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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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eine Handbreit in die Höhe schwebte und dann über den Boden kullerte.

26
    Das Problem war, dass sie mich verwanzt hatten. Und dass ich kein Telefon hatte. Und auf Schritt und Tritt überwacht wurde. Technisch gesehen hatte ich also nicht nur ein Problem, sondern gleich mehrere. Irgendwie musste ich mit ihnen fertigwerden.
    Ich rief mir in Erinnerung, was Demos gesagt hatte – wozu die Einheit fähig sein würde, wenn sie erst einmal den Durchbruch geschafft hatte. Das hatte ziemlich wenig mit einem neuen Weltfrieden zu tun. Stirling Enterprises machte eine Menge Geld mit Waffenhandel, ob legal oder nicht. Der Konzern würde nicht zögern, seine neuen Waffen an den Meistbietenden zu verhökern, und dann würden wir schon sehen, was aus unserer guten alten Welt würde. Willkommen, verrückte neue Weltordnung. Jack warf mir gerne vor, melodramatisch zu sein, aber mir kam meine Vorahnung ziemlich realistisch vor. Jack lag im Koma, der hatte doch gar keine Ahnung.
    »Miss Loveday?«
    Ich fuhr erschreckt hoch. Ein hochgewachsener Mann in schwarzer Kampfuniform stand vor mir. Mir wurde schlecht vor Angst. War es so weit? War dies der Augenblick, vor dem ich mich gefürchtet hatte? Aber dann riss ich mich zusammen und musterte ihn kritisch. Größe. Waffen. Mit ihm konnte ich fertig werden, ganz sicher. Wenn er mich auch nur anfasste, würde ich ihm den Arm ausrenken. Ihn entwaffnen. Und dann abhauen.
    »Miss Loveday?«, wiederholte er.
    »Ja?«, antwortete ich so trotzig, wie ich nur konnte.
    »Würden Sie mir bitte folgen?«
    Ungefähr einsfünfundachtzig, kräftig, Kleiderschranktyp, sogar sein Kopf wirkte kantig, mit kurz geschnittenen Stoppelhaaren. Das Gesicht war ausdruckslos. Er erinnerte mich irgendwie an RoboCop. Ich sah mich um. Die Cafeteria war leer, von einem vor sich hin summenden Kellner abgesehen, der das Geschirr von den Tischen räumte.
    »Wohin?«, fragte ich den Soldaten. Aber natürlich ahnte ich es längst. Bestimmt kein Ausflug in den Zoo.
    »Jemand möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ich wartete, aber es kam keine weitere Information. »Wer denn?«
    »Wenn Sie mir nur einfach folgen würden, Miss«, sagte er und zog mich mitsamt dem Stuhl vom Tisch weg.
    Ich stand auf und packte den Rand der Tischplatte, um mich auf meinen zittrigen Beinen zu halten. »Äh, ich muss erst noch meinem Vater Bescheid sagen. Er macht sich sonst Sorgen.«
    »Darum haben wir uns bereits gekümmert.«
    Gekümmert? Das klang überhaupt nicht gut. Hatten sie Dad auch … abgeführt?
    Meine Gedanken überschlugen sich. Sollte ich die Flucht ergreifen oder noch abwarten? Wenn ich erst im Hauptquartier der Einheit war, wäre es für eine Flucht zu spät. Andererseits durfte ich nichts überstürzen; die Sache konnte auch völlig harmlos sein. Wenn ich zuließ, dass jemand die Wahrheit über mich herausfand, machte ich unseren ganzen Plan zunichte.
    Bevor ich mich entschieden hatte, waren wir auch schon draußen. Der Mann führte mich zu einem Jeep. Sollte ich mich wehren? Mitgehen? Wieder dachte ich daran, ihm den Arm auszurenken, ihn zur Seite zu schleudern und mich mit dem Jeep aus dem Staub zu machen. Aber in einem geklauten Auto würde ich auf dem Militärgelände nicht sehr weit kommen. Schon schob er mich auf den Beifahrersitz – vielleicht brachte er mich zu Dr. Pendegast? Wollten sie mich noch einmal verhören? Ich klammerte mich am Sitz fest und versuchte, meine wirren Gedanken zu sortieren.
    Kaum eine Minute später hielten wir vor dem gläsernen Block an, in dem die Einheit ihr Hauptquartier hatte. Ich stieg aus und folgte dem Mann, als sei er mein Henker. Ich musste mit ins Gebäude – alles andere war zu riskant.
    Als wir uns in eine der Sicherheitsschleusen stellten, berührten sich unsere Arme. Selbst in der klimatisierten Kühle brach mir der Schweiß aus. Dann glitt die Tür auf und wir betraten die Lobby. Jetzt war es definitiv zu spät für einen Fluchtversuch. Ich blieb stocksteif mitten im Raum stehen. Das Herz schlug mir bis zum Hals, mein Magen verkrampfte sich und wieder einmal war ich kurz davor, mich zu übergeben. Ich hätte fliehen sollen, solange es noch möglich war, dachte ich hektisch. Zu spät! Mein Wärter blickte über die Schulter zurück, runzelte die Stirn und winkte mir, ihm zu folgen. Aber meine Füße schienen auf den glänzenden Fliesen festgeklebt zu sein; es kostete mich eine enorme Anstrengung, sie zum Weitergehen zu zwingen.
    Mit dem Lift fuhren wir ins oberste Stockwerk –

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