Kebabweihnacht
dürfen, von seiner Idee mit dem WG-Zimmer, wie er es geschmückt hatte und was er vorhatte.
»Aber jetzt ist alles anders«, sagte er. »Mama, ich will, dass wir Heiligabend zusammen feiern. Du kommst mit, und wir beide feiern Weihnachten!« Er strahlte. Vielleicht, weil er Weihnachten feiern würde. Vielleicht aber auch, weil er es nicht mehr heimlich machen musste. Wenigstens seine Mutter wusste Bescheid.
|73| »Ja, warum eigentlich nicht?«, sagte Hülya. »Das ist eine gute Idee, aber zuerst will ich mal dieses Zimmer sehen, wer weiß, vielleicht habe ich ja auch noch eine Idee für Heiligabend!«
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UMUT WARTETE VOR dem Kaufhaus auf seine Mutter, gleich wollten sie sich treffen und zusammen in seine Wohnung fahren. Seitdem seine Mama eingeweiht war, war es für Umut nicht mehr nur ein heimliches Weihnachtszimmer, sondern eine ganze »Wohnung«.
Wir gehen gleich in meine Wohnung! Es war ein richtig gutes Gefühl, allein diesen Gedanken zu haben.
Während er so dastand, völlig in seine Gedanken versunken, bemerkte er gar nicht seine Schwester. Auch Ayla war gerade in der Stadt unterwegs, sie hatte für ihre Freundinnen ein paar Weihnachtsgeschenke gekauft, was natürlich niemand wissen durfte. Na so was, dachte Ayla, da gehe ich extra nicht in dieses Kaufhaus, damit mich Umut nicht beim Weihnachtsshoppen erwischt, und dann steht er vor der Tür.
Sie behielt ihn im Auge und verbarg sich dabei, um nicht von ihm gesehen zu werden. Was war das? Jetzt kam ihre Mutter auf Umut zugelaufen, die beiden umarmten sich und liefen auch schon los.
Ayla wäre nicht Ayla, wenn sie nicht ein Näschen für außerordentliche Vorkommnisse hätte. Und das |76| hier war ein außerordentliches Vorkommnis. Wo gingen sie denn hin? Einkaufen gingen sie sicher nicht, denn das hätten sie in Umuts Kaufhaus erledigt, was oft genug vorkam. Ayla beschloss, den beiden zu folgen.
Sie liefen rasch durch die Innenstadt, in Richtung eines unter jungen Leuten beliebten Stadtteils, bogen, da angekommen, in eine ruhige Seitenstraße und betraten dann ein schönes altes Haus.
Ayla kannte niemanden aus der Familie und dem Bekanntenkreis ihrer Eltern, der dort wohnte. Neugierig trat sie an die Türklingel. Es war ein Haus mit sieben Wohnungen, in welcher waren die beiden verschwunden? Sie blickte an dem Haus hoch, musste aber über sich lachen: Als ob sie sehen könnte, wo das Licht angehen würde. Es war später Nachmittag, und in allen Wohnungen brannte Licht.
Sie trat noch einmal an das Klingelschild, auf dem ausschließlich deutsche Namen standen. Ihre Mutter hatte doch, außer den Rohowskys, keine deutschen Bekannten, und es war unwahrscheinlich, dass Umut sie zu seinen Freunden mitnahm.
Die Sache war Ayla so wichtig, dass sie beschloss, so lange zu warten, bis die beiden wieder herauskommen würden. Womit sie sich Zeit ließen. Als sich Mutter und Bruder nach einer guten Stunde wieder blicken ließen, war Ayla völlig durchgefroren. Sie fluchte, und wieder ging sie Umut und Hülya nach, verließ aber die Fährte, als sie merkte, dass die beiden nach Hause fuhren.
|77| In Umuts Wohnung hatte Hülya das Zimmer inspiziert und war voll des Lobes gewesen. Umut konnte sein Glück nicht fassen, seine Mutter hatte nicht nur nicht geschimpft, weil er sich ein eigenes Zimmer genommen hatte, sie hatte die Lage der Wohnung, seine Mitbewohner und das schöne Weihnachtszimmer sehr gelobt.
Sie hatten zusammen in der Küche Tee getrunken und sich ein bisschen unterhalten. Eine Frage aber ging ihr unentwegt durch den Kopf, und die musste sie jetzt auch stellen.
»Ich muss dich was fragen«, fing Hülya vorsichtig an. »Versteh mich bitte nicht falsch, es ist nicht so, dass ich dir das Zimmer und die Weihnachtsvorbereitungen nicht gönne, ich will es nur verstehen. Was genau findest du an Weihnachten so schön, dass du dir so viel Mühe gegeben hast? Ich denke, das war alles nicht einfach, hier diese zugegeben nette Wohngemeinschaft zu finden, das Zimmer anzumieten, die ganze Deko herzuschleppen, alles zu schmücken, und das alles ganz heimlich. Warum machst du das?«
Umut schaute sie an, ein bisschen scheu, in Sorge, seine Gedanken nicht in Worte fassen zu können. »Weißt du, Weihnachten ist für alle da, jedenfalls denke ich das. Wenn Weihnachten ist, habe ich das Gefühl dazuzugehören, ich bin dann nicht mehr allein. Es kann auch nichts Falsches dabei sein, denke ich, das Fest zu feiern. Ich meine, ich nehme ja den muslimischen Festen nichts
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