Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
aber dennoch. Den Umständen entsprechend gehe es ihm wunderbar, versichert Gudrun. Sie habe er sofort erkannt und nach einigem Überlegen auch Regine.
    »Wie hat er auf Daniel reagiert?«, frage ich.
    »Gar nicht«, antwortet Regine. Auf Anraten der Ärzte hätten sie den Jungen nicht mit nach Trier genommen und dem Patienten auch noch nichts von seiner Existenz erzählt. Ein Schock könne sich auf sein noch sehr empfindliches Gehirngefüge böse auswirken. Das große Erinnerungslücken aufweist. So könne sich David weder an das Rezept für Brownies erinnern noch an den Menschen, der ihn angegriffen hat.
    »Er weiß nur, dass er mit Linus in die Baracke gegangen ist«, erzählt Gudrun.
    »Ohne Linus«, versetze ich. »Den armen Hund hat er im Regen stehen lassen. Wo ist der überhaupt?«
    »Bei mir in Prüm«, antwortet Regine. »Damit sich Daniel nach der Schule um ihn kümmern kann.«
    Es passt mir gar nicht, wie sich Davids Ex jetzt in unser Leben einnistet. Erst räumt sie Teller in die Küche, und jetzt verfügt sie über meinen Hund. Sieht ganz so aus, als ob sie hier um eine Anstellung nachsucht. Den Zahn werde ich ihr ziehen müssen. Bei uns würde sie noch weniger verdienen als bei ihrem Minijob im Schlachthof.
    Gudrun scheint meine Gedanken zu lesen.
    »Wir konnten Linus doch nicht mit ins Krankenhaus nehmen«, springt sie Regine bei. »Und Hein und Jupp sind zum Einkaufen nach Luxemburg rüber. So ist der Hund bestens versorgt, das weißt du doch. Kommt rein, ich mach uns einen Kaffee. Da kannst du mir dann alles über euren spannenden Ausflug nach Köln erzählen. Und uns deine neuen Klamotten vorführen.«
    »Holt’s mir nicht übel«, sage ich. Und erstarre.
    »Was ist los?«, fragt Gudrun beunruhigt.
    »Nichts«, erwidere ich und denke: Nun ist die Berlinerin auch sprachlich in der Eifel angekommen. »Ich bin nur furchtbar geschafft«, sage ich, wissend, dass sich die echte Eifelerin dann nicht ins Bett zurückzieht, sondern erst recht aktiv wird. In der alten Zeit durfte sich keine Bäuerin Müdigkeit oder Müßiggang erlauben; im Gegensatz zu Melkschemel und Butterfass ist dieser Kodex weitervererbt worden und heute noch gültig. Spazierengehen wird nur entschuldigt, wenn der Hund Auslauf braucht oder ein körperliches Gebrechen eine ansonsten zweck- und ziellose Ortsveränderung erforderlich macht.
    Ich erkläre also, endlich Ordnung in meinem eigenen Haus zu schaffen und vor allem das alte Arbeitszimmer auszuräumen, damit Jupp darin das vom Schuppen verdunkelte Fenster zur Tür umbauen könne. Gudrun bietet sofort ihre Hilfe an und ist nicht beleidigt, als ich dankend ablehne. Auch das gehört zum Ritual. Nachbarschaftshilfe wird nur dann in Anspruch genommen, wenn man sie wirklich braucht, zum Beispiel Geld für einen Handwerker ausgeben müsste.
    »Wir haben Ruhetag«, sage ich. »Lasst mich also bitte bis morgen in Ruhe. Das gilt auch für Marcel, falls der hier auftauchen sollte.«
    Was ich ohnehin nicht erwarte, da er offensichtlich ins alte Muster verfallen ist. Ich werde ihm wieder alle Informationen aus der Nase ziehen und mir das belgische Polizistendeutsch übersetzen müssen.
    So lange will ich nicht warten. Der ungeheuerliche Gedanke, der mich seit der Fahrt von Köln in die Eifel so quält, erfordert augenblickliches Handeln. Ich muss herausfinden, ob der Gnadenhof die Front für ein Bordell abgibt. Hat Herr Pee seine eigenen Töchter dort verkauft? Mir läuft ein Schauer nach dem anderen über den Rücken. Ich ärgere mich, in der Vergangenheit so blind und taub gewesen zu sein. Nur an mich und mein Restaurant gedacht zu haben, als sich Paul Prönsfeldt als Stammkunde angemeldet hat. Klar habe ich mich gewundert, dass er Interessenten für die Tiere seines Gnadenhofs bei mir treffen wollte. Der einstige Viehhändler hatte etwas ganz anderes vor, nämlich dort mit den Freiern für seine Töchter zu verhandeln! Mit Leuten, die er zuvor per Computer aussortiert hat, wie mir Patti bei meinem ersten Besuch gesagt hat. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was für Sites er dafür aufgesucht haben mag, und bin heilfroh, dass es in der Einkehr zu keiner Kontaktanbahnung gekommen ist.
    Natürlich ist die Haustür der Prönsfeldts verschlossen. Aber es gibt mehrere Hintereingänge, wie ich noch von früher her weiß. Eine morsche Kellertür lässt sich tatsächlich mit einem kräftigen Tritt öffnen. Ich betrete das Haus und überlege, wo ich mit der Spurensuche anfangen soll. Am besten von

Weitere Kostenlose Bücher