Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
hätte sie endlich die Möglichkeit, effektiv und wesentlich intensiver an einer Formel oder einem Trank oder einem magischen Gegenstand zu arbeiten, der das, was vorhin passiert war, für alle Ewigkeit verhindern würde.
Ja, beschloss Keeva. Das würde sie machen. Und bei der Gelegenheit auch gleich all ihre Waffen zu Shane schaffen. Das hatte sie sowieso schon lange vorgehabt ...
*
Das Klingeln eines Handys riss Keeva aus ihren Gedanken. Ihr Großvaters steuerte den Wagen an den Straßenrand und hob ab.
„In Ordnung. Ich komme gleich dorthin“, meinte er nach kurzem Zuhören, legte auf und drehte sich zu Shane und Keeva um.
„Edward hat mit dieser Entrümpelungsfirma gesprochen. Anscheinend sind einige der Gegenstände aus Aleksanders Haushalt bereits versteigert worden. Der Angestellte wusste nicht genau, von welcher Schatulle Edward sprach – daher soll ich jetzt mit dem Gegenstück zu diesem Laden fahren und das Gedächtnis des Mannes auffrischen. Wollt ihr mitkommen oder soll ich euch woanders absetzen?“
Shane wollte etwas sagen, doch Keeva legte ihre Hand auf seinen Arm.
„Ich würde gern nachhause“, sagte sie. „Ich muss unbedingt etwas Frisches anziehen.“
Ihr Großvater warf einen schnellen Blick auf Shane, sagte jedoch nichts, sondern nickte nur und fädelte wieder in den Verkehr ein. Wenige Minuten später ließ er die beiden vor dem hübschen viktorianischen Reihenhaus der Familie McCullen aussteigen.
Dass seine Enkelin die Reisetasche mit aus dem Auto nahm, fiel Robert Paddock nicht weiter auf. Er hatte die sorgfältig eingewickelte Box der Pandora – beziehungsweise die eine Hälfte davon - neben sich auf dem Beifahrersitz liegen, verabschiedete sich nur kurz von den beiden jungen Leuten und fuhr gleich weiter.
Keeva ging die Treppen zur Haustür hinauf, Shane im Schlepptau. Es passte ihr gut, dass Großvater jetzt ebenfalls nicht im Haus sein würde. Er war zwar grundsätzlich auf ihrer Seite, doch sie war sich nicht sicher wie er reagieren würde, wenn sie nun die Hälfte der Laborausrüstung und alle möglichen anderen Gegenstände aus dem Keller der Familie räumen würde. Sie brauchte diese Dinge zwar nur für eine gewisse Zeit – sobald ihr Problem gelöst sein würde, würde sie die Sachen natürlich sofort wieder zurückschaffen -, doch Keeva wusste, dass die meisten dieser Gegenstände über Jahrhunderte hinweg von ihren Vorfahren zusammengetragen worden waren und nicht wiederbeschafft werden konnten, sollte irgendetwas davon verloren gehen. Sie wollte Großvaters Großzügigkeit nicht unnötig auf die Probe stellen ...
Als sie den Schlüssel in das Schloss steckte, fiel ihr Blick auf Shane. Er wirkte nicht so, als fühle er sich sonderlich wohl - und Keeva wurde klar, dass er dieses Haus heute zum ersten Mal betrat. Es handelte sich um das Heim einer der ältesten Dämonenjägerfamilien Londons ... und in Shanes eigenen Adern floss Dämonenblut. Sie musste unwillkürlich lächeln. Da prallten wirklich Welten aufeinander.
Shanes Großvater war ein Dämon und dessen Sohn, Shanes Vater, seit Jahren verschollen – ein Thema, über das der junge Mann nicht gerne sprach. Seine Mutter wiederum hatte ihm schon vor vielen Jahren den Rücken gekehrt, wie er Keeva vor Kurzem erst anvertraut hatte, weil sie mit seinem dämonischen Erbteil nicht zurecht gekommen war. Anscheinend hatte sie nicht gewusst, dass Shanes Vater ein Halbdämon war, und mit Entsetzen reagiert, als sie an ihrem Sohn die ersten nicht-menschlichen Eigenschaften entdecken musste ... mehr Informationen hatte Keeva bisher nicht aus Shane herauslocken können.
Jedenfalls war Shane bei seinem Großvater in eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und hatte bereits früh selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen müssen. Keevas Familie hingegen war zwar nicht reich, besaß jedoch genug Vermögen, um ihr – dem einzigen noch lebenden Sprössling – eine hervorragende Schulausbildung zu bezahlen. Und in diesem Sommer, nach ihrem Schulabschluss, würde sie höchstwahrscheinlich auf eine ebenfalls sehr gute Universität gehen können – etwas, was für jemanden wie Shane undenkbar war.
Trotzdem beneidete sie ihn um sein Leben, um die Freiheit, die er besaß. Keeva liebte ihren Vater, genauso wie ihren Großvater, und sie wusste, dass die beiden ihre Liebe erwiderten - doch sie fühlte sich zunehmend eingeengt, erstickte fast an ihrem Geheimnis. Ständig musste sie aufpassen, was sie sagte und wie sie sich
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