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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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Sie hatte damit zum ersten Mal, seit sie den Turm des Falkenlords verlassen hatten, etwas getan, das der alten Teela ähnelte. Die Vertrautheit der genervten Geste war tröstlich. Und schmerzhaft, Barrani hatten knochige Hände.
    Sie schluckte und nickte, und Teela, die ihre Hand nahm, ging auf den linken Torbogen zu.
    Es war harte Arbeit, überhaupt Schritt zu halten. Kaylin stolperte. Ihre Beine hatten sich von der Fahrt noch nicht ausreichend erholt. Aber sie hatte gerade genug Würde, um neben der größeren, adligen Barrani herzugehen. Severn ging an ihrer Seite, leichtfüßig und mit einer Wachsamkeit, die Gefahr verhieß.
    Erst da bemerkte sie, dass er eine Kette um die Hüfte geschlungen trug, an deren Ende eine Klinge hing, die nicht sichtbar war. Er hatte sie natürlich nicht gelöst, so dumm war er nicht. Es gab keine offensichtlichen Wachen in den Torbögen, keine offensichtlichen Beobachter, aber Kaylin hatte den Verdacht, dass Teela ihm eigenhändig die Arme gebrochen hätte, wenn er es versuchte.
    Kaylin wollte die Architektur bestaunen, und diesen Wunsch riefen Gebäude nur selten bei ihr hervor. Sie wollte sehen, wie sich Aerianer durch die Höhen schwangen, und wie Leontiner sich um die Säulen darunter schlichen, die dort standen, als hielten sie nicht nur die Decke, sondern auch den Himmel. Sie wollte einen Augenblick stehen bleiben, um die Pflanzen zu betrachten – und zu berühren –, die aus dem Stein wuchsen, als wäre der Stein fruchtbarer Boden.
    Aber sie tat nichts davon. Schönheit war Luxus. Zeit war Luxus. Sie war daran gewöhnt, ohne auszukommen.
    Eine große Halle – alles war groß, als wäre es für Riesen entworfen – öffnete sich auf ihrer Rechten. Teela fluchte auf Elantranisch und ging schneller. Kaylins Füße sprangen über den Boden, während sie sich hinter ihr herschleifen ließ.
    Sie sah ihr Spiegelbild im Marmor und dann in Glas, sie sah ihr Spiegelbild in Gold und Silber, allesamt verzerrte Geister. Sie konnte sich nicht helfen, aber Teela strebte weiter vorwärts, ohne auf sie achtzugeben.
    Es gab Kerzen, über denen Flammen tanzten, ohne dass etwas schmolz. Es gab Becken mit unberührtem Wasser und die brillanten Farben von kleinen Fischen, die erstaunliches Leben in deren Klarheit brachten. Zu viel zu sehen.
    Und dann gab es Türen, keine Torbögen, aber die Türen waren hoch. Es gab zwei, und jede trug ein Zeichen.
    Ihre natürliche Abneigung gegenüber Magie flammte in ihr auf, als Teela sie losließ. Doch Teela trat vor und legte ihre Handflächen flach gegen die Symbole. Die Türen schwangen weit auf, und Teela schnappte sich Kaylin, ohne hinzusehen, und schleifte sie über die Schwelle.
    Kaylin sah nicht einmal, wie die Türen sich wieder schlossen. Sie sah, wie Severn sich an ihnen vorbeischlängelte, als sie schon in Bewegung waren, das war alles. Sie hatte kaum Zeit, den Raum, den sie betraten, näher zu betrachten.
    Es war so eine Art Vorzimmer. Stühle standen darin, falls das das richtige Wort war. Sie sahen eher wie Bäume aus, und aus ihrer Mitte erhoben sich Äste, die ineinander verwuchsen und leuchtende Früchte trugen.
    An denen ging Teela einfach vorbei.
    Sie waren schon einen Häuserblock gegangen, vielleicht zwei, schätzte Kaylin. Alles war karg und leer.
    Dann hatten sie die Kammer durchquert und betraten einen langen Korridor. Hier war der Stein älter und gröber behauen. Die Oberfläche war rau. Es hab keine Pflanzen, keine Blumen, keine vergoldeten Spiegel und keine Wasserbecken. Stattdessen schmückten Waffen die Mauern, Waffen und Fackelhalter aus poliertem Messing.
    Allerdings waren die Kriegsgeräte fein geschmiedet und an den Griffen mit Juwelen besetzt. Wenn die Edelsteine auch kalt waren, schenkten sie dem Korridor doch das Feuer der Farben. “Nichts anfassen”, sagte Teela in knappem Elantranisch.
    Am Ende des Korridors gab es eine einzige Tür.
    Kaylin blieb davor stehen.
    Teela nicht.
    “Kaylin?”, fragte Severn. Es fiel ihm schwer, nicht zu merken, dass ihre Füße jetzt fest in den Boden gerammt waren.
    “Die Tür …” Sie sah zu ihm auf und versuchte, sich nicht gegen Teelas Griff zu wehren. Sie hasste es, zu verlieren, sogar jetzt. Animalische Instinkte machten es ihr schwer, sie
wollte
nicht durch diese Tür gehen.
    “Teela”, sagte Severn kurz und laut.
    Kaylins nutzloser Kampf hatte die Aufmerksamkeit der Barrani nicht erregt, Severns Bellen schon. Sie blieb stehen und sah zu ihm zurück.
    Kaylins Blick wanderte

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