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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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eine kleine Zuwendung, um Ihnen in Ihrer momentanen Situation zu helfen. Ihre Nichte…«, sie wandte sich herzlich nickend zu Leila, die aussah, als stände sie unter depressiv machenden Drogen, »…ist ein so prächtiges junges Mädchen, und ich würde mich wirklich freuen, wenn das mit dem Internat klappen sollte.«
    Einen Augenblick zögerte ich, dann machte ich, so schnell es ging. Überschwengliches Bedanken, Scheck unbesehen wegstecken, aufstehen, Leila heimlich zur Eile anwinken, während eines nicht enden wollenden Abschiedsmonologs sich Schritt für Schritt allem zustimmend der Haustür nähern, letztes Händeschütteln, »Wenn wieder mal was ist…«, ».. .werde ich mich natürlich an Sie wenden«, den Kiesweg runter, ins Auto, an der nächsten Ecke halten und auf den Scheck gucken… fünftausend Mark Belohnung!
    »Ist okay?«
    ».. .Ja, ist okay.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Jetzt…« Ich steckte den Scheck ein und strahlte sie an. ».. .Jetzt wischst du dir das Hühnerfutter aus dem Gesicht, und wir gehen Champagner trinken!«
     
    Fast zwei Stunden saßen wir in der Hilton-Hotelbar, tranken zwei Flaschen Champagner, aßen Kaviartoasts und lachten über Frau Beierle. Leila ahmte uns alle drei abwechselnd nach und erklärte, wie sie das mit den Tränen gemacht hatte.
    »Ganz einfach, ich muß nur ganz stark eine Situation denken, dann geht von allein. Mach ich so…«, sie schnippte mit den Fingern, »… darum auch, weißt du, ich werde Schauspielerin.«
    Der Champagner schmeckte ihr, mir sowieso, und nachdem wir sämtliche Alkoholika, die uns beiden bekannt waren, mit Punkten von eins bis zehn bewertet hatten, stand fest, daß wir gerade das bestmögliche aller Getränke zu uns nahmen. Dann schilderte jeder sein erstes Mal. Bei mir ging’s schnell: Mit dreizehn alleine in meinem Zimmer Flasche Apfelkorn auf ex. Anstatt wie geplant wenig später sehr locker und geistreich bei der Party meines Schwarms einzulaufen, fand ich mich am nächsten Morgen im Krankenhaus wieder.
    »Bei mir war der Geburtstag von mein Vater. Ich war zwölf. Und ich trinke heimlich in der Küche. Und dann ich gehe nachts zu das nächste Haus, wo der Junge wohnt, den ich liebe, und hab am Fenster so …«, sie klopfte mit der Faust in die Luft, »… und Blumen in der Hand. Aber dann ich war plötzlich ganz krank, und der Junge kam und ich, guck…« Sie beugte sich vor und ließ röchelnd die Zunge aus dem Mund hängen. »… Dann war vorbei mit Junge. Aber war gut so. Weißt du, er war immer so fein und Klavier und in der Schule der Beste. Später ich war froh, daß ich…«, sie röchelte noch mal kurz, »… auf ihn. Danach waren alle böse, mein Vater, meine Mutter. Aber ich trinke nicht oft, weil ich mag nicht, wenn ich müde bin, weil… weißt du, wenn das Leben ist normal, dann ich hab sooo …«, ihre Arme gingen weit auseinander, »…viel zu tun, will ich nicht schlafen.«
    Wäre um acht nicht Ginas und Slibulskys Essen gewesen, hätten wir wahrscheinlich noch eine dritte Flasche bestellt.
    Auf dem Weg zum Auto hakte sich Leila bei mir ein.
    »Wenn meine Mutter kommt, trinken wir auch Champagner?«
    »Aber wie! Da machen wir zu dritt die Bar leer!«
    Und dann blieb mir für einen Moment die Luft weg: Morgen war es soweit - was auch immer. Ich hatte den ganzen Tag versucht, nicht daran zu denken. Auf einmal warf es mich fast um.
    Während wir durch feierabendleere Straßen nach Sachsenhausen fuhren, lief im Radio Van Morrisons »Whenever God Shines His Light«, und hinter den Hochhäusern leuchtete zum ersten Mal seit einer Woche Abendrot. Als paßte ab jetzt alles zusammen.
     
    18
     
    Für Slibulsky paßte an diesem Abend wenig zusammen. Zehn Minuten mit der im Wohnzimmer um ein Aperitifbuffet versammelten Truppe genügten, um zu verstehen, warum er mich so unbedingt dabeihaben wollte. Seine Sorge um mein Privatleben mochte ein Grund sein, aber in erster Linie ging es wohl darum, nicht alleine dieser Schar von sich für das Zentrum der Welt haltenden Mickymaus-Gelehrten ausgeliefert zu sein. Keine Gelegenheit, die nicht genutzt wurde, Fachvokabeln oder irgendwelche Namen in den Raum zu blasen, kein Nachschenken des Weißweins ohne ein, vermutlich das Alkoholtrinken thematisierendes, lateinisches Scherzlein, und immer wieder überraschtes, leicht unbehagliches Lächeln, wenn ich, weil ich nun schon mal da war, den Gesprächen etwas von den Dingen beisteuerte, die ich so wußte. Gina gab zwar hin und wieder durch

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