Italiener«, sagte Olga, »die sind wohl auch nicht besser.«
    »Und? Hat er sie umgebracht?«
    »Das werden wir rausfinden.«
    »Der Typ kriegte bei mir Reisepass, so schnell könnte gar nicht
gucken«, ereiferte sich Lenka, deren Kopf nun komplett mit Wicklern bestückt
war, »keine Tag würde der Füße unter meine Tisch setzen. Bisschen gucken
unterwegs kann er, bisschen Appetit machen, aber essen muss zu Hause. Freundin,
zwei Jahre, das gibte bei mir nicht.«
    »Wie willst du wissen, was dein Slatko jetzt gerade in der Stadt
macht? Vielleicht sitzt er mit einer schönen Dame im Scoozi und flirtet«,
schniefte Tülay und tupfte mit einem Pinsel die nach faulen Eiern stinkende und
die Schleimhäute reizende Dauerwellflüssigkeit auf die Wickler.
    »Soll sitzen, soll schöne Augen machen, was interessiert mich. Kommt
doch wieder angekrochen zu Lenkas Essenstöpfe, weiß schon, was er zu Hause
hat.«
    Lenkas Stimme schraubte sich hoch, sie machte eine verächtliche
Handbewegung und forderte Olga auf, den Sliwowitz auf den Tisch zu stellen. Die
stellte nur ein Glas für Lenka hin und sah Tülay vielsagend an; es war klar,
was jetzt kam: eine Tirade auf die serbischen Männer, insbesondere Slatko, auf
den niemals Verlass sei, dann ihren Bruder Ivko, den vernagelten Kommunisten,
und den anderen Bruder Milan, der sich die Filetstücke aus dem
Grundstücksbestand der Familie unter den Nagel gerissen hatte und sowieso nur
auf seinen Vorteil aus war, ganz zu schweigen von seiner Ehefrau Jivka, die der
Oma Zora schon vor ihrem Tod die handgewebte alte Leinenwäsche abgeschwatzt
hatte, angeblich, um sie für Zora zu pflegen.
    Lenka steigerte sich bei solchen Ausbrüchen in eine maßlose Wut
hinein, aus der sie kaum herauszuholen war, sie spuckte, keifte und eiferte.
    Olgas Erfahrung war, dass man sie am besten abdampfen ließ und
schnell das Weite suchte.
    In den Ausbruch hinein klingelte die Zeituhr, und Tülay prüfte, ob
die Locken schon genug Spannung hatten. Sie war zufrieden und verschwand mit
Lenka im Bad, um alles herauszuwaschen.
    Olga, die später mit Tülay noch ein Bier trinken gehen wollte,
deckte den Küchentisch und begann die Cevapcici zu braten, die Lenka zusammen
mit einer großen Schüssel Krautsalat vorbereitet hatte.
    Seitdem sie

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