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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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umherstreifenden Seelenklempner schnappen und ihm erzählen, dass zwei x-beliebige Blondinen, die sie vorher noch nie gesehen haben, hier herumlaufen und sich über Vampire und den Teufel unterhalten und, lieber Scholli, irgendjemand etwas dagegen unternehmen muss? Und selbst wenn sie überhaupt jemanden davon überzeugen könnten, uns nachzulaufen – warum auch immer –, werden wir diese Geschichte ganz bestimmt nicht eifrig bestätigen. Aber niemand wird sich für uns interessieren, Laura. Das verspreche ich dir.«
    Sie sah immer noch zweifelnd drein, doch dann zuckte sie mit den Schultern und schlenderte mit mir durch die Lobby. »Hast du Durst? Mehr als üblich?«
    »Keine Sorge. Ich hab beim
Caribou
gehalten und eine große warme Schoko-Latte geschlürft, halb weiße Schokolade, halb Milchschokolade. Jetzt fühle ich mich innerlich ein wenig schaumig, aber im Moment geht’s mir gut.«
    Schweigend schlenderten wir nebeneinanderher. Ich konnte nicht für meine kleine Schwester sprechen, doch ich badete wie eine Eidechse im Treibhauseffekt. Große Fenster und Wintersonnenschein gleich mmmm, herrlich. Sicher, wir zerstören die Erde, aber wenigstens würden wir es warm haben. Laura unterbrach mein überraschend grüblerisches Schweigen schließlich. »Ich bin froh, dass du wohlauf wieder nach Hause zurückgekehrt bist.«
    »Das ist mein Stichwort, bissig zu erwidern: ›Nicht dank dir, du dumme Schnepfe!‹ Nur, dass keiner heutzutage mehr Schnepfe sagt, weshalb ich einfach bei ›nicht dank dir‹ bleiben werde.«
    »Äh … ja.«
    »Keine Sorge.« Sie hatte verstohlen auf meine Füße gelinst, was mich belustigte. »Die Silberschuhe sind irgendwann während der Geburt von Nee und dem Anderen Nee verschwunden. Ich hab keine Ahnung, wohin – vielleicht zurück in den Höllennebel.« Vielleicht auch nicht. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich sie erscheinen lassen konnte, wenn ich an sie dachte. Und ich war mir auch ziemlich sicher, dass ich sie in einigen Monaten oder Wochen oder Tagen nicht mehr brauchen würde, um zwischen den Dimensionen hin- und herzuwechseln. Aber das ging nur mich etwas an. Im Moment jedenfalls.
    »Ich hoffe, du verstehst, warum ich dich in der Hölle zurückgelassen habe. Ich wollte, dass du wirklich begreifst, in welche Situation du mich gebracht hast, daher blieb mir keine andere Wahl als …«
    »Nein!«, blaffte ich. Einige der Besucher drehten sich nach uns um. Ich machte die typische Minnesota-Geste zur Entschuldigung – den Kopf neigen und die Schultern zucken –, und sie wandten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu und ich mich den meinen. »Ich hasse es, wenn jemand behauptet, er hätte keine andere Wahl gehabt. Weißt du, warum?« Als Laura den Kopf schüttelte, fuhr ich fort: »Weil es immer eine Lüge ist. Nur weil die anderen Möglichkeiten schlechter waren als die, für die man sich letztendlich entschieden hat, heißt das nicht, dass es sie nicht gegeben hätte. ›Ich hatte keine andere Wahl‹ bedeutet immer – und ich meine wortwörtlich
immer
– ›Ich hatte die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, aber die andere fand ich scheiße. Also hatte ich eigentlich keine Wahl.‹ Dabei hat man sie doch gehabt! Es ist also in Ordnung, dass du beschlossen hast, mich auszusetzen – na ja, eigentlich ist es nicht in Ordnung, doch du weißt schon, was ich meine … Aber gib zumindest zu, dass du diese Entscheidung bewusst getroffen hast! Spiel jetzt nicht die Hymne der in Selbstmitleid badenden Märtyrer, die da lautet ›Ich hatte keine andere Wahl‹!«
    »In Ordnung. Also: Ich habe beschlossen, dich dort zurückzulassen. Und ich hoffe, du weißt, dass ich nie vorhatte, dich für immer dort schmoren zu lassen. Allerdings, was ich nicht verstehe …«
    »Denn hier geht es ja nur darum,
deine
Fragen zu beantworten.« Ich bemerkte meinen säuerlichen Ton und zwang mich dazu, einen Gang runterzuschalten. Der Sinn unseres Treffens lag schließlich nicht darin, uns gegenseitig unsere Krallen zu zeigen, denn das hätte ich auch übers Telefon oder, besser noch, über eine fiese E-Mail erledigen können. »Sorry, fahr fort!« Wow, eine Sekunde lang hatte es tatsächlich so ausgesehen, als hätte ich keine andere Wahl gehabt! Die ich natürlich doch gehabt hatte.
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass …« Ihre Stimme verlor sich, und obwohl es einer von Dutzenden unausgesprochener Gedanken hätte sein können, war ich mir sicher, dass es um die große Enthüllung

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