Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
Kleinen vorher nur den neugeborenen Schimpansen zeigen.«
In Podmanitzkis Begleitung machte ich mich auf die Suche nach Mitzi Ben-Ziegler, mit der sich's erheblich schwieriger verhielt. Sie hatte sich in der vorangegangenen Nacht, auf der Rückfahrt von einem Gastspiel in Beerscheba, eine schwere Erkältung zugezogen, lag mit 39 Grad Fieber im Bett und war so heiser, daß sie unmöglich die Hausgehilfin spielen konnte. Ich schrieb ihre Rolle auf »Butler« um, was gewisse Akzentverschiebungen in der Liebesgeschichte nach sich zog, aber darüber konnte ich mir jetzt nicht mehr den Kopf zerbrechen.
Trask war nicht zu Hause, und von seiner Frau erfuhren wir lediglich, daß er vor zwei Stunden mit einem Koffer die Wohnung verlassen hatte. Was tun? Auf der Fahrt ins Studio beschloß ich, die Rolle des Stubenmädchens zu übernehmen, Mitzi Ben-Ziegler würde den taubstummen Großvater spielen und Podmanitzki den Mechaniker.
Im Rundfunkhaus angelangt, hatten wir noch insgesamt 43 Minuten Zeit bis zur Sendung. Ich brüllte nach dem Techniker. Er war - da er nicht mehr glaubte, daß wir noch kommen würden - ins Studio 2 gegangen, um Michael Strogoff zu spielen, den Kurier des Zaren. Unter Mißachtung aller roten Lichter und »Ruhe! «-Signale drang ich ins Studio 2 ein, riß den Techniker an mich und zerrte ihn zum Studio 3, das für unsere Aufnahme vorgesehen war. Leider hatte er den Schlüssel nicht bei sich. Um die Zeit nicht nutzlos zu vergeuden, wollte ich im Studio 4 die Schallplatten mit der Hintergrundmusik abhören. Eine schwere Enttäuschung harrte meiner. Der Rakoczi-Marsch, den man mir statt der Ouvertüre von Pizzicati geschickt hatte, war in völlig unspielbarem Zustand, das versprochene Vogelgezwitscher fehlte überhaupt, und das Tonband, auf dem die Schreibmaschine klappern sollte, enthielt die Salven eines Maschinengewehrs. Ich rannte zur Schallplatten-Abteilung, aber sie war bereits geschlossen. Bis zur Sendung fehlten noch 37 Minuten.
Gerade als ich aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte, wurde ich von einem alten Jemeniten, der den Korridor säuberte, gerettet. Er erklärte sich bereit, durch Pfeifen und rhythmisches Schlagen auf seinen Mülleimer die nötige Hintergrundmusik zu erzeugen. Jetzt war alles soweit in Ordnung. Ich änderte die Schreibmaschine des Manuskripts in ein Maschinengewehr und bekam endlich Verbindung mit dem Direktor, der mir mitteilte, daß auch er keine Ahnung hätte, wo sich der Schlüssel zum Studio 3 befände, er wüßte nur, daß das Studio 3 niemals versperrt würde.
Von den jetzt noch verbliebenen 29 Minuten wollten wir möglichst produktiven Gebrauch machen, aber Podmanitzki verlangte nach einem Tee, den ich selbst zubereiten mußte, denn in der Kantine gab es kein Personal mehr; es war auf einer Hochzeit.
Knapp 16 Minuten vor der Sendung leuchtete das rote »Ruhe! «-Signal auf, und wir begannen im Studio 7 mit der Aufnahme (Studio 3 war versperrt). Podmanitzki brachte seinen Text recht gut, zumal, wenn man bedenkt, daß er ihn zum erstenmal sah; allerdings störte es ein wenig, daß er auch die Regiebemerkungen mitlas, zum Beispiel »In höchster Erregung« oder »Musik schwillt an« oder »Schreibmaschinengeräusch im Hintergrund«.
Ich selbst kam mit der Rolle des Stubenmädchens glatt zurecht, nur auf Seite 4 meines Textes blieb ich hängen, denn sie fehlte; der Direktor hatte versehentlich die Seite 3 zweimal abgeschrieben. Da die Zeit drängte, wollte ich wegen einer solchen Kleinigkeit die Aufnahme nicht verzögern und schob Mitzi Ben-Ziegler geistesgegenwärtig einen Zettel zu, mit der Bitte, sie möchte irgend etwas von unserem großen Nationaldichter Chaim Nachman Bialik rezitieren. Mitzi wußte glücklicherweise das »Lied an die Rose« auswendig, und damit waren wir aus dem Wasser.
Gegen Ende der Sendung bekamen wir plötzlich das grüne Lichtsignal für »Störung«: Der Techniker hatte nicht unseren Sketch aufgenommen, sondern ein Streitgespräch der beiden Aufwartefrauen im Studio 2, das er irrtümlich für den Sketch gehalten hatte...
Mittlerweile war es Zeit für den Sendebeginn. Der Sprecher entschuldigte sich mit technischen Schwierigkeiten, und statt des geplanten Hörspiels wurde der »Totentanz« von Saint-Saens gesendet. Wir unsererseits beschlossen, da wir nun schon beisammen waren, den Sketch in aller Ruhe zu wiederholen und ihn für einen anderen Jahrestag aufzubewahren. Nachdem wir den alten Jemeniten mit seinem Mülleimer zurückgerufen
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