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Kebabweihnacht

Kebabweihnacht

Titel: Kebabweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lale Akgün
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sein Weihnachtszimmer nicht sehen konnten. Er hätte die beiden alten Leutchen so gern eingeladen, aber dann hätte er ihnen alles offenbaren müssen. Es wäre ihm total peinlich gewesen, den beiden zu gestehen, dass er sich ein eigenes Zimmer angemietet hatte, um Weihnachten zu feiern.

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    SEIN ZIMMER sah wirklich grandios aus. In den letzten zwei Wochen hatte er jede freie Minute hier verbracht. Zu Hause hatte er etwas von Überstunden erzählt und bei der Arbeit etwas von der kranken Oma.
    Aber jetzt sah es so aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Doch »very British«? Nein, das war weit mehr als »very British«, das war »very Umutish«. Er lachte über seine eigene Wortschöpfung. Er hatte sich das perfekte Weihnachtszimmer komponiert. Die Dekoration war wirklich gelungen, der Weihnachtsbaum so geschmückt, wie er sich das immer ausgemalt hatte, überall standen Kerzen, die, wenn man sie anzündete, das Zimmer in ein besonderes Licht einbetteten. Die CDs mit der Weihnachtsmusik lagen bereit, der Weihnachtsteller mit Äpfeln, Nüssen, Feigen, Zimtsternen. Und das alles gab dem Zimmer auch den besonderen Duft, den er als »Weihnachtsduft« bezeichnete und der ihm die Seele öffnete.

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    » DU REDEST DIESES Jahr gar nicht von Weihnachten«, sagte sein Vater beim Abendessen. »Und dieses Jahr stellst du auch nicht dieses Zeug auf, das ich all die letzten Jahre hinter dir wegräumen musste.«
    »Der tobt sich bei der Arbeit aus«, lachte Ayla. »Wart ihr nicht mal im Kaufhaus in Umuts Abteilung? Da weihnachtet es von morgens bis abends. Wenn er dann nach Hause kommt, ist Schluss mit lustig!«
    Umut schwieg.
    »Ach ja, bei den Rohowskys hat er auch geschmückt, aber das wisst ihr ja bereits!«
    Tatsächlich hatte Maria Rohowsky es nicht lassen können, Hülya herüberzubitten, um ihr zu zeigen, was ihr Sohn vollbracht hatte.
    »Er ist künstlerisch sehr begabt«, hatte sie zu Hülya gesagt. »Ihr müsst dafür sorgen, dass er seinen Meister macht und sich weiterbildet!«
    Hülya war stolz auf ihren Sohn, das Zimmer der Rohowskys hatte auch ihr ausnehmend gut gefallen.
    »Ich finde, du hast das Zimmer der Familie Rohowsky |68| wunderbar gestaltet«, sagte Hülya jetzt zu ihrem Sohn. »Ich bin stolz auf dich!«
    »Das ist gegen unsere Religion«, protestierte Arif.
    »Die Dekoration?«, fragte Hülya kühl.
    »Nein, alles, was mit Weihnachten zusammenhängt.«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Hülya ganz sachte. »Schließlich erkennt der Islam Jesus als Propheten an, und dann kann es ja auch nicht schlimm sein, seine Geburt zu feiern, oder?«
    »Aber er ist doch gar nicht im Dezember geboren«, stimmte Arif die alte Leier an.
    »Was spielt das für eine Rolle, wann er geboren ist?«, zischte jetzt Hülya, fast giftig. »Es geht doch nicht darum, den genauen Tag zu feiern, es geht darum, die Geburt Jesu zu feiern, es ist uns ein Prophet geboren. Ist das nicht schön?«
    »Nein, nein und nochmals nein. Du fängst auch schon an, wer hat dich denn missioniert, die Rohowskys?«
    »Yetti be!« Hülyas Stimme zitterte. »Es reicht«, rief sie, nein sie schrie es. »Untersteh dich, auch nur ein böses Wort über Menschen zu verlieren, die uns jahrelang zur Seite gestanden haben, die immer für uns da waren!«
    »Aber der Imam sagt, dass alle Christen …«, versuchte Arif eine lahme Verteidigung.
    »Sag deinem Imam einen schönen Gruß von mir, solche Hetze passt nicht zum Islam!« Hülyas Stimme zitterte, noch ein Wort, und sie hätte angefangen zu |69| weinen. »Seit Jahren ertrage ich dein Gezeter und deine Bösartigkeit. Seit Jahren hoffe ich, dass es besser wird mit dir und deinem religiösen Wahn, aber es wird immer schlimmer, du bist ja nicht mehr in der Lage, selber nachzudenken, wobei es damit auch in deiner Jugend nicht zum Bestem bestellt war, aber inzwischen schaltest du deinen Verstand gar nicht mehr ein!«
    Arif wollte widersprechen, aber Hülya ließ ihm keine Zeit dafür. »Ach, halt doch den Mund«, rief sie, »ich will deinen altbekannten Quatsch nicht hören! Denn etwas Neues wirst du sowieso nicht sagen, sondern den immergleichen Käse, dass wir uns vorsehen müssen, dass alle Christen darauf warten, uns zu missionieren, dass es nur zu unserem Besten ist, dass du uns nur schützen willst, hier auf dieser Welt und im Jenseits mit dazu! Aber ich brauche deinen Rat und deinen Schutz nicht, hast du mich verstanden? Ich habe es nie gebraucht und kenne die Rohowskys auch ohne deine

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