Kein Biss unter dieser Nummer
übernehmen, denn sicherlich hatten sie sich zu Tode um mich gesorgt und würden vor Freude über unser Wiedersehen ganz aus dem Häuschen sein. Ein wenig später würde mich Sinclair dann nackt umarmen, während auch ich ihn umarmte und wir uns dazu auf und ab bewegten, und zwar heftig. Sex gleich Umarmungen, nur besser.
Ich umschloss den Griff der Eingangstür und stellte fest, dass abgeschlossen war. Hä? Die Autos standen in der Auffahrt, wenn auch noch nicht lange. Was ich daran erkennen konnte, dass es schneite, die Kühlerhauben zwar feucht, aber völlig schneefrei waren. Das wiederum bedeutete, dass die Motoren vor Kurzem gelaufen sein mussten. Ergo waren die Autos unterwegs gewesen.
Leider hatte ich vergessen, mir meine Schlüssel zu schnappen, bevor Laura mich in den Höllennebel geworfen hatte. Ich hätte zwar unsere riesige antike Tür eintreten können, allerdings wollte ich nicht die Zeit und letztendlich auch nicht das Geld darauf verschwenden.
Also, zum Hintereingang? Natürlich! Vermutlich saßen sie in der Küche zusammen und trösteten sich mit Aufmunterungs-Smoothies, weshalb der andere Eingang wahrscheinlich unverschlossen sein würde. Und falls nicht, konnten sie ihre Trauer unterbrechen und mich hereinlassen.
»He, Leute?« Ich trottete durch den Garten und den Weg zur hinteren Tür hinauf. Meine glitzernden Silberschuhe waren erstaunlich rutschfest. Ich fragte mich, wie lange sie wohl außerhalb des Höllennebels existieren würden. Eine Frage, die ich meinem klugen Ehemann stellen konnte. Vorausgesetzt, ich fand den trauernden Hurensohn irgendwann. »Ich bin zurück, ihr könnt also in Wiedersehensfreude ausbrechen!« Keine Reaktion, aber zumindest war die Tür unverschlossen. »Leute? Zeit, die Aufmunterungs-Smoothies gegen Triumph-Smoothies auszutauschen … He, Leute?«
In der Küche war niemand.
WTF ?
Argh! Grund Nummer sechsundzwanzig, warum ich das Simsen hasse. Die Simserei schleicht sich in die Sprache ein und infiziert selbst die, die nicht simsen. Ja, sie schlich sich sogar in meine Gedanken! Was ich nämlich eigentlich denken wollte, war:
What the fuck?
Die Küche lag verlassen da. Die Autos in der Auffahrt waren kürzlich bewegt worden. Niemand hielt nach mir Ausschau, niemand hörte mich, obwohl Tina und Sinclair mich längst gehört haben müssten. Ergo waren sie entweder in Schwierigkeiten oder nicht da. Die dritte Option, dass sie sich aus unerfindlichen Gründen gar keine Gedanken um mich machten, war mir so unerträglich, dass ich sie gar nicht erst in Betracht zog.
Steckten sie in Schwierigkeiten? Oh, heiliger Strohsack, war meine Familie in Schwierigkeiten geraten, während ich durch den Höllennebel gewandert war und mich nur mit Mühe beherrscht hatte, die Watsons mit ihrer eigenen Wirbelsäule zu erwürgen?! Befanden sich meine Lieben womöglich sogar in absolut tödlicher Todesgefahr?
Sollte ich nach ihnen rufen oder mich anschleichen und darauf hoffen, dass ich die Chance bekam, den potenziellen Schurken eins über die Rübe zu geben? Das hatte gewisse Vorteile …
»Au, verfluchte Scheiße, au!«
Jessica. Und es klang gar nicht nach ihrer üblichen Zickerei, mit der sie lauthals kundtat, dass sie ein Zimmer im dritten Stock beziehen wollte.
Ich stürmte zur Treppe, und das buchstäblich so schnell ich konnte, denn es lagen pro Stockwerk ungefähr vierzig Stufen vor mir, die es zu überwinden galt. Im Eiltempo sauste ich die beiden Stockwerke hinauf und stand in null Komma nichts vor Jessicas Schlafzimmertür, bereit, sie einzuschlagen, wenn nötig. (Es war einer dieser Tage, an denen es mich nicht verwundert hätte, wieder einmal vor einer verschlossenen Tür zu stehen.) Allerdings stand die Tür sperrangelweit offen. Jess lag im Bett. Marc und Nicht-Nick waren ebenfalls bei ihr im Bett, und im ersten Moment dachte ich schreckerfüllt, dass ich in irgendeine kranke Version von »Liebes Penthouse-Forum« geplatzt sein könnte, nur dass …
»Nein, alles ist gut, und jetzt streng dich an und fang an zu pressen! Komm schon, pressen!«
»Anstrengen? So, als wäre es ein verfluchter Preis, den ich gewinnen will? Oh, ich schwöre bei Gott, Marc, ich schwöre, wenn du nicht schon tot wärst, würde ich dich auf der Stelle umbringen, verfluchte Scheiße!«
»Hey, Leute!« Ich winkte. Mehrere Köpfe – der von Jess, Nicht-Nick, Marc, Sinclair und Tina – drehten sich zu mir um. »Ich bin wieder da.
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