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Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Nichte kann das Zimmer gar nicht gemietet haben«, wirft Marcel ein, »sie ist noch nicht volljährig.«
    Unter dem falschen Wimpernfell verdunkelt sich Tanjas Blick.
    »Wusste ich es doch!«, schreit sie. »Dass da was nicht stimmt! Da sind immer die Kinderficker raufgegangen. Weil, mich fanden sie zu alt. Mit achtzehn. Die Chefin sagte, die beiden stylen sich geschickt auf unschuldig, um Schulmädchen zu spielen. So ein Quatsch!«
    Sie reißt Désirée van Buytens Agenturfoto vom verschnörkelten Beistelltisch und hält es uns mit zitternder Hand hin. »So hat die hier nie ausgesehen! Immer ungeschminkt. Schön brav mit Zöpfen und Söckchen. Auf Oma kann man sich machen, aber doch nicht auf Kind! Von hundert auf fünfzig, ok, aber von achtzehn auf … wie alt war Désirée, als sie hier anfing?«
    »Wissen wir nicht«, gibt Marcel zu.
    »Möglicherweise neun«, sage ich hart.
    »Das ist kriminell!«, ruft Tanja erschrocken.
    »Und wie!«
    Das Mädchen hechtet hoch und schüttelt Marcel so heftig an den Schultern, dass ihr hochgeräumter Busen beinah aus dem violetten Spitzen-BH springt. Marcel weiß gar nicht, wo er hinsehen soll. Hektische Flecken breiten sich über ihrem Gesicht aus, als sie atemlos hervorstößt:
    »Keine Polizei! Der Salon hat nichts damit zu tun! Die Chefin auch nicht. Die ist gut zu uns. Wir sind eine Familie. Wenn hier dicht gemacht wird, muss ich wieder auf die Straße. Haben Sie eine Ahnung, wie schlimm das ist? Das halte ich nicht aus. Ich sag Ihnen alles. Aber keine Polizei. Bitte!«
    Sie holt Luft, lässt Marcel los, sieht mich an und sagt erleichtert: »Außerdem ist es ja vorbei. Die Mädchen sind schon so lange weg.«
    »Wie lange?«, fragt Marcel.
    »Drei Monate? Vielleicht noch länger.«
    Eine weitere schwer verdauliche Information, die in mir sofort einen furchtbaren Verdacht aufsteigen lässt. Vor drei Monaten ist Familie Pee umgezogen. In ein alleinstehendes Haus in einer nachbarlosen Gegend. Mit diversen Stallungen, wo sich fremde Autos wunderbar verstecken lassen.
    »Wer kann damals das Zimmer gemietet haben?«, frage ich heiser.
    »Weiß nicht. Bitte sagen Sie der Chefin nichts. Dann kriege ich Ärger, weil ich geredet habe.«
    »Vielleicht Steffen Meier?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Nee.« Ein Lächeln fliegt über ihr Gesicht. »Der war doch ständig pleite. Aber immer nett zu uns.« Ihre Augen werden wieder traurig. »Schlimm, dass er tot ist. Er war immer so lustig. Da haben wir ihm schon mal was zugesteckt. Weil er gute Laune gemacht hat. Wir hätten es ihm auch umsonst gemacht, aber er wollte uns nicht ausnutzen, hat er gesagt. Ich glaube, wir waren alle ein bisschen in ihn verliebt.«
    Steffen Meier, der Mann mit den vielen Facetten.
    Marcel fragt, ob Steffen denn auch zu Désirée so nett und lustig gewesen sei, aber darauf hat Tanja keine Antwort. Sie sei ja immer im Salon gewesen, wenn die Mädchen durchs Treppenhaus nach oben huschten.
    »Eigentlich habe ich sie nie wirklich gesehen«, erklärt sie, als wolle sie das soeben Gesagte zurücknehmen. »Wir haben unter uns nur darüber gesprochen. Weil, wir fanden es seltsam, dass die Mädels nie runterkamen. Das tut man doch, wenn man im selben Haus arbeitet. Wenigstens mal guten Tag sagen, oder?«
    »Aber Steffen Meier hat die beiden bestimmt gesehen?«, frage ich.
    »Natürlich. Der musste sie ja reinlassen.«
    Mehr kann sie uns nicht erzählen. Das Bett seufzt, als wir aufstehen. Marcel legt hundert Euro auf den Tisch.
    Verwirrt sieht das Mädchen zu ihm hin.
    »Nicht bei mir«, sagt sie flüsternd.
    »Alles okay«, sagt er, »die Chefin hat schon abkassiert. Das ist ein Bonus.«
    »Bitte, bitte, keine Polizei«, flüstert sie, als wir uns höflich verabschieden.
    Wir stehen schon auf dem rosa Flaum, als Marcel noch einmal den Kopf durch die Tür steckt.
    »Ich bin die Polizei«, flüstert er freundlich zurück und schließt die Tür.
    »Das war nicht nett«, tadele ich ihn.
    »Ich bin eben nicht Steffen Meier«, entgegnet er. »Ich nehme kein Geld von ihr; ich gebe ihr etwas. Und natürlich werde ich den Kollegen in Heerlen diesen Laden ganz besonders ans Herz legen.«
    »Heerlen? Das ist doch Holland?«, kommt die Stimme der Chefin aus dem Nirgendwo. Als sei sie aus einer Tapetentür getreten, steht sie plötzlich vor uns. »Es freut mich, wenn Sie uns weiterempfehlen. Holländer lassen zwar nie viel Geld da, aber sie gehen anständig mit meinen Mädchen um. Sehr gut, Sie sind also zufrieden und haben

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