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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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hohen Klippe springen. Panik und eine Welle der Angst drohten mich zu überrollen. Sie wussten Bescheid! Mein Atem kam nur noch stoßweise. Die Lunge schrie nach mehr Luft. Flach lagen meine Hände auf der Tischplatte, während der Raum um mich zu kreisen schien und ich verzweifelt versuchte, mich zu beruhigen.
    »Sie sollten jetzt zu Ihrem Vater zurückgehen, Lila. Er wird sich bestimmt schon Sorgen machen.«
    Ich blickte auf. Richard Stirling stand neben mir, aber unscharf wie von Nebel umgeben oder wie in Wasserfarben gemalt. Mir war klar, dass meine Augen in Tränen schwammen; es nützte nicht viel, dass ich sie wegzublinzeln versuchte. Ich packte die Tischkante und stemmte mich hoch. Würde ich überhaupt noch laufen können? Warum ließ er mich gehen?
    »Ach, noch eins, Lila«, rief er mir nach, als ich unsicher nach der Türklinke griff. »Sicherlich wissen Sie, wie sehr wir den Beitrag schätzen, den Ihre Familie zu unserem kleinen Projekt leistet.«
    Ich musste mich abstützen.
    »Ich bin außerordentlich dankbar für Ihre Hilfe. Mir ist klar, dass Ihnen das sehr schwerfallen muss. Aber ich weiß auch, dass Sie alles tun werden, damit Jack die bestmögliche Pflege erhält. Und bestimmt ist es für Sie eine große Erleichterung, Ihren Vater in der Nähe zu wissen.« Noch eine kleine Pause, um sicherzustellen, dass ich auch wirklich kapiert hatte, was er damit eigentlich sagen wollte. »Der Schutz, den wir Ihnen und Ihrem Vater angedeihen lassen, ist der beste, den man sich vorstellen kann. Wir wollen doch nicht, dass Ihnen oder Ihrem Vater das zustößt, was Ihrer Mutter passiert ist, oder?«
    Ich stand so still da, als hätte mich Demos erstarren lassen, während Richard Stirling auf mich zuschlenderte.
    »Hier kann niemand an Sie herankommen«, sagte er leise. »Sie sind vollkommen in Sicherheit. Machen Sie sich keine Sorgen. Es ist bald überstanden.«
    Deshalb also ließ er mich gehen. Mit einer kaum verhohlenen Warnung: Wenn ich irgendwelche Dummheiten machte, mussten Jack und mein Vater dafür büßen.
    Irgendetwas würde gleich zu Bruch gehen – die Tür, sein Genick, meine strapazierte Vernunft oder meine noch schwächere Kontrolle über meine Kraft. Wenn ich auch nur eine Sekunde länger in diesem Raum blieb, würde ich mich nicht mehr beherrschen können. Schon spürte ich, wie sich die Kraft meinem Griff entwand. Ich musste hier raus.
    »Lila, es war mir ein Vergnügen«, sagte Mr Stirling und legte die Hand auf meine. Ein Schauder lief über meinen Arm. Er öffnete mir die Tür. »Wir sollten uns bald wieder unterhalten. Ich möchte Sie unbedingt näher kennenlernen.«
    Dann war ich draußen und die Tür fiel hinter mir ins Schloss.

27
    Mein Vater saß an Jacks Bett, als ich ins Zimmer taumelte.
    »Großer Gott, was ist passiert? Alles in Ordnung?«, fragte er, sprang auf und lief zu mir. Ich fiel in seine Arme.
    »Lila, was ist los?« Er schob mich ein wenig von sich weg, um mir ins Gesicht zu schauen, dann zog er mich fest an sich. Ich vergrub das Gesicht in seinem Hemd. Was war los? Gute Frage.
    Richard Stirling weiß alles. Er weiß auch, was ich kann. Er weiß es!
    Meine Lunge brannte wie Feuer. Es schmerzte so sehr, dass ich kaum atmen konnte.
    Schließlich schob mich mein Vater wieder von sich. »Was geht hier vor?«, wollte er wissen.
    Ich blickte ihn an – dunkelgrüne Augen, die hohe, von tiefen Sorgenfalten durchzogene Stirn. Seine Hände ruhten auf meinen Schultern und ich sah den Ehering, ein verwittertes, schmales Goldband voller Erinnerungen.
    »Nichts«, sagte ich schließlich und zog mich brüsk von ihm zurück. Jedenfalls nichts, was ich dir erzählen kann.
    Ich trat an Jacks Bett und betrachtete sein stilles, leeres Gesicht. Warum konnte ich nicht da liegen, am Rande des Bewusstseins entlangschweben, ahnungslos und unbeschwert, und es den anderen überlassen, einen Ausweg aus diesem Albtraum zu suchen?
    »Willst du es mir nicht erzählen, Lila?«
    Mein Vater wirkte so besorgt. Ich holte tief Luft. »Kannst du jemanden zum Telepathen machen? Hilfst du ihnen dabei?«
    Dad wich zurück, als hätte ich ihn geschlagen. »Was zum Teufel …? Das ist doch absurd! Warum denkst du denn so was?«
    »Na ja … Richard Stirling hat mir gerade von eurem kleinen Durchbruch erzählt.«
    »Welcher Durchbruch?«
    »Dass ihr Telepathen blockieren könnt.«
    »Ach so, das.«
    »Ja, das.«
    »Nur, um sie aufzuhalten, Lila.« Dad schüttelte verwundert den Kopf. »Damit wir sie überhaupt

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