Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
hatten, begannen wir von vorne. Diesmal ging es noch besser, bis Podmanitzki plötzlich von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. Ich wollte unterbrechen, aber Podmanitzki winkte ab. Auch das war mir recht. Wir würden in der Ansage ganz einfach erklären, daß der Mechaniker an Tuberkulose litte.
Beim Fortgehen übergab mir der Portier eine telephonische Nachricht von Trask: Er hatte eine Einladung zu einem Bunten Abend in Nazareth angenommen (25 Shekel) und würde sich freuen, nächstens wieder mit mir zu arbeiten.
Zu Hause warf ich mich aufs Bett, riß mir die Kleider und die kalten Kompressen vom Leib, mit denen die beste Ehefrau von allen mich umwickelt hatte, und begann zu brüllen wie ein tobsüchtiger Stier. Ich beruhigte mich erst, als der Direktor der Gedenktag-Abteilung eintraf, um mir zum vorzüglichen Gelingen der Sendung zu gratulieren. Es stellte sich heraus, daß man unsere zweite Aufnahme live gesendet und den »Totentanz« vom Tonband auf Tonband überspielt hatte. So etwas kann vorkommen.
Die Kritiken waren durchaus zufriedenstellend. Im »Wöchentlichen Radiohörer« hieß es unter anderem: »Mit großem Vergnügen hörte ich den Sketch von Mendele Mocher Sfarim, obwohl er einiges an Aktualität vermissen ließ. Besetzung und Darstellung hielten gutes Niveau, nur Jarden Podmanitzkis Stimme klang für einen schwer Lungenkranken etwas zu heiter. Lobende Erwähnung verdient die Hintergrundmusik, die mit Flöte und Flamenco-Trommel wesentlich zur folkloristischen Atmosphäre beitrug. Die einfallsreiche Regie erreichte ihren Höhepunkt, als der taubstumme Großvater das Knattern eines Maschinengewehrs mit dem Klappern einer Schreibmaschine verwechselte. Hier kam die Friedenssehnsucht unseres Volkes zu bewegendem Ausdruck.«
Die Sieger
Die Sieger - um nicht zu sagen: die Mörder - sind der Film und sein zurückgebliebener Vetter, das Fernsehen. Sie haben das Theater auf dem Gewissen.
Eigentlich ist das Ganze eine Art Bruderkrieg, denn ohne Theater wären Film und Fernsehen undenkbar. Sie sind eine erweiterte Variante des Theaters, erweitert um Indianerschlachten, Mondflüge und Brigitte Bardot. Wer wollte leugnen, daß die Filmleinwand der Bühne gegenüber eine Unmenge von Vorzügen aufweist? Im Theater sieht der Galeriebesucher die Schauspielerin Kischinowskaja aus der Vogelperspektive, im Kino kann er ihr, wenn er und die Kamera Lust dazu haben, unter die Röcke schauen. Auch die Schauspielerin wird den Film vorziehen, besonders wenn sie wenig Talent, dafür aber einen hübschen Busen hat. Auf der Bühne bekommen die Zuschauer sehr leicht das nichtvorhandene Talent zu merken. Auf der Filmleinwand merken sie nur den vorhandenen Busen. Und manch ein Regisseur ist dadurch berühmt geworden, daß er aus einer kleinen Stenotypistin einen großen Star gemacht hat.
»Gestern nacht habe ich durch Zufall die ideale Julia entdeckt.«
»Wo?«
»In meinem Schlafzimmer.«
Keine Angst, sie wird tatsächlich eine ganz gute Julia abgeben. Sie wird nicht viel zu reden haben, und wenn's auch mit dem wenigen Text nicht klappt, wird man ihren Mundbewegungen die tragfähige Stimme der Schauspielerin Kischinowskaja unterlegen (die fürs Synchronisieren eine beträchtliche Gage einsteckt). Hauptsache, daß die junge Dame aus Verona richtig beleuchtet wird, daß sie sich möglichst oft, ehe ein Bild ausblendet, zu entkleiden beginnt und daß man für die Reitszenen ein attraktives Double findet.
Gibt es dergleichen im Theater? Welche SchlafzimmerEntdeckung eines Intendanten hat es jemals auf der Bühne bis zur Julia gebracht? Die Statistik beweist, daß der Scheidungsquotient unter Filmregisseuren fünfmal höher ist als unter Bühnenregisseuren. Kommt noch hinzu, daß ein Filmproduzent in weit geringerem Maß von der Kritik abhängt, weil er in 200 Städten gleichzeitig Premiere hat und die Hälfte der Produktionskosten bereits einkassieren kann, bevor der erste Kritiker zuschlägt. Andererseits ist er Gefahren ausgesetzt, die seinem Gegenstück vom Theater, dem Intendanten, erspart bleiben. Offene Magengeschwüre mit einer Perforation bis zu 35 mm finden sich in der Regel nur bei Filmproduzenten, denen der Regisseur des gerade in Arbeit befindlichen Western am Ende eines Drehtags die beiläufige Mitteilung macht:
»Morgen um sieben Uhr brauche ich eine Büffelherde. Gute Nacht.«
Wo der Produzent bis morgen früh achtzig Büffel hernehmen soll, kümmert den Regisseur nicht. Solange die Dreharbeiten
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