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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Blicke zu verstehen, daß ihr manches Verhalten ihrer Gäste zumindest aufgesetzt vorkam, aber die Wahl zwischen ihrem Eisverkäufer-Exdealer-Mann und ihren Bekannten aus dem Museum hatte sie für diesen Abend ganz klar getroffen. Manchmal guckte Slibulsky ihr auf eine Art hinterher, als täte ihm was weh. Im Mittelpunkt stand eindeutig Ginas neuer Chef, der Museumsdirektor. Ein gebräunter, schmaler, gutaussehender Mann um die Fünfzig, der sich mit Kapuzensportjacke, weit ausgestellter Handwerkerhose und Cruise-Missile-Turnschuhen, ähnlich denen, die Gregor getragen hatte, kleidete, als sehe wenigstens er sich sein Alter nicht an. Darauf setzte er auch gerne immer mal wieder eine kleine Anekdote.
    »… Hab ich euch schon erzählt, wie sie mich neulich in Tunis nicht ins Kongreßgebäude gelassen haben - herrlich! Sie wollten mir trotz Veranstaltungsausweis doch tatsächlich eine halbe Stunde lang nicht glauben, daß ich der Museumsdirektor aus Frankfurt bin!«
    So weit, so herrlich, aber natürlich mußte die, die schon die ganze Zeit alles gab, den Dümmste-Nuß-des-Abends-Titel zu gewinnen, die Sache noch herrlicher machen.
    Erstaunt fragte sie: »Und warum?«
    Vielleicht war sie aber auch gar nicht so dumm, vielleicht war sie sogar ziemlich clever und wußte, wie sie ihren Chef zu nehmen und sich zu geben hatte. Denn der beantwortete die Frage nur allzu bereitwillig: »Na, guck mich doch an…« Er zeigte lachend an sich hinunter. »… Für so einen Araber da bin ich doch der totale Freak.«
    Überhaupt war der anwesende Teil der Museumsbelegschaft ganz schön freakig. Man redete locker - »Iris, du Schluckspecht!« -, man machte sich keine Sorgen um den nächsten Morgen - »Na, dann komm ich halt ‘ne halbe Stunde später, ist mir doch Wurscht« -, man hatte keinen Respekt - »Der alte Knacker, der diesen Artikel geschrieben hat, mag von mir aus in Italien ja ’ne große Nummer sein, aber was ich über den Artikel denke, also das Sprech ich jetzt lieber nicht aus« -, und man war frech zum Chef -»Hör mal, Heiner… du, hör doch mal: Jetzt hab ich doch eben glatt für einen Moment gedacht, als ich dich von hinten gesehen hab, da steht der Lukas, weißt du, unser Hospitant, der uns immer zu den Techno-Partys mitnehmen will, also wirklich, zieh dir mal was Anständigeres an!«
    Der Chef nahm’s wild: »An dem Tag, an dem ich mir was sogenanntes Anständiges anziehe, dürft ihr mich aus dem Direktorenzimmer jagen! Aber darauf könnt ihr lange warten, denn ich und anständig…« Er schüttelte grinsend den Kopf. »Aber mal ganz im Ernst - und dabei geht es nun wirklich nicht um die Hose, die einer trägt -, guckt euch mal an, wie die anderen Museumsdirektoren ihren Laden leiten: Letztes Jahrhundert ist da noch freundlich formuliert, wenn ihr versteht, was ich meine. Will sagen: Ich weiß, daß ich, was meine Kollegen angeht, zwischen allen Stühlen sitze, aber ganz ehrlich, ich könnte es mir nicht anders vorstellen. Das ist absolut mein Platz, sorry.«
    Mein Platz mußte dann irgendwann woanders sein. Ich schenkte mir nach, steckte mir einen Frischkäse-Kräcker in den Mund und machte mich auf die Suche nach Slibulsky. Er saß mit Leila in der Küche, und beide schälten Knoblauch. Leila lachte mir zu, ich lachte zurück - Champagnerverbündete.
    »Wie isses?« fragte Slibulsky, ohne aufzusehen.
    »Tja… mitreißend.«
    »Hm.«
    »Die schicken Damen, von denen du gesprochen hast…«
    »Ja, ja, schon gut.«
    Ich setzte mich zu ihnen an den Küchentisch, steckte mir eine Zigarette an und sah ihnen beim Schälen zu.
    Plötzlich legte Slibulsky den Kopf zurück und fragte: »Was ist los? Grinst so dämlich. Gibt’s vielleicht doch jemand da draußen?«
    »Da draußen? Nee.«
    »Aha.« Er wandte sich wieder dem Knoblauchschälen zu. »Wo kennengelernt?«
    »Wart’s ab.«
    »Ich weiß«, sagte Leila und strahlte neunmalklug, als wir sie beide überrascht anguckten. »Hab gehört, wie du geguckt hast noch mal Video.«
    »Video?« Slibulsky runzelte die Stirn. »Soll das ‘n Witz sein? Vielleicht Julia Roberts?«
    »Ich sag doch, wart’s ab.«
    »Leila, was für ‘n Video?«
    Doch als sie merkte, daß wir, und besonders ich, ihren Einfall gar nicht so lächelnd beiseite taten, wie sie es vielleicht erwartet hatte, wurde ihr Blick plötzlich unruhig, und schnell wiegelte sie ab: »Ist doch nur Idee. Weiß ich nicht richtig.«
    Wahrscheinlich war es wirklich nur so eine Idee gewesen. Die Vorstellung, da

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