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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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nicht für lange, würde ich wetten.
    Schweigen legte sich über das Zimmer, während alle den blauroten, strampelnden Wurm begutachteten, und ich entschloss mich, die Stille zu füllen. »Also, mir geht’s übrigens gut.«
    »Sie ist bezaubernd!«, rief Tina, das Handy am Ohr und den Blick auf das Baby gerichtet. »Absolut bezaubernd!«
    »So eine Geburt ist ätzend«, keuchte Jessica, die sich auf ihre Ellbogen gestützt hatte, »aber nicht so ätzend, wie ich befürchtet habe.«
    »Das war die leichteste Geburt, die ich je gesehen habe«, verkündete Marc. »Nun, jedenfalls aus meiner Perspektive.« Er lächelte, als ihr ein Lachen gelang. »Das hast du gut gemacht. Meine Mom hat mit mir weniger als eine halbe Stunde in den Wehen gelegen. Manchmal geht es schnell. Bei etwa einem Prozent der Geburten denken die werdenden Mütter, dass ihre Wehen nur Rückenschmerzen sind, und dann – hoppla – ist mit einem Mal das Kind da.«
    »Wir hatten mit Laura die Kirche besucht, und kaum, dass wir wieder zu Hause waren, ist mir die Fruchtblase geplatzt«, erklärte Jessica.
    WTF ? Hatten sie womöglich vergessen, dass Laura mich vor ihren entsetzten Blicken entführt hatte? Waren ihre entsetzten Blicke etwa nur vorgetäuscht gewesen, weil sie insgeheim froh waren, mich für ein paar Tage los zu sein? (Wie lange war ich überhaupt im Höllennebel umhergewandert?) Oder hatten sie etwa einen Kirchgang für die beste Methode gehalten, den Antichristen gefügig zu machen?
    Inzwischen hatte Tina sich das Handy zwischen Kopf und Schulter geklemmt und wickelte den blauroten Wurm in eines der guten smaragdgrünen Badehandtücher ein. »Sie brauchen noch vierzehn Minuten bis hierher, weil irgend so ein Idiot mit seinem Laster fast einen Schulbus gerammt hätte und beim Ausweichmanöver im Graben gelandet ist«, rief sie ins Zimmer. Selbst als wilde Killervampire sie verfolgt hatten, war sie nicht so aufgeregt gewesen wie jetzt – ich war dabei gewesen, ich muss es wissen. »Den Kindern geht es gut und dem Lasterfahrer auch, aber die Straße ist blockiert. Ja! Ja, das sind sie! Alle Kinder sind am Leben, und der Rettungswagen ist in zehn Minuten hier! Ja! Ja, ja, ja, ja!« Sie drückte den blauroten Wurm an sich, und er ließ es sich gefallen; vermutlich fror er nicht gern. Ich rückte unauffällig ein Stückchen näher.
    »Frag mich mal, wie froh ich bin, dass du hier bist!«
    »Danke, Jess«, sagte ich gerührt. »Ich bin auch froh …«
    »Ich habe mit Marc geredet. Jesses, Bets! Ich weiß, dass es sonst immer nur um dich geht, doch jetzt geht es gerade um …«
    »Dich?«, riet ich.
    »… meine Babys!«
    Tja, meine Chance hatte fifty-fifty gestanden. Allerdings waren es ja Zwillinge, also hatte sie eigentlich 33,3:33,3:33,3 gestanden. Moment mal. War das richtig? Memo an mich: später irgendjemanden danach fragen!
    »Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich keinen Kaiserschnitt brauche, stimmt’s?«, fragte Jess beunruhigt. Sie war kurz zuvor erschöpft in die Kissen geplumpst, nun aber stützte sie sich wieder auf. »Ich brauche doch keinen, oder? Ich meine, für das andere Baby?«
    »Nein, nein. Die Hälfte aller Zwillinge kommen vaginal zur Welt, also stehen deine Chancen eigentlich ganz gut.«
    »Ich fühle nichts«, sagte sie, immer noch beunruhigt. »Kommt das zweite schon?«
    »Eigentlich liegen bei Zwillingen im Durchschnitt etwa siebzehn Minuten zwischen den Geburten«, antwortete Marc. »Ihr habt also noch Zeit, euch eine Cola oder so zu holen.«
    Ich sah mich im Zimmer um. »Mag jemand eine Cola?«
    Keiner wollte eine.
    »Du sagst ziemlich oft ›eigentlich‹«, meinte ich zu Marc.
    »Ich habe stapelweise Fachliteratur gelesen. Okay, ich prüfe noch mal, ob das Baby richtig liegt, nur um sicherzugehen … Nochmals sorry …«
    Jess zuckte zusammen, als Marc unbeschreiblich intime Dinge an ihren unbeschreiblich intimen Stellen machte. Ich war beeindruckt, dass sie nur zusammenzuckte und nicht in ein Schmerzensjaulen ausbrach. »Ihr seid also von der Kirche heimgekommen, und dann hat das alles angefangen?«
    »Ja, und willkommen zu Hause, übrigens – au! Jesses, Marc, schneid dir mal die Fingernägel! Die piksen sogar durch die Latexhandschuhe!«
    »Eigentlich wachsen meine Nägel nicht mehr, seit ich … ach, egal.«
    Gute Entscheidung, formte ich tonlos mit den Lippen. Frauen in den Wehen sollten nicht mit der Fingernagel-Historie des Zombies belästigt werden, der ihre Babys aus dem Paralleluniversum auf

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